Duisburg. Seit dem 1. Juli ist Dr. Peter Biele neuer technische Geschäftsführer der HKM. So blickt er auf die Zukunft des Hüttenwerks im Duisburger Süden.
Seine neue Aufgabe tritt er an, um an einem für die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) entscheidenden Kapitel als technischer Geschäftsführer mitzuschreiben. Am 1. Juli hat Dr. Peter Biele die Nachfolge von Dennis Grimm angetreten, der in gleicher Funktion in den Vorstand von Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) gewechselt ist.
Neuer Technik-Chef lebt seit 22 Jahren in Duisburg
Zeit, sich auf den Wechsel einzustellen, blieb wenig. Auslöser der Personalrochade war Dr. Arnd Köfler, der sein Vorstandsamt bei TKSE Anfang Juni niederlegte, plötzlich lautete der Auftrag: Biele, übernehmen Sie. „So ist das in der Stahlindustrie“, sagt der 58-Jährige, der zuvor acht Jahre lang Vorstandschef der TKSE-Tochter Rasselstein in Andernach war.
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Wesentlich verkürzt hat sich damit sein Weg zum Einsatzort. Biele, gebürtiger Bochumer, lebt seit 22 Jahren in Baerl, nun könnte der leidenschaftliche Radfahrer zur Arbeit radeln. Auch in fachlicher Hinsicht ist der Sprung groß: Bei seinen vorherigen Stationen im Konzern, Electrical Steel in Gelsenkirchen (2010-2016) und beim Weißblech-Spezialisten Rasselstein ging‘s stets um Veredelung und weltweite Stahlmärkte, in Andernach verantwortete er die Vorstandsressorts Sales und Marketing. In Hüttenheim sitzt er am Anfang der Wertschöpfungskette.
Peter Biele: „Das Ziel ist eine Zukunftsperspektive für die HKM“
„Der Wechsel kam auch für mich überraschend, aber in unserer Stahlwelt ist das keine Besonderheit“, sagt Biele. Fiel die Wahl mit Blick auf den geplanten Verkauf und die Verselbständigung der HKM auf ihn, weil er Marketing.-Erfahrung mitbringt? „Ich glaube das eher nicht“, sagt Biele, „ich hatte schon viele unterschiedliche Aufgaben.“
Dass es für HKM um die Existenz geht, war ihm klar. „Die Hütte wird geschlossen“, hörte er nicht nur einmal. „Es ist nichts entschieden. Ich habe gelernt, für eine Sache zu kämpfen, auch wenn es schwierig wird“, sagt Biele. „Ich sehe es als Herausforderung, eine Perspektive für die HKM zu entwickeln. Das ist anspruchsvoll, dafür bin ich hier. Das Ziel ist eine Zukunftsperspektive für den Standort - wie immer die am Ende aussieht.“
„Es geht um die beste Option. Einen Königsweg gibt es nicht“
Wohl auch deshalb holte man den erfahrenen Stahlmanager, der schon viele Höhen und Tiefen erlebt hat. „Ich habe mich nicht beworben, aber ich empfinde es als Vertrauensbeweis, dass man mir das zutraut und werde mich deshalb auch voll einsetzen“, sagt er. Sein Ziel: „Es geht für mich darum, für die HKM die beste Option zu entwickeln. Was dabei herauskommt, ist heute noch nicht absehbar. Den Königsweg gibt es nicht.“
Eine Lösung muss gelingen, „die gleichzeitig für die Anteilseigner und für die HKM die beste Lösung ist“, beschreibt der 58-Jährige. „Wie sie aussieht, ist noch nicht klar, es ist sehr komplex. Das wird auch der Dialog mit dem Investor ergeben.“
„Die aktuellen Parameter gefährden jede Transformation“
Geduld sei nun gefragt, die Qualität des Ergebnisses sei wichtiger als Geschwindigkeit: „Wir sind nicht im Kreis derer, die den Verkaufsprozess diskutieren“, erinnert er an die Rolle der HKM-Geschäftsführung. „Wir können allenfalls beraten, Fragen beantworten.“ Das gebe Raum für Spekulationen, ahnt der neue Technik-Chef. Aber: „Die etwas sagen, wissen nichts und jene, die etwa wissen, sagen nichts. Das dürfen sie in so einem Prozess einfach nicht.“
Für die Entscheidung über den richtigen Weg zur Transformation wünscht sich der HKM-Manager verlässliche Rahmenbedingungen und mehr Zeit. „Man muss keine Klimaziele aufgeben, aber man kann darüber nachdenken, sie anzupassen.“ Er warnt: „Wenn die Geschwindigkeit schneller ist als unsere Überlebensfähigkeit, dann ist nichts erreicht. So wie die Parameter heute sind, verhindern oder gefährden sie jede Transformation.“
„Die Konkurrenz im Weltmarkt hat bessere Bedingungen“
Falls grüner Wasserstoff nicht so schnell verfügbar sei, wie geplant, „dann muss man überlegen, ob man an der Zeitachse festhält“, argumentiert Biele. „Auch die industriepolitische Energieversorgung ist ein wichtiger Punkt. Wir wollen nur wettbewerbsfähige Industriepreise. Die haben wir noch nicht einmal in Europa, geschweige denn weltweit. Alle sind im selben Stahlmarkt unterwegs, aber die anderen haben bessere Bedingungen.“
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Keine Region könne für sich abgeschottet agieren. „Wir brauchen deshalb Handelsmechanismen in der EU, die es würdigen, dass sich unser Stahl durch die Transformation verteuert. Auch Leitmärkte müssen entstehen, etwa durch Quoten von grünem Stahl in bestimmten Produkten.“ Klar bleibe aber: „Die Transformation muss kommen, denn durch die Verschiebung der Zeitachsen erkaufen wir uns nur Zeit. Doch wenn sie so bleiben, wie sie bisher beschlossen sind, wird es sehr schwer für die europäische Stahlindustrie.““
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„Die HKM liefern Qualität, die im Markt geschätzt wird“
Er glaube an die Chance der HKM, betont der Geschäftsführer. „Es ist ein spezialisiertes Unternehmen mit einer großen Vielfalt von Stahlgüten. Ich verkaufe seit 30 Jahren Stahl, kann gut bewerten, welche Qualität im Markt geschätzt wird. Die liefern wir.“
Es werde, wenn die Voraussetzungen stimmen, wieder aufwärtsgehen, ist der Manager sicher. „Unser Geschäft ist zyklisch, wir befinden uns gerade in einer Depression. Wenn die Transformation wieder an Fahrt gewinnt, wird mehr Stahl gebraucht.“
„Hier brennt jeder für unsere Hütte. Das ist wichtig“
Seine Erkenntnis nach den ersten Wochen: „Hier brennt jeder für die HKM. Die hohe Identifikation der Belegschaft ist ein wichtiger Punkt.“ Ob die Hütte ihre Produktion nach einem Verkauf an einen Investor selbst vermarkten muss? Diese Frage werde wohl ganz am Ende entschieden und sei sicher nicht entscheidend, sagt Peter Biele. Marketing-Erfahrung bringt er schließlich mit. Und außerdem: „Stahl verkaufen ist nichts Schlechtes.“