Duisburg. Ein Castor-Transport bekam im November Probleme im Kreuz Kaiserberg, musste zurücksetzen. Schreiben aus NRW-Wirtschaftsministerium aufgetaucht.
Das Innenministerium und das Wirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen haben nun erstmals Pannen bei der Probefahrt für geplante Castor-Transporte eingeräumt. Über das Problem im Autobahnkreuz Kaiserberg hatte unsere Redaktion bereits am Tag nach der missglückten Testfahrt berichtet.
Augenzeugen hatten geschildert, dass der von einem gewaltigen Sicherheitsaufgebot und Dauer-Blaulicht begleitete Konvoi um den leeren Castor-Behälter sich bei dem geheimen nächtlichen Transport bis zu zwei Kilometer in die Länge gezogen haben soll.
In einem Schreiben der NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) von Anfang Juli auf Anfrage von Anti-Atomkraft-Gruppen heißt es nun, der Schwertransport sei auf der A3 „streckenbedingt auseinandergezogen“ worden.
Die Folge: Nach Informationen unserer Redaktion musste der etwa 30 Meter lange Lastzug mit dem Castor-Behälter – das Spezialfahrzeug hat 13 Achsen – am Übergang von der A3 auf die A40 stoppen und zurücksetzen. Die Autobahnpolizei musste den Bereich sperren.
Problem von Castor-Transport im Kreuz Kaiserberg bestätigt
Die Details: In ihrem Schreiben zitiert Wirtschaftsministerin Neubaur Angaben des Innenministeriums. Demnach sei der Sichtkontakt zu den vorweg fahrenden, begleitenden Polizeifahrzeugen sowie zu Mitarbeitenden des auf Radioaktiv-Transporte spezialisierten Unternehmens Orano NCS GmbH unterbrochen worden.
Dadurch habe der Lkw-Fahrer eine falsche Route für die Weiterfahrt gewählt und sei nicht planmäßig von der A3 auf die A40 gewechselt. Weil jedoch eine feste Strecke zwingend einzuhalten gewesen sei, habe der Schwertransport zurücksetzen und auf die richtige Autobahnroute zurückgeführt werden müssen. Der Autobahnbereich habe dadurch für 30 Minuten gesperrt werden müssen. Es sei zu keinen Gefahrensituationen gekommen, heißt es in dem Brief.
Am Tag nach dem problematischen Transport hatten sich die Verantwortlichen nicht zu den Hintergründen geäußert. Unter anderem blieb die Frage offen, warum die Kolonne im Kreuz Kaiserberg bei der zweiten Probefahrt ebenso wie bei dem ersten Testlauf am 8. November nicht einfach geradeaus über die A3 Richtung Norden gefahren ist. Viele Indizien sprachen dafür, dass der Schwertransport die Dauerbaustelle mit gesperrten Fahrstreifen im Kreuz Kaiserberg nicht passieren konnte.
Die stattdessen zweimal gefahrene Route an Rhein und Ruhr (siehe Karte): Von der A3 ging es Richtung Westen auf die A40, dann im Kreuz Duisburg (A40/A59) auf die A59 Richtung Dinslaken. Der nächste Richtungswechsel erfolgte wie am 8. November im Kreuz Nord (A42/A59): Über die A42 fuhr die Kolonne zurück auf die A3 in Oberhausen. Die weiteren Stationen: das Kreuz Oberhausen, die A2, das Dreieck Bottrop (A2/A31) und die Autobahn 31. Über diese ging es an Gladbeck und Bottrop vorbei Richtung Münsterland.
Kritik an der Route durch NRW und das Ruhrgebiet
Die Panne sei „höchst alarmierend“, erklärte Jens Dütting vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Im Ernstfall gehe es um hoch radioaktiven Atommüll, der quer durch NRW und das Ruhrgebiet gefahren werde. Die Route, die mehrfache Autobahnwechsel beinhaltet und auch durch den Düsseldorfer Flughafen-Tunnel führe, weise ein „enormes Potenzial für Unfälle und Anschläge“ auf.
„Der Verlust des Sichtkontakts ist ein Desaster für die Begleitkräfte“, kritisierte Marita Boslar vom Aktionsbündnis „Stop Westcastor“ in Jülich (Kreis Düren). Da die Polizei in NRW offensichtlich die Sicherheit der geplanten 152 Castor-Transporte auf den Autobahnen nicht lückenlos gewährleisten könne, müsse eine Transportgenehmigung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) ausgeschlossen werden. Die Anti-Atomkraft-Initiativen forderten erneut den Verbleib der 152 Castor-Behälter am Forschungszentrum Jülich und den Bau eines neuen Zwischenlagers dort.
- Die Lokalredaktion Duisburg hält Sie auch hier auf dem Laufenden: zum WhatsApp-Kanal + Duisburg-Newsletter gratis ins E-Mail-Postfach schicken lassen + Instagram + Facebook +
Hintergrund sind die für dieses Jahr geplanten Straßentransporte mit sogenannten Kugelbrennelementen vom Forschungszentrum Jülich aus einem stillgelegten Versuchsreaktor zum Brennelemente-Zwischenlager in Ahaus.
Rund 300.000 abgebrannte Brennelemente sollen vermutlich in der zweiten Jahreshälfte 2024 über die Straße transportiert werden. Die auf 20 Jahre begrenzte Betriebserlaubnis des Jülicher Lagers war bereits 2013, also vor über zehn Jahren, ausgelaufen. Deshalb erfolgte eine Räumungsanordnung. Mangels Alternativen lagern die radioaktiven Kugeln noch immer dort und sollen nun in Ahaus zwischengelagert werden. Doch auch die Genehmigung des dortigen Zwischenlagers ist befristet und erlischt in zwölf Jahren. (mit pw/epd)