Duisburg. Ihr Anspruch: Frauen zu unterhalten und die Hüllen fallen zu lassen. Die Chippendales geben in der Mercatorhalle alles. Ihre Fans aber auch.

Kreischalarm von der ersten Sekunde an: Die Chippendales sind in der Stadt, die Mercatorhalle ist zwar gerade einmal halb besetzt, die Frauen sind aber sofort voll dabei. Jedes Brustmuskelzucken, jedes zerrissene Shirt, jedes laszive Rekeln der Strip-Combo wird mit lautem Applaus belohnt.

Ducken sich Show-Gäste sonst auffällig-unauffällig weg, um nicht auf der Bühne zu landen, können sich die Jungs mit den bestens modellierten Muskeln und schmalen Hüften vor freiwilligen Damen kaum retten. Conférencier Teddy bittet drei Frauen zu einem Spielchen nach vorne. Mittendrin: die 83-jährige Helene aus den Niederlanden. Sie soll mit einem der „Chipps“ ihre Lieblingsstellung vorführen. Ohne Scheu steigt sie auf den jungen Mann, der vor ihr auf dem Boden liegt.

Chippendales strippen, tanzen und singen in der Duisburger Mercatorhalle

Das Publikum kürt sie mit tosendem Geschrei zur Gewinnerin, Helene verlässt mit einem Chippendale-Kalender und einem zerrissenen Shirt die Bühne. Nach der Show gefragt, ob ihr Auftritt aufregend war, sagt sie: „Nö, das war eher lustig. Die Jungs könnten doch meine Söhne oder Enkel sein.“

Die Showtanz-Gruppe
Duschen mal anders. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Nicht nur Helene und ihre Tochter sind aus dem Nachbarland angereist. Auffällig viele Niederländerinnen tummeln sich im Publikum, gefühlt stellen sie die Hälfte der Frauen. Mit dabei auch die beiden Lindas aus Amersfoort. Anderthalb Stunden haben sie im Auto gesessen, um die Show zu sehen. Warum? Ganz einfach: „Die Chippendales sind in diesem Jahr nicht bei uns unterwegs“, sagt Linda (39).

Die beiden Lindas aus Amersfoort mit ihren Erinnerungsfotos.
Die beiden Lindas aus Amersfoort mit ihren Erinnerungsfotos. © WAZ | Sabine Ring

Sie guckt sich die Jungs zum zweiten Mal an, auf den Geschmack kam sie durch ihre Freundin. Die ist ein echter Chippendale-Fan: Linda (40) hat die erotischen Tänzer seit 2012 stolze 50-mal live gesehen. „Ein aus dem Ruder gelaufenes Hobby“, lacht sie gut gelaunt. Auch zwischen den Live-Besuchen ist Linda mit den Männern in Kontakt. „Wir schreiben uns auf Insta.“

Nach der Show noch ein Foto mit den Jungs – für 20 Euro das Stück

Die 40-Jährige weiß, wann wer Geburtstag hat und hat einen Tänzer gefragt, ob sie ihm Pepernotjes mitbringen soll, die holländischen Pfeffernüsse, die traditionell rund um Nikolaus gegessen werden. Darf er die denn überhaupt essen? „Na klar, er geht ja jeden Tag ins Fitness-Studio.“

Die Showtanz-Gruppe
Anfassen ist bei den Chippendales ausdrücklich erlaubt. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Die Männer müssen mehr drauf haben als sich möglichst erotisch ihrer Klamotten zu entledigen. Sie haben auch eine Portion Akrobatik drauf, einige singen oder spielen Gitarre. Streng genommen ist der Nacktanteil gar nicht so groß. Und wenn die allerletzte Hülle fällt, verdeckt schnell ein Stuhl, ein Motorradhelm, ein Schild oder eine Hand das gute Stück. Und in Sekundenschnelle: Licht aus!

Evi (28) aus Bottrop hat alles gesehen. Sie feiert ihren Junggesellinnenabschied in der Duisburger Mercatorhalle und war den Jungs auf der Bühne ganz nah. „Die tragen ein Netz, damit nichts hängt und wackelt“, giggelt sie. Und: „Die riechen gut und sind total lieb.“ Letzteres können die beiden Lindas bestätigen.

Die Showtanz-Gruppe
Die Chippendales lassen die Muskeln spielen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Am Ende der Show stellen sie sich wie viele andere Frauen in die Schlange, um sich mit Chippendales fotografieren zu lassen. Satte 20 Euro kostet so ein Foto. Eine Mitarbeiterin bemüht sich ist emsig, dass niemand aus dem Auditorium ein Handy-Foto schießt. Super-Fan Linda packt das Foto in ihr Chippendale-Fotoalbum. Es ist Bild Nummer 77.

Aber mal im Ernst: Ist die Show nicht am Ende ziemlich brav? „Ja“, bestätigen die beiden Lindas, „bei den ,London Knights‘ geht es deutlich heftiger zur Sache.“ Ritter aus London? Die sind in Deutschland noch nicht unterwegs. Aber wer weiß, was da noch auf die Frauenwelt zukommt...

>> Das sind die Chippendales

  • Die Chippendales haben sich seit 1979 dem Frauen-Entertainment verschrieben. Gegründet wurde die Gruppe in Los Angeles. Die Markenzeichen der erotischen Tänzer sind ihre Manschetten und Fliegen.
  • Nach eigenen Angaben sind die Chippendales seit 1979 vor mehr als 100 Millionen Frauen in über 100 Ländern aufgetreten, haben über 1,2 Millionen Tanktops zerrissen, 56.000 Fliegen und Manschetten getragen und wurden mehr als 70 Millionen Mal fotografiert.
  • Zu den Chippendales gehören 20 Männer. Eine Hälfte tritt in Las Vegas im Rio All-Suite Hotel & Casino auf, die andere tourt durch die Welt – aktuell mit dem Programm „Welcome to the Chippendales“.