Duisburg. Bis die ersten Wohnsiedlungen in Duisburg-Overbruch entstanden, verging viel Zeit. Viele historische Bilder zeigen die spannende Entwicklung.

Nur einen Quadratkilometer groß ist der Duisburger Stadtteil Overbruch. Dünn besiedelt war es schon vor 2000 Jahren. Für die Landwirtschaft war das Feuchtgebiet nicht gut geeignet. Seine Zeit kam erst vor rund 90 Jahren, als Wohnraum für die Beschäftigten in den neuen Industrien der Umgebung und deren Familien benötigt wurde. Diese Funktion erfüllt der Ortsteil bis heute.

Wenn das Gebiet auch nicht regelmäßig vom Rhein überschwemmt wurde wie die direkt angrenzende Rheinaue, so waren vor dem Industriezeitalter doch nur wenige höhergelegene Stellen davor sicher. Die Böden waren lehmig und nass, nicht gut für Ackerbau. Die Rheinaue dagegen war gutes Weideland für Groß- und Kleinvieh.

Duisburg-Overbruch: Der lange Weg zur Autobahnanbindung

Trotzdem deuten Bodenfunde darauf hin, dass schon um 100 nach Christus eine germanische Siedlung bestanden hat. Die Zeit der Fränkischen Könige, also das frühe Mittelalter, brachte die Bekehrung zum Christentum. Und so geschah es, dass ein fränkischer Ritter namens Gerrich seinen dortigen Landbesitz nach 850 dem Kloster Düsseldorf-Gerresheim schenkte. Davon hatte der Nünninghof (Nonnenhof), auf den bis heute ein Straßenname verweist, seinen Namen. Es war der Hof, auf dem der vom Kloster eingesetzte Verwalter der Ländereien saß.

Um 1300 gelangte der Besitz an die Grafen von Kleve. Etwa zu dieser Zeit tritt Gut Hückelhoven in Erscheinung, später auch Nykerk genannt, ein Adelssitz, der sogar festungsmäßig ausgebaut war. Er übernahm vom Nünninghof die Aufgabe als Oberhof. Schon 1734 aber waren seine Verteidigungsanlagen eingeebnet. 1742 hob die klevische Regierung das Gut auf und teilte das Land auf. Reste der Gebäude blieben bis 1956 erhalten. Die Abtei Hamborn erwarb in Overbruch 1398 den Gatermannshof und 1430 die Biesenkate. Beide blieben bis zum Ende der Abtei 1804 in ihrem Besitz.

Als 1956 diese Aufnahme entstanden ist, war der Norden von Overbruch noch fast ungebaut. Im Hintergrund rechts sieht man den Wasserturm an der heutigen Willy-Brandt-Straße in Dinslaken, der 1958 gesprengt wurde.
Als 1956 diese Aufnahme entstanden ist, war der Norden von Overbruch noch fast ungebaut. Im Hintergrund rechts sieht man den Wasserturm an der heutigen Willy-Brandt-Straße in Dinslaken, der 1958 gesprengt wurde. © Stadtarchiv Duisburg

Bis 1397 durchquerte nur eine bedeutende Nord-Süd-Verbindung Overbruch: die „Alte Landstraße“ von Duisburg nach Wesel, heute Kaiserstraße und Heerstraße, an der Kante der hochwasserfreien Fläche am westlichen Ortsrand. 1397 ließ das Land Kleve eine neue Straße von Hamborn nach Dinslaken anlegen, die heutige Friedrich-Ebert-Straße, damals „Neue Landstraße“, später Provinzialstraße. Erst 1970 bekam die Steinstraße noch Bedeutung für den Nord-Süd-Verkehr, als sie als Oswaldstraße und durch den Driesenbusch nach Aldenrade geführt wurde. Das sollte die Friedrich-Ebert-Straße entlasten. Als Klammer zwischen Alter und Neuer Landstraße bekam die Herzogstraße erst im 20. Jahrhundert Bedeutung, obwohl sie schon immer als Feldweg bestand.

Eine der ältesten Straßen in Overbruch, die nicht-bäuerlich besiedelt ist, ist die Völklinger Straße. Ihr Straßenname wurde 1921 vergeben. Hier ist sie in einer Aufnahme von 1967 zu sehen. Die Straßenlaterne vorn rechts scheint noch aus den Anfangsjahren zu stammen.
Eine der ältesten Straßen in Overbruch, die nicht-bäuerlich besiedelt ist, ist die Völklinger Straße. Ihr Straßenname wurde 1921 vergeben. Hier ist sie in einer Aufnahme von 1967 zu sehen. Die Straßenlaterne vorn rechts scheint noch aus den Anfangsjahren zu stammen. © Stadtarchiv Duisburg

Eine Autobahn erreichte Overbruch erst 1996 mit der Verlängerung der A 59. Ungefähr dort, wo die A 59 in die Friedrich-Ebert-Straße mündet, hat von Ende des 18 Jahrhunderts bis 1874 eine Hebestelle für Wegegeld für Benutzer der Neuen Landstraße gelegen.

Dichtere Bebauung wurde erst spät möglich

1787 lebten in Overbruch 161 Menschen in 27 Häusern. Heute sind es rund 5000 Einwohner.

Als 1856 die Feuchtgebiete, die von der Allgemeinheit zum Weiden der Tiere genutzt werden konnten, aufgeteilt wurden, löste das noch keine Siedlungstätigkeit aus. Erst die großräumige Neuordnung der Entwässerung durch den Bau der Kleinen Emscher in Aldenrade vor dem Ersten Weltkrieg, die Neueindeichung des Rheins vor dem Zweiten Weltkrieg, vor allem aber der Bau der Neuen Emscher nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten die Untergrundverhältnisse in Overbruch so, dass eine dichtere Bebauung möglich wurde.

Die Promenade entlang der Herzogstraße, hier zwischen Neunkirchener und Lauterbacher Straße, gibt es bis heute. Nur verläuft sie inzwischen unter hohen Bäumen, die in der Aufnahme von 1959 als Jungbäume zu sehen sind. Im Hintergrund die Herz-Jesu-Kirche.
Die Promenade entlang der Herzogstraße, hier zwischen Neunkirchener und Lauterbacher Straße, gibt es bis heute. Nur verläuft sie inzwischen unter hohen Bäumen, die in der Aufnahme von 1959 als Jungbäume zu sehen sind. Im Hintergrund die Herz-Jesu-Kirche. © Stadtarchiv Duisburg

Seit 1900 verkehrte die elektrische Straßenbahn zwischen Hamborn und Dinslaken parallel zur Provinzialstraße, tangierte Overbruch im äußersten Südosten. Die westliche Grenze Overbruchs ist heute die Walsumbahn von Oberhausen nach Wesel, die 1912 in Betrieb ging. Von Ende des Zweiten Weltkriegs an bis 1952 war sie wegen Zerstörungen unterbrochen.

1956 entstanden mehr als 2000 Wohnungen

Für Beschäftigte der August-Thyssen-Hütte entstand 1935/36 die Rote Siedlung zwischen Herzogstraße und Saarbrückener Straße als erstes Neubaugebiet. Die Bergwerksgesellschaft Walsum (später Siedlung Niederrhein GmbH) setzte die Wohnungsbautätigkeit zwischen 1950 und 1960 fort. So entstand 1950 die aus Eigenheimen bestehende Dr.-Herbert-Barking-Siedlung an der Saarbrückener Straße selbst.

1957 befanden sich die Mehrfamilienhäuser an der Siebenbürgener Straße im Bau. Das Bild ist von der Banater Straße aus aufgenommen. Im Hintergrund links stehen bis heute noch Gebäude des Vohwinkelshofs. Bild: Stadtarchiv Duisburg
1957 befanden sich die Mehrfamilienhäuser an der Siebenbürgener Straße im Bau. Das Bild ist von der Banater Straße aus aufgenommen. Im Hintergrund links stehen bis heute noch Gebäude des Vohwinkelshofs. Bild: Stadtarchiv Duisburg © Stadtarchiv Duisburg

Nördlich und westlich davon wurden ab 1956 mehr als 2000 Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gebaut. In den 70er- und 80er-Jahren arrondierte die Siedlung Niederrhein GmbH ihren Bestand an Mehrfamilienhäusern, so an Luwen- und Kettelerstraße, Barbarastraße, Memeler Straße und Heimkamp.

Schon im Mittelalter gehörte Overbruch zum Pfarrbezirk von St. Dionysius Alt-Walsum. 1945 wurde eine ehemalige Militärbaracke zur Notkirche. 1954 wurde dann die neue Kirche Herz Jesu an der Ecke Herzogstraße/Overbruchstraße geweiht. Seit 2005 ist die Gemeinde der neuen Großpfarrei St. Dionysius angegliedert.

Das Farbfoto von 1971 zeigt das letzte Wohngebäude vom Nünninghof. Es lag im Hinterland von Römerstraße und Am Nünninghof und muss wenige Jahre nach dieser Aufnahme durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt worden sein (Herzogstraße 160).
Das Farbfoto von 1971 zeigt das letzte Wohngebäude vom Nünninghof. Es lag im Hinterland von Römerstraße und Am Nünninghof und muss wenige Jahre nach dieser Aufnahme durch ein Mehrfamilienhaus ersetzt worden sein (Herzogstraße 160). © Stadtarchiv Duisburg

Die Einführung der Reformation ging von Oberhausen-Holten aus. Bis 1904 waren die wenigen Evangelischen in Overbruch nach Holten oder Dinslaken orientiert, ehe die evangelische Kirche in Aldenrade gebaut wurde. 1914 wurde die Evangelische Kirchengemeinde Walsum-Aldenrade dann selbstständig und erhielt 1962 eine sechste Pfarrstelle in Overbruch. Von 1959 bis 2009 unterhielt sie an der Grünstraße das Paul-Gerhardt-Haus, das ab 1966 zur Evangelischen Kirchengemeinde Walsum-Vierlinden gehörte.

>>Katholische Grundschule wurde 1904 eröffnet

1904 ist an der Ecke Römerstraße/Am Nünninghof die katholische Overbruchschule eröffnet worden. Sie ist 1952 durch einen Neubau ersetzt worden, der später erweitert wurde. Bei der Trennung von Grund- und Hauptschulen 1968 verblieb dort eine katholische Hauptschule, die 1977 in eine Gemeinschaftshauptschule umgewandelt wurde. Sie lief Ende der 80er Jahre aus.

In den 90er Jahren zog eine Freie Waldorfschule dort vorübergehend ein. Nach der Jahrtausendwende wurde das Gebäude abgebrochen und das Gelände mit Eigenheimen bebaut.