Duisburg-Neudorf. Der Umbau der Straußsiedlung dauert bereits Jahre. Nun hat die Gebag die Arbeiten gestoppt. Neubau und Lost-Place liegen dicht beieinander.

Die Wohnungsbaugesellschaft Gebag zieht die Kosten-Bremse: Weil die Preise für Sanierungen und Neubauten durch die Inflation immer weiter steigen, legt einer der größten Duisburger Vermieter viele seiner Bau-Vorhaben erst einmal auf Eis. Das trifft auch Projekte, mit denen bereits begonnen wurde – wie die Straußsiedlung in Duisburg-Neudorf.

Hier stehen sich einerseits hübsch sanierte, denkmalgeschützte Altbauten, neue Häuser und Gebäude, die noch in Schuss gebracht werden müssen, unmittelbar gegenüber. Eine Häuserzeile gleicht mit zugenagelten Türen und Fenstern sogar fast schon einem Lost Place. Die Nachbarn sind nicht begeistert. Und die Interessenten, die bisher auf eine Wohnung in der historischen Siedlung in Neudorf hofften, müssen sich weiter gedulden.

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Das Bauschild mit der Aufschrift „Zu Hause an der Verdistraße“ steht noch. Die Pläne, die Siedlung zu sanieren und um weitere Wohnungen zu ergänzen, gibt es schon seit Jahren.

Bei der Sanierung der Häuser musste sich die Gebag an Denkmal-Auflagen halten. Diese sahen vor, dass etwa die Sprossenfenster nachgebaut werden mussten.
Bei der Sanierung der Häuser musste sich die Gebag an Denkmal-Auflagen halten. Diese sahen vor, dass etwa die Sprossenfenster nachgebaut werden mussten. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Bereits 2016 schlugen die Bewohner allerdings Alarm, weil sie fürchteten, dass die Gebag die Häuser abreißen lassen wolle. Sie setzten sich dafür ein, dass die charakteristischen Mietwohnungen aus den 1920er Jahren erhalten blieben. Immer wieder lobten die Nachbarn ihre gute Gemeinschaft und dass sie die Seele der Siedlung erhalten wollten. Der Protest fand Gehör, die Bauherren mussten ihre Pläne ändern.

Erste Pläne für den Umbau der Straußsiedlung in Duisburg-Neudorf hatte die Gebag bereits 2016

Verschiedene Architekten unterbreiteten Ende 2016 schließlich Vorschläge, wie man Neues schaffen und Altes erhalten könne. Der historische Grundgedanke der Denkmal geschützten Straußsiedlung aus den 1920er Jahren sollte beibehalten werden – mit dieser Idee konnten die Kölner Molestina Architekten und die Fswla Landschaftsarchitekten den Planungswettbewerb für das Quartier für sich entscheiden. Wände wurden instand gesetzt, Türen behutsam restauriert, neue Fenster, die dennoch in die alte Optik passen, eingesetzt.

Um die Wohnungen zu vergrößern, wurde an der Rückseite angebaut. Mieter der ersten Etage haben Zugang zu einem eigenen Garten. Die andere Etage bekam einen Balkon.

Petra Thiele im Gespräch  mit  Mimount Abounachat (v.li.). Beide haben sich für den Erhalt der Wohnungen eingesetzt.
Petra Thiele im Gespräch mit Mimount Abounachat (v.li.). Beide haben sich für den Erhalt der Wohnungen eingesetzt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Wir wollten ja gar keine Luxus-Sanierungen. Die Türen und Fenster haben mehrere tausend Euro gekostet. Uns hätten vernünftige Bäder und ein bisschen Farbe gereicht“, erklärt Petra Thiele, die sich seinerzeit an dem Protest beteiligte und aus einem der noch sanierungsbedürftigen Altbauten in ein restauriertes Haus umzog. Nicht gerade freiwillig. „Die Miete ist wesentlich höher als vorher“, beschreibt sie. „Und jetzt tut sich hier wahrscheinlich Jahre lang nichts, dabei haben wir Wohnungsnot in Duisburg.“

Gebag-Sprecherin widerspricht: „Es handelt sich keinesfalls um Luxus-Sanierungen“

„Es handelt sich keinesfalls um Luxus-Sanierungen“, widerspricht Lisa Melchior von der Gebag den Vorwürfen. „Aufgrund der alten Bausubstanz mussten wir bei der Maßnahme einen größeren Aufschlag machen, um die Wohnungen in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen. Und ,ein bisschen Farbe’ ist bei einem Objekt dieser Größenordnung nicht zielführend.“ Sie könne den Bewohnern versichern, dass vor allem in den „zukunftsfähigen Erhalt“ der Straußsiedlung im historischen Kontext investiert wurde. In der Tat habe es aber wegen des Denkmalschutzes teils strengere Vorgaben gegeben, die die Materialien und Einbauten betrafen.

So mussten etwa die Sprossenfenster „recht aufwendig“ nach historischem Vorbild nachgebaut werden, um das Gesamtbild der Siedlung zu erhalten. Im ersten Teil-Bauabschnitt seien rund 8,8 Millionen Euro in die Modernisierung der alten Gebäude investiert worden. Die neuen Häuser an der Verdistraße haben weitere 5,5 Millionen Euro gekostet.

Im zweiten, nun verschobenen, Bauabschnitt würden weitere 5,5 Millionen Euro anfallen. „Die Kosten haben sich innerhalb von wenigen Monaten von 4,9 auf 5,5 Millionen Euro verteuert“, rechnet Lisa Melchior vor. Geplant war, weitere Altbauten an der Strauß- und der Waldstraße zu renovieren. Außerdem sollte auf einer Freifläche an der Waldstraße ein weiterer Neubau entstehen. „Die Brachfläche werden wir in Kürze als Rasenfläche begrünen“, verspricht Lisa Melchior. Aktuell gebe es keinen Zeitplan, wann die weiteren Bauarbeiten beginnen können. „Die Interessentenlisten für den ersten Teilbauabschnitt und den Neubau in der Verdistraße existieren noch. Es ist jedoch fraglich, ob diese noch Bestand haben wird, wenn wir mit dem zweiten Teilbauabschnitt mit der Suche nach Interessenten beginnen können.“

Fenster und Türen einer weiteren Häuserzeile  wurden mit Brettern verrammelt.
Fenster und Türen einer weiteren Häuserzeile wurden mit Brettern verrammelt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND