Duisburg. „Viele Produkte bekommt man sicher nirgendwo billiger als bei uns“, sagt ein Duisburger Supermarkt-Chef. Warum Lebensmittel dort so günstig sind.

Tiefkühlpizzen für einen Euro, veganer Kräuterquark und Streukäse für je 70 Cent und Becel-Margarine für 49 Cent: Diese Lebensmittelpreise klingen utopisch niedrig – gerade in Zeiten der Inflation. In einem Duisburger Supermarkt hängen sie aber tatsächlich so an den Regalen.

Die Adresse für Sparfüchse lautet Kaas Frischdienst. Der Lagerverkauf führt insgesamt 16 Filialen – und eine steht am Flutweg in Rheinhausen. In den sozialen Medien wird der Laden sogar als „der günstigste Supermarkt in Duisburg“ gehandelt.

Ist Kaas Frischdienst „der günstigste Supermarkt in Duisburg“?

Einige Nutzer filmen, wie sie den Markt besuchen und sich besonders billige Produkte in den Einkaufskorb legen. „Ich hätte nie gedacht, dass man heutzutage noch etwas für 25 Cent bekommt“, sagt eine Nutzerin auf der Videoplattform „TikTok“, als sie einen Vanillepudding in die Kamera hält.

Florian Kaas führt Kaas Frischdienst zusammen mit seinem Bruder in sechster Generation. Er sagt: „Viele Produkte bekommt man sicher nirgendwo billiger als bei uns.“
Florian Kaas führt Kaas Frischdienst zusammen mit seinem Bruder in sechster Generation. Er sagt: „Viele Produkte bekommt man sicher nirgendwo billiger als bei uns.“ © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Ob der Rheinhauser Markt wirklich der günstigste Lebensmittelladen der Stadt ist, will Co-Chef Florian Kaas zwar nicht behaupten. Doch er meint: „Viele Produkte bekommt man sicher nirgendwo billiger als bei uns.“ Das sei zum Beispiel bei der Becel-Margarine für 49 Cent der Fall, genauso wie beim Caffé Latte von „Emmi“ für 99 Cent.

Schnittkäse und veganer Joghurt sind besonders günstig bei Kaas

Am größten seien die Preisunterschiede zu anderen Supermärkten beim Steckenpferd des Lagerverkaufs: Schnittkäse. Zum Beispiel kostet der Bio-Schnittkäse „Uriger Hannes“ von Söbbeke 3,36 Euro, der Frico-Gouda „Liebling der Saison“ 2,27 Euro. „Dafür zahlt man anderswo mehr als das Doppelte – und dann muss der Käse schon im Angebot sein“, so Kaas.

Käse, Margarine, Caffé Latte und veganer Joghurt: Das sind die Produkte mit den größten Preisunterschieden zu regulären Supermärkten.
Käse, Margarine, Caffé Latte und veganer Joghurt: Das sind die Produkte mit den größten Preisunterschieden zu regulären Supermärkten. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Auch andere Milchprodukte gibt es günstig, zum Beispiel den im Video gezeigten Pudding für 25 Cent. Preiswert seien auch vegane Joghurt-Alternativen, so etwa Produkte der Marke „Alpro“.

Wocheneinkauf bei Kaas: Drei-Gänge-Menü kostet „7,50 Euro bis zehn Euro“

Der Großteil des Sortiments besteht zwar aus Milchprodukten. Aber auch Wein, Softdrinks, Backwaren, Konserven und andere Lebensmittel gibt es zu kaufen – „wenn auch nicht immer alles, weil wir auf die Lieferungen angewiesen sind oder manchmal nicht hinterherkommen, alles einzuräumen“.

Tiefkühlpizzen gibt es bei Kaas Frischdienst in Duisburg schon ab einem Euro. Sie wurden entlabelt, damit man die Marken nicht erkennt.
Tiefkühlpizzen gibt es bei Kaas Frischdienst in Duisburg schon ab einem Euro. Sie wurden entlabelt, damit man die Marken nicht erkennt. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Wer clever einkauft und Abstriche in Kauf nimmt, könne einen kompletten Wocheneinkauf bei Kaas erledigen. Florian Kaas sagt: „Bei uns bekommt man alle Zutaten für ein vollwertiges Drei-Gänge-Menü für zwei Personen, und das für 7,50 bis zehn Euro.“

Worauf sich Kunden aber einstellen müssen: Sie erledigen die Einkäufe praktisch in einem riesigen Kühlschrank. Der große Verkaufsraum wird nämlich auf drei bis sieben Grad gekühlt, nur der Eingangs- und Kassenbereich nicht. „Das meiste muss eh gekühlt werden. Ein ganzer gekühlter Raum ist dafür praktisch.“

Darum sind Lebensmittel bei Kaas Frischdienst so günstig

Kaas kann die Produkte deshalb so billig anbieten, weil er Sonderposten verkauft. Der Co-Geschäftsführer erklärt: „Bei Herstellern bleiben oft Produkte übrig, weil sie zu viel produzieren oder Sonderaktionen kurzfristig platzen. Solche Produkte landen dann bei uns.“ Das Sortiment variiert deshalb auch regelmäßig.

Auch wenn in Zentrallagern von Logistikunternehmen mal Ware liegenbleibt, nimmt sie der Frischdienst. In beiden Fällen seien die Artikel oft genauso gut wie die, die in Supermärkten angeboten werden.

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Außerdem schnappt sich der Markt die Produkte, die kleine „Schönheitsfehler“ haben, weswegen sie es nicht in die Regale großer Supermärkte schaffen. „Wir nehmen diese B-Artikel gerne an, weil es unseren Kunden egal ist, wenn eine Salami-Scheibe nicht perfekt geschnitten ist oder Würstchen unterschiedliche Längen haben.“

Keine abgelaufenen Lebensmittel in Lagerverkäufen

Und dann ist da noch das Geschäft mit Produkten, die nicht mehr lange haltbar sind. „Rund 30 Prozent unserer Ware bekommen wir über das Haltbarkeitsdatum“, sagt Kaas. Als Beispiel nennt er Milch, die noch sieben Tage haltbar ist: „Für Supermärkte lohnt es sich dann nicht mehr, die Kartons einzuräumen. Bei uns werden die aber noch oft verkauft.“

Dabei betont er aber, dass nie abgelaufene Lebensmittel in den Märkten landen: „Sollte das Haltbarkeitsdatum überschritten, aber die Ware noch gut sein, spenden wir sie der Tafel.“

Hersteller schätzen Zweitverwertung – aber manchmal gibts Ärger

Durch das Geschäftsmodell von Kaas Frischdienst würden gleich mehrere Seiten profitieren. Die Hersteller und Logistiker etwa, weil sie überschüssige Ware auf einen Schlag loswerden, noch Geld dafür bekommen und sich nicht um die Entsorgung kümmern müssen.

Einige Unternehmen würden sich aktiv bei Kaas melden, um Produkte dort anzubieten. Manche würden darauf bestehen, dass Kaas die Produkte nicht bewirbt. So habe es auch schon wegen der Videos in den sozialen Medien Ärger mit Herstellern gegeben, wenn darauf Produkte zu sehen waren, die nicht gezeigt werden dürfen.

Unterschiedliche Kunden: „Ein Kunde parkt mit Porsche am Markt“

Die Kunden bei Kaas seien ganz unterschiedlich, Studierende und Rentner ebenso wie Mittelständler. „In Krefeld parkt ein Kunde häufig mit einem Porsche am Markt“, sagt Kaas und ergänzt: „Obwohl er bestimmt gut verdient.“

Der Markt in Duisburg-Rheinhausen ist eine von 16 Filialen des Frischdiensts.
Der Markt in Duisburg-Rheinhausen ist eine von 16 Filialen des Frischdiensts. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Hinzu komme der Nachhaltigkeitsaspekt, dass Produkte weiterverkauft statt weggeschmissen werden. Diese Zweitverwertung finde nicht nur bei Lebensmitteln statt: „Auch unsere Kassen, Theken und Regale haben wir oft aus alten Supermärkten oder von Bekannten.“

Viel Arbeit: So landen Lebensmittel in den Kaas-Filialen

Dahinter stecke aber eine Menge Arbeit. Viele Produkte müssten portioniert und separat abgepackt werden, weil die Marken zum Teil nicht zu sehen sein dürfen oder die Mengen zu groß sind. Walnuss-Honig-Brötchen kommen zum Beispiel zu 150 Stück an, landen aber in Sechser-Packungen in der Verkaufstruhe. Der 13-Kilo-Laib Schnittkäse liegt später in rund 250-Gramm-Paketen im Regal.

Außerdem müsse das Team organisieren, Berge an Produkten wie 10.000 Tiefkühlpizzen oder 40 Paletten Milch so schnell es geht in den Markt zu bringen, bevor sie schlecht werden. Das sei nur mit einem großen Logistikapparat zu leisten: „Deswegen gibt es solche Lagerverkäufe wahrscheinlich nur selten.“

>> Kaas Frischdienst: Chef ist offen für weitere Filiale in Duisburg

  • Der Rheinhauser Markt war die fünfte und größte Filiale von Kaas Frischdienst, als sie 2009 eröffnet wurde. Mittlerweile gibt es 16 Märkte, zum Beispiel in Düsseldorf, Moers, Wesel, Mülheim und Kleve.
  • Dabei muss es nicht bleiben, wenn es nach Florian Kaas geht. 20 Filialen könne das Unternehmen „locker abwickeln“, auch 25 seien möglich. Dabei zeigt er sich auch offen für einen Markt im rechtsrheinischen Duisburg: „Wenn wir dort eine gute Immobilie finden, machen wir noch eine Filiale auf.“
  • Die Lagerverkäufe machen rund 85 Prozent des Gesamtgeschäfts aus, erklärt Kaas. Der Rest läuft über den Großhandel, denn das Unternehmen beliefert zum Beispiel auch Justizvollzugsanstalten und Krankenhäuser.
  • Florian und sein Bruder Frederik Kaas führen das Unternehmen nun in sechster Generation. Inhaber ist ihr Vater Peter Kaas. Knapp 200 Mitarbeiter sind angestellt.