Duisburg. Ein Schlagloch hat Michael Wieditz‘ Auto beschädigt. Die Stadt sagt: Selbst schuld. Dagegen kämpft der Duisburger – mit „guten Argumenten“.

„Ich sehe es einfach nicht ein, dass ich auf den Kosten sitzen bleiben soll!“ Michael Wieditz steht an der Wörthstraße in Duisburg-Hochfeld. Empört zeigt der Pkw-Fahrer auf die Fahrbahn, genau dorthin, wo er vor ein paar Monaten in ein Schlagloch gefahren war (wir berichteten). Bei dem Unfall am frühen Morgen war ein Reifen seines Auto beschädigt worden. 250 Euro kostete die Reparatur. Geld, das der Duisburger wiederhaben, die Stadt aber nicht zahlen will.

Der Streit geht nun vor Gericht: Nachdem Wieditz Beschwerde eingelegt und Schadenersatz gefordert hat, ist für Januar ein Gütetermin am Amtsgericht angesetzt. In diesem sollen sich Kläger (Wieditz) und Beklagte (Stadt Duisburg) einigen.

Schlagloch-Streit in Duisburg: Fronten scheinen verhärtet

Schlaglöcher und unzählige Risse: Auf vielen Straßen in Duisburg gibt‘s Probleme.
Schlaglöcher und unzählige Risse: Auf vielen Straßen in Duisburg gibt‘s Probleme. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Doch die Fronten scheinen verhärtet. Bei der Stadt will man sich zwar aktuell „wegen des laufenden Klageverfahrens“ nicht zur Sache äußern. Das Rechtsamt erklärte aber bei unserer Nachfrage im März dieses Jahres, dass auf den Straßen „eine vollständige Gefahrlosigkeit mit zumutbaren Mitteln“ nicht erreicht werden könne. Vielmehr habe sich jeder Verkehrsteilnehmer den gegebenen Verhältnissen anzupassen. Sprich: Der 55-Jährige hätte langsamer fahren müssen, um einen Defekt am Reifen zu verhindern.

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Michael Wieditz sieht das anders. Er meint: Hauptverkehrsstraßen wie die Wörthstraße müssten so instand gehalten, dass sie gefahrlos zu befahren seien. Oder es müssten Warnschilder aufgestellt werden. Das könne man als Steuerzahler erwarten.

Ähnlich argumentiert auch Wieditz‘ Anwalt Constantin Hahne. Auf Nachfrage der Redaktion erklärt der Jurist: „Die Argumentation der Stadt ist, das Schlagloch war so groß, dass du es hättest sehen müssen.“ Dabei sei sein Mandant am frühen Morgen bei Dunkelheit unterwegs gewesen und habe das Schlagloch „trotz seines immensen Ausmaßes nicht rechtzeitig“ erkennen können. Auch ein Warnschild oder eine sichtbare Geschwindigkeitsbegrenzung habe es nicht gegeben. Deswegen treffe seinen Mandanten kein Mitverschulden, meint der Jurist.

Schlagloch auf der Wörthstraße in Duisburg-Hochfeld (Archivbild). Er habe das Loch in der Dunkelheit nicht sehen können, argumentiert Michael Wieditz.
Schlagloch auf der Wörthstraße in Duisburg-Hochfeld (Archivbild). Er habe das Loch in der Dunkelheit nicht sehen können, argumentiert Michael Wieditz. © WAZ | Michael Wieditz

In einem Schreiben zweifelt er zudem an, dass die Stadt die Wörthstraße im vergangenen Winter so regelmäßig auf Schäden kontrolliert hat, wie es ihre Pflicht gewesen wäre. Die Rede ist sogar von einer „längeren Vernachlässigung“. „Die Stadt sagt zwar, ne, wir haben alles vorschriftsmäßig kontrolliert, das Schlagloch ist ganz kurzfristig entstanden“, erklärt Hahne. Doch selbst im Winter könne der Asphalt nicht so plötzlich aufbrechen.

Das klingt plausibel. Und auch Hahne findet: „Wir haben gute Argumente.“ Etwaige Schlampereien können den Behörden aber oft nicht nachgewiesen werden. „Die Gerichte gehen meistens eher in die Richtung: Augen auf im Straßenverkehr“, sagt der Rechtsanwalt.

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Pkw-Fahrern, die ebenfalls Schlagloch-Ärger haben, rät er deswegen, nur dann eine Klage anzustreben, wenn sie eine Rechtsschutzversicherung haben. „Ansonsten kann es schnell teuer werden.“ Michael Wieditz hat eine Rechtschutzversicherung. Und er zieht durch. Weil er ein Zeichen setzen möchte. „Und weil es ja nur eine Frage der Zeit ist, bis an derselben Stelle wieder jemand zu Schaden kommt.“

Schlaglöcher in Duisburg: Das sagt die Stadt

Wie viele Schadenersatz-Forderungen wurden in diesem Jahr von geschädigten Pkw-Fahrern bei der Stadt eingereicht?

Stadtsprecher Malte Werning: Nach aktuellem Stand haben wir 73 Fälle, in denen wir zu Schadensersatz aufgefordert werden.

In wie vielen Fällen haftet die Stadt (mit)? Wie viele dieser Klagen gingen / gehen vor Gericht?

Wir haben in diesem Jahr bislang einen Schadenfall, bei dem wir uns zu einer Zahlung entschlossen haben. Alle anderen Fälle sind noch nicht abgeschlossen.

In diesem Jahr wurden bisher drei Klagen eingereicht, wobei sich eine Klage auf einen Fall aus dem Vorjahr bezieht. Da die Klageverfahren noch nicht abgeschlossen sind, können wir noch nicht sagen, ob die Stadt (mit)haftet oder nicht.