Duisburg. An einer Duisburger Gesamtschule sollen alle sechsten Klassen neu gemischt werden. Schüler kämpfen dagegen an. Doch kippt jetzt die Absprache?

An der Gesamtschule Süd in Duisburg lagen in den letzten Tagen die Nerven blank. Da zum kommenden Schuljahr von der Bezirksregierung Düsseldorf 20 Schülerinnen und Schüler dem neuen siebten Jahrgang zugewiesen werden, war es der erste Plan der Schulleitung, alle bestehenden sechsten Klassen aufzulösen und neu zu mischen (wir berichteten).

Für die Kinder, die sich in ihren Klassenverbänden richtig wohlfühlen, war diese Nachricht zu Beginn der Woche eine Katastrophe. Nach vielen Tränen und massiven Protestaktionen der Sechstklässler und deren Eltern hat Schulleiterin Sandra Kupfer eingelenkt und will eine zusätzliche siebte Klasse nur mit den neuen Schülern gründen. Die alten Klassen sollen bestehen bleiben.

Bezirksregierung Düsseldorf: Heterogenität der Schülerschaft ein verbindliches Kriterium

Laut den gesetzlichen Regelungen ist dies jedoch gar nicht möglich, wie die Bezirksregierung Düsseldorf mitteilt. „In den Verwaltungsvorschriften zur Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I (VV 19.1.1 zu § 19 Absatz 1 APO-SI) ist geregelt, dass die Heterogenität der Schülerschaft ein verbindliches Kriterium für die Aufnahme an Gesamtschulen und Sekundarschulen ist“, sagt eine Sprecherin. Schon „bei der Zusammensetzung der fünften Klassen ist darauf zu achten, dass in jede Klasse Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen aufgenommen werden.“

Die 20 Zugänge an der Gesamtschule Süd sind Schülerinnen und Schüler von Duisburger Gymnasien, die am Ende der Erprobungsstufe die Schulform wechseln müssen“, erklärt die Bezirksregierung die Zuweisung der neuen Kinder. Wird eine Schülerin oder ein Schüler eines Gymnasiums am Ende der Jahrgangsstufe 6 nicht versetzt, entscheidet die Klassenkonferenz als Zeugniskonferenz über eine Wiederholung der Jahrgangsstufe oder den Schulformwechsel. Kommt es nach einer Wiederholung der Jahrgangsstufe zu einer erneuten Nichtversetzung, muss das Kind das Gymnasium verlassen.

Schulen aller Schulformen sind zur Aufnahme zusätzlicher Schülerinnen und Schüler verpflichtet

Schulen aller Schulformen seien dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer Kapazitäten Schülerinnen und Schüler, die die Schulform wechseln, aufzunehmen. Theoretisch können die Schulformwechselnden von Gymnasien an einer Realschule die Schullaufbahn fortsetzen. „Da es in Duisburg jedoch zwölf Gymnasien aber nur vier Realschulen gibt, müssen auch Gesamt- und Sekundarschulen Schulformwechselnde aufnehmen“, so die Bezirksregierung.

Für die Sechstklässler waren es hochemotionale Tage.
Für die Sechstklässler waren es hochemotionale Tage. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Neben der Gesamtschule Süd werden an der Realschule Fahrn und an der Ludgerus-Hauptschule weitere Klassen gebildet. Damit ist der Bedarf aber nicht gedeckt. Wie aus Schulkreisen berichtet wird, müssten alle anderen weiterführenden Schulen (also Gesamtschulen, Realschulen und Sekundarschulen) zusätzlich jeweils zwischen drei und sechs Kinder aufnehmen.

Über 110 Kinder verlassen nach der Erprobungsstufe zum Schuljahreswechsel die Duisburger Gymnasien

Wenn man grob von drei mal 20 Kindern in den separaten Klassen ausgeht und von minimum je drei Kindern on top in 19 Schulen, dann verlassen über 110 Kinder nach der Erprobungsstufe die 12 städtischen und zwei konfessionell gebundenen Gymnasien in Duisburg.

Bernd Beckmann, Schulformsprecher der Gesamtschulen, nennt die Situation „sehr schlimm“, die Zahlen würden „gefühlt immer größer“. Für die betroffenen Kinder sei der Schullaufbahnwechsel „denkbar unglücklich“, sie landen nach frustrierenden Erfahrungen an neuen Schulen, unabhängig davon, wie weit sie dafür durch die Stadt fahren müssen. Auch die aufnehmenden Schulen stehen massiv unter Druck, betont Beckmann. Alle sind voll, mussten große Klassen bilden, beklagen Raum- und Personalnot.

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Ist es sinnvoller, zusätzliche Klassen aufzumachen oder die gesamte Jahrgangsstufe zu durchmischen? Das sieht der Pädagoge differenziert, für beide Varianten gebe es Argumente: Klassenverbände sind nach zwei Jahren gerade erst zusammengewachsen und sollten nicht wieder zerrissen werden. Aber alle ehemaligen Gymnasial-Schüler in eine separate siebte Klasse zu packen, stempele sie ab und sei nicht sinnvoll.

Ob Schulleiterin Sandra Kupfer ihre neu verkündeten Pläne somit direkt wieder umstoßen muss, wird sich in den kommenden Tagen zeigen.