Duisburg. Im Streit um die Grundsteuer-Reform suchen die Kämmerer im Ruhrgebiet nach eigenen Wegen. Das sind die Folgen für Duisburgs Immobilien-Besitzer.
Neue Wende im Streit um die Umsetzung der Grundsteuer-Reform zwischen der NRW-Landesregierung und den Kommunen: Duisburgs Kämmerer Martin Murrack will dem Rat der Stadt eine Grundsteuer-Satzung mit einem einheitlichen Hebesatz vorschlagen. „Er scheint nach derzeitigem Stand die rechtssichere Variante“, begründet Murrack auf Nachfrage.
Einheitlicher Hebesatz würde in Duisburg bei 1071 v.H. liegen
Gemeinsam mit seinen Amtskollegen im Ruhrgebiet sucht Murrack derzeit eine Verständigung über einen einheitlichen Hebesatz für Wohn- und Nicht-Wohnimmobilien (Grundsteuer B), den jede Stadt dann in für sie individueller Höhe beschließen soll. Für Duisburg würde das bedeuten: Der Hebesatz steigt zum 1. Januar 2025 von aktuell 845 v.H. auf 1071 v.H., damit die Gesamteinnahmen durch die Grundsteuer für die Stadt unverändert bleiben.
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Zur Erinnerung: Vor zwei Wochen hatte das Finanzministerium die Anwendung differenzierter Hebesätze empfohlen, die ebenfalls zu einer Aufkommensneutralität für die Stadt führen. Demnach würde in Duisburg der Hebesatz für Wohn-Immobilien nur auf 885 v.H. steigen, der für Nicht-Wohnimmobilien künftig bei 1489 v.H. liegen.
Kämmerer Murrack: Rechtliche Bedenken gegen gesplitteten Hebesatz
Ein differenzierter Hebesatz würde zumindest teilweise einen Ausgleich schaffen zwischen den Unterschieden, die eine stärkere Berücksichtigung der Wertentwicklung beider Immobilienarten verursacht. Diese spiegeln die neuen Messbeträge, die den Besitzern von den Finanzämtern nach Abgabe der Grundsteuer-Erklärung bereits mitgeteilt wurden. Der Aufforderung der Städte, die Messbeträge als Grundlage für die Bewertung einer Immobilie zu verändern, mag Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) nicht folgen.
Duisburgs Kämmerer möchte die vom Land empfohlenen Hebesätze nicht für eine neue Satzung übernehmen. „Es gibt grundsätzliche Bedenken, die die Rechtmäßigkeit der Anwendung eines gesplitteten Hebesatzes betreffen“, sagt Martin Murrack. Das Risiko sei „ungemein höher“ als bei einem einheitlichen Hebesatz.
Finanzgerichte erwarten eine Klagewelle gegen neue Grundsteuer
Dabei herrscht breite Einigkeit darüber, dass es ohnehin Klagen geben wird. Gegen die Bewertung ihrer Immobilien (als auch gegen die Messbeträge) wehren sich NRW-Bürger bereits auf dem Rechtsweg, bestätigt das Finanzgericht Düsseldorf. „Zwei Musterklagen stehen zur Entscheidung an“, so ein Gerichtssprecher. Ungewiss sei der Zeitpunkt des Urteils, als sicher könne gelten, „dass hier nicht die letzte Instanz ist.“
Das bedeutet: Bis höchstinstanzlich festgestellt ist, ob die von den Finanzämtern angewendeten Messbeträge mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuerreform aus 2018 vereinbar sind, können Jahre vergehen. Auch gegen Hebesätze drohen Klagen. Vorher nachfragen beim Finanzgericht ist keine Option für die Städte. „Erst eine Klage gegen eine Grundsteuer-Satzung bringt die Überprüfung in Gang“, erläutert der Sprecher des Finanzgerichts.
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Bis für Bürger Klarheit besteht, könnten noch Jahre vergehen
Auch deshalb wollen die Kämmerer keine differenzierten Hebesätze. Martin Murrack: „Die müssten in jeder Kommune separat verfassungsfest begründet werden.“ Für die Bürger heißt es so oder so: Weil durch den Gerichtsvorbehalt sowohl die Messbeträge der Finanzämter als auch die durch den Rat beschlossenen (einheitlichen oder differenzierten) Hebesätze möglicherweise gekippt werden, könnten Jahre vergehen, bis Rechtssicherheit über die Höhe der Grundsteuer besteht.
Die Steuer einfach nach altem Muster zu erheben, bis ein neues Verfahren höchstrichterliche Bestätigung gefunden hat, ist nicht möglich. „Zum 1. Januar 2025 müssen neue Grundsteuerbescheide ergehen, in welchen der ab dem 1. Januar 2025 jeweils gültige Grundsteuermessbetrag zugrunde gelegt wird. Die Neufestlegung des Hebesatzes erfolgt unter dem Aspekt, die Reform insgesamt aufkommensneutral zu gestalten“, erläutert die Kämmerei.
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Stadt: Erst gerichtliche Klärung der differenzierten Hebesätze abwarten
Wohin geht also die Reise? Wegen des vermeintlich geringeren Rechtsrisikos könnte der Kämmerer dem Rat eine Satzung mit einem einheitlichen Hebesatz vorschlagen, deutet Martin Murrack an. „Es wäre eine Möglichkeit, die gerichtliche Klärung der differenzierten Hebesätze abzuwarten und dann zu einem späteren Zeitpunkt der Umstellung zuzustimmen.“
Eine Überlegung mit politischem Kalkül: Dieses Verfahren würde möglicherweise Klagen gegen den Einheits-Hebesatz verhindern. Die Kehrseite: Eine Erhöhung des Hebesatzes auf 1071 v.H. würde die Besitzer von Wohnimmobilien zumindest vorübergehend deutlich teurer zu stehen kommen als ein differenzierter Hebesatz von 885 v.H.
DER ÄRGER DER BÜRGER WIRD WOHL DAS RATHAUS TREFFEN
- Die politische Diskussion über eine neue Grundsteuer-Satzung beginnt nach der Sommerpause im September im Rat der Stadt.
- Absehbar ist, dass sich der Ärger der Bürger nicht beim Berliner Finanzministerium (das die neue Bewertung erdachte), noch beim NRW-Finanzministerium (das sie nicht veränderte) entlädt, sondern beim OB, dessen Unterschrift der Grundsteuerbescheid trägt.
- Die Meinungsbildung der Fraktionen hat noch nicht begonnen. Die interessante Frage dabei: Werden CDU und Grüne, die in der schwarz-grünen NRW-Koalition die differenzierten Hebesätze des CDU-Finanzministers beschlossen, in Duisburg für einen einheitlichen Hebesatz stimmen?
- Die Stimmen seiner Partei sind Kämmer Martin Murrack (SPD) wohl sicher, mit einer Mehrheit würde es ohne die beiden anderen großen Fraktionen wohl schwierig.