Düsseldorf. Die Gesundheitsreform sorgt in den NRW-Kliniken für Aufruhr. Auch in Düsseldorf schlagen Betroffene Alarm und warnen vor schwerwiegenden Folgen.
Dass die nordrhein-westfälische Krankenhausreform das Gesundheitswesen im Bundesland maßgeblich umbauen wird, steht fest. Wie genau die Auswirkungen jedoch die Patienten erreichen werden, darüber wird heftig diskutiert. Auf der einen Seite geht es um Einsparungen und um den Abbau unnötiger Doppelstrukturen. Auf der anderen Seite steht der Vorwurf, aus finanziellen Interessen die flächendeckende Gesundheitsversorgung zu gefährden. Bei einer Veranstaltung am Mittwoch, 9. Oktober, in Düsseldorf zeichnete nun ein Bündnis aus betroffenem Krankenhauspersonal und Aktivisten ein düsteres Bild.
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„Gefährdet Menschenleben“: Medizinerin befürchtet Lücken in Gesundheitsversorgung
Die Reform des Landes „gefährdet Menschenleben definitiv“, erklärte Susanne Quast, Ärztin und Sprecherin des NRW-Bündnisses für ein gemeinwohlorientiertes Gesundheitswesen. Ziel sei es, Kosten zu sparen und das zum Leid der Patientinnen und Patienten sowie des jetzt ohnehin schon überlasteten Personals. Quast, die selbst für die Sana-Kliniken in Düsseldorf arbeitet, war auf Einladung des lokalen Bündnisses für eine gerechte Gesellschaft anwesend und erklärte die Auswirkungen der Reform auf die Kliniken in der Landeshauptstadt.
„Es gibt drei kritische Aspekte – das sind einmal die Zentralisierung der Versorgung, ein drastischer Abbau von Krankenhausbetten und die Begrenzung bestimmter Leistungen“, so die Medizinerin. Diese wären jeder für sich genommen problematisch, könnten allerdings zusammen zu enormen Einschränkungen in der Versorgung führen.
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Klinik-Reform in Düsseldorf: Große Krankenhäuser werden zu zentralen Anlaufstellen
Bei der Zentralisierung gehe es darum, Leistungen von kleineren Krankenhäusern auf großen Kliniken –in Düsseldorf wären das beispielsweise das Universitätsklinikum und das Evangelische Krankenhaus – umzulegen. Keine Klinik solle mehr alles machen, erklärte der zuständige NRW-Minister Karl-Josef Laumann. Das vorgebliche Ziel sei es hier, Wettbewerb zwischen den Kliniken zu verhindern, bei dem sich die Häuser mehr auf lukrative Eingriffe konzentrierten, als auf gute medizinische Versorgung. Susanne Quast warnt jedoch: „Gerade kleinen Kliniken können ihre finanziellen Grundlagen verlieren, wenn man ihnen verbietet, bestimmte Leistungen anzubieten.“ Quast befürchtet „Krankenhausschließungen durch die Hintertür“.
Besonders betroffen wären hierbei Kliniken mit weniger als 200 Betten. Darunter fielen sechs der 15 Krankenhäuser in Düsseldorf. Darunter befänden sich, laut der Einschätzung Quasts, etwa das Krankenhaus Elbroich in Holthausen und das Luisenkrankenhaus in Flingern-Nord. Erstere besteht aus zwei Kliniken, einer geriatrischen und einer Klinik für Psychatrie. Im Bereich der Geriatrie wurden die Fallzahlen der Leistungsgruppe in der aktuellen Planung stark reduziert. Dem Luisenkrankenhaus, das für sein Brustkrebszentrum bekannt ist, seien sämtliche angebotenen Leitungen aberkannt worden. Laut Quast könnte dies zu finanziellen Schwierigkeiten für die Häuser führen.
Dieser Darstellung von Susanne Quast widerspricht allerdings – zumindest für das Krankenhaus Elbroich – dessen Betreiber, der Verbund Katholischer Kliniken Düsseldorf (VKKD). Zwar stimmte es, dass eine der beiden Leistungsgruppen verloren gehen würde, diese umfasst aber nur einen Bruchteil der eigentlichen Leistungen. Richtig sei auch, dass im Bereich der Geriatrie im Krankenhausplan des Landes zwar weniger Plätze als zuvor vorgesehen seien. Aber selbst bei den aktuelle Kalkulationen sei die wirtschaftliche Tragbarkeit gegeben. „Die Behauptung, das Krankenhaus könne aufgrund seiner Bettenanzahl oder Verteilung Leistungsgruppen seine Kosten nicht mehr decken, ist schlichtweg haltlos“, erklärte Cassie Kübitz-Whiteley, Leiterin der Presseabteilung beim VKKD in einer Stellungnahme.
Als Teil des VKKD verfüge man über eine stabile finanzielle Absicherung. Außerdem sei die Klinik Elbroich als eine der drei aktuell im Landesplan vorgesehenen Kliniken, die geriatrische Leistungen in Düsseldorf anböten, fester Bestandteil der zukünftigen Versorgung. Allgemein sei zu beachten, dass man sich aktuell noch in einer Abstimmungsphase mit dem Land befände. Erst zum Ende des Jahres könnten daher überhaupt belastbare Aussagen getroffen werden.
Umstrukturierung der Düsseldorfer Krankenhäuser: Kleine Kliniken unter Druck
Dennoch wird es bei allen Krankenhäusern in Düsseldorf zu Umstrukturierungen kommen. Entweder würden Leistungen aberkannt oder reduziert. „Es darf nicht dazu kommen, dass die Qualität der Gesundheitsvorsorge von der Postleihzahl abhängig ist“, betont Quast. Zwar heißt es im Krankenhausplan, dass 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger binnen 20 Minuten ein Krankenhaus erreichen können sollen. „Für Schwangere auf dem Weg zum Kreißsaal gelten aber schonmal 40 Minuten“, entgegnet die Medizinerin diesem Versprechen. Dass zusätzlich Fallzahlen für medizinische Leistungen in Zukunft strikt gedeckelt werden sollen – Ausnahme sind Notfälle – erschwere die finanzielle Lage der Krankenhäuser zusätzlich.
„Die Krankenhäuser werden dann an der einen Stelle sparen, an der sie sparen können – beim Personal“, erklärt die Medizinerin. Dabei bräuchte man eigentlich mehr Leute, aber Personal fänden die Klinken heute schon keines. Auch dem NRW-weiten Abbau von über 18.000 Betten bis 2032 traut die Medizinerin nicht zu, die Situation zu entlasten. Der Plan sei, Patienten in den ambulanten Sektor zu verschieben, also in Strukturen zwischen Hausarzt und Klinik, um letztere zu entlasten. „Diese Strukturen gibt es aber nicht“, empört sich Susanne Quast. „Natürlich kann man auf andere Länder schauen und sagen, dass dort viel weniger Menschen in den Krankenhäusern sind, aber dort existieren eben Alternativen und bei uns müssen die erst noch aufgebaut werden.“
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Krankenhausreform NRW in Düsseldorf: Gute Ideen, aber schlechte Umsetzung?
Dies übersähen die Verantwortlichen in NRW ihrer Meinung nach. „In der Reform sind gute Ideen, aber es müssen die Grundlagen geschaffen werden, diese auch richtig umzusetzen.“ Bezeichnend sei auch, dass die Reform am „grünen Tisch“, ohne die Einbeziehung von Gewerkschaften und Patientenvertretungen, geplant worden sei. Darunter, dass die Pläne nun vor allem von finanziellen Motiven gesteuert worden seien, litten nun die Menschen, die auch sonst kaum eine Stimme hätten. „Mit der Versorgung Schwangerer macht man kein Geld, und auch nicht mit der von Kindern.“
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Düsseldorf sei mit seiner hohen Krankenhausdichte und vielen Notarztdiensten zwar erstmal nicht unter den Gebieten, die am stärksten betroffen wären. Doch rund um Düsseldorf sähe die Lage schon anders aus. Die jüngsten Schließungen von Kliniken in Solingen, Ratingen und Haan sorgten dafür, dass die Patienten, die vor kurzem noch vor Ort behandelt werden konnten, nun nach Düsseldorf umgeleitet werden. Dadurch kämen 20 Prozent mehr Patienten in den acht Düsseldorfer Notaufnahmen an – mehr Kapazitäten und Personal seien hier jedoch nicht dazugekommen.
Weitere direkte Auswirkungen wären auch, dass nach der neuen Planung nur noch an zwei Standorten eine sogenannte „Stroke Unit“ für Schlaganfallpatienten zur Verfügung stehen könnte. Neurologische Reha-Angebote für Kinder würden komplett wegfallen – die nächsten gäbe es erst wieder in Wuppertal und Solingen. „Viele medizinische Angebote direkt vor Ort wird es so nicht mehr geben“, fasst es die Medizinerin zusammen.