Duisburg. Bei TKSE stehen Bernhard Osburg und zwei weitere Vorstände vor der Ablösung. So reagieren IG Metall, Belegschaft und Politik in Duisburg.

Die Nachricht, dass bei Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) Stahlchef Bernhard Osburg und seine Vorstandskollegen Heike Denecke-Arnold (Logistik) und Markus Grolms (Arbeitsdirektor) gehen sollen, hat am Mittwoch bei Belegschaft, Betriebsrat, der IG Metall und in der Politik für Unverständnis und Entsetzen gesorgt. „Wir sehen unsere Warnungen bestätigt, dass Konzernchef Miguel López eine Halbierung der Hütte plant“, sagt Karsten Kaus, 1. Bevollmächtigter der IG Metall in Duisburg.

Duisburger IG Metall-Vorsitzender: „Eine Katastrophe, wie durchregiert wird“

„Es ist eine Katastrophe, wie da durchregiert wird“, so Kaus. Er sei „mehr als geschockt darüber, wie mit Sachkompetenz entwickelte Konzepte einfach beiseite geschoben werden.“ Er sei „nicht sicher, ob die wissen, was da passiert“, so der Gewerkschafter mit Blick auf die Eigentümer-Vertreter im Konzernaufsichtsrat, die sich in dieser Woche hinter den Vorstandsvorsitzenden gestellt hatten.

„Nur noch halbe Hütte“ – mit diesem Slogan protestieren die Betriebsräte und Vertrauensleute auch am Donnerstag wieder vor der Aufsichtsratssitzung von TKSE in der Hauptverwaltung in Bruckhausen. Durch die Personalentscheidung, die am Mittwoch bekannt wurde, sieht sich die IG Metall in ihrem Verdacht bestätigt, López betreibe eine Halbierung der Produktion.

Karsten Kaus: Jeder, der nun kommt, trifft auf die gleichen Fakten

„Niemand hat das dementiert, es gibt keine Antwort darauf, wie man den Laden weiterführen will“, kritisiert Karsten Kaus die Konzernspitze. Er könne nicht erkennen, wie sie nun zu einer tragfähigen Lösung für den Stahl kommen wolle: „Jeder, der nun kommt, wird auf die gleichen Fakten treffen.“ Durch die Demission von Stahlchef Osburg sei keine Frage beantwortet, es entstehe aber erheblicher Schaden für das Unternehmen.

Enttäuscht über Konzernvorstand und Aufsichtsrat von Thyssenkrupp: Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen), hier bei einem Werksbesuch in Duisburg, macht sich im Bundestag gemeinsam mit den anderen Duisburger Abgeordneten für die Stahlindustrie stark.
Enttäuscht über Konzernvorstand und Aufsichtsrat von Thyssenkrupp: Felix Banaszak (Bündnis 90/Die Grünen), hier bei einem Werksbesuch in Duisburg, macht sich im Bundestag gemeinsam mit den anderen Duisburger Abgeordneten für die Stahlindustrie stark. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Felix Banaszak (Grüne): „Menschlich unanständig, strategisch Irrsinn“

„Menschlich unanständig und auch sachlich wie strategisch ein großer Irrsinn“, nennt Felix Banaszak (Grüne) die Entscheidung. Der Duisburger Abgeordnete hatte sich mit seinem Bundestagskollegen Mahmut Özdemir für die milliardenschwere Förderung der Direktreduktionsanlage (DRI) starkgemacht, die am Walsumer Werkshafen gebaut wird.

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„Bernhard Osburg und ein Team sind kluge Leute mit einem Verständnis für das Unternehmen, die Branche und den Standort“, so Banaszak weiter. „Sie haben, anders als die Kollegen in Essen, ein Verantwortungsgefühl für die Menschen im Unternehmen, für deren Familien und für die Region.“

Duisburger SPD-Politiker zum Solidaritätsbesuch an der Mahnwache

Der Bundestagsabgeordnete warnt vor „einem riesigen Schaden, den Vorstand und Anteilseigner des Konzerns damit anrichten.“ Thyssenkrupp mache sich damit „zum Gespött der Märkte“. Die Botschaft von Felix Banaszak geht an den Vorsitzenden des Konzern-Aufsichtsrats, Siegfried Russwurm und Ursula Gather, die Vorsitzende der Krupp-Stiftung: „Ich kann nur noch einmal und mit Nachdruck appellieren, diesem Treiben ein Ende zu setzen.“

SPD-Vertreter äußerten sich am Mittwoch noch nicht. Man wolle zunächst die Sitzung des TKSE-Aufsichtsrats am Donnerstag abwarten, so ein Sprecher der NRW-SPD. Duisburger Landtagsabgeordnete und der Vorsitzende des Unterbezirks Duisburg, Mahmut Özdemir, hatten für Mittwochabend ihren Besuch bei der Mahnwache angekündigt.

Auch Arbeitsdirektor Markus Grolms (l.), hier beim Stahlaktionstag im Juni 2023 mit Wirtschaftsminister Robert Habeck, soll nach vier Jahren im Amt beim Thyssenkrupp Steel abgelöst werden.
Auch Arbeitsdirektor Markus Grolms (l.), hier beim Stahlaktionstag im Juni 2023 mit Wirtschaftsminister Robert Habeck, soll nach vier Jahren im Amt beim Thyssenkrupp Steel abgelöst werden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Betriebsrat: Ablösung von Markus Grolms „ein schwerer Verlust“

Vom Betriebsrat des Standorts Hamborn/Beeckerwerth gab es am Mittwochabend noch kein offizielles Statement. Auch die Mahnwache vor Tor 1 überraschte die Nachricht von der Vorstandspersonalie. Es folgten Beratungen über die Konsequenzen.

Dass auch Arbeitsdirektor Markus Grolms nach vier Jahren im Amt vor der Ablösung steht, sei „ein schwerer Verlust“, hieß es. Der 53-Jährige war seit 2007 als Gewerkschaftssekretär für die IG Metall tätig, gehörte seit 2009 dem Konzern-Aufsichtsrat an. Seit 2016 war er stellv. Vorsitzender des Aufsichtsgremiums und ab 2018 Vorsitzender des Konzernbetriebsrats, ehe er 2020 Personalchef bei Thyssenkrupp Steel wurde.

>> PROTESTE VOR DER AUFSICHTSRATSSITZUNG

  • Vor der Sitzung des Aufsichtsrates von TKSE am Donnerstag (ab 15 Uhr, Hauptverwaltung Bruckhausen) hat der Betriebsrat weitere kleinere Protestaktionen vorbereitet. Das könne sich nach den jetzt bekannt gewordenen Entscheidungen noch ändern, hieß es am Mittwochabend beim Betriebsrat.
  • Eine neue Protestform gegen Konzernchef Miguel López haben Beschäftigte auf der Plattform openPetition gestartet. „LópezNotMyCEO“ (López ist nicht mein Vorstandsvorsitzender) heißt eine Online-Petition, die sich an die rund 27.000 Mitarbeitenden von TKSE richtet.
  • „Wir, die Stahlbelegschaft, entziehen Miguel López hiermit unser Vertrauen. Zusammen mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Thyssenkrupp AG, Siegfried Russwurm, und der Vorsitzenden der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, wird eine große Unsicherheit geschürt. Wir fordern den Rücktritt von Miguel López“, heißt es dort.

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