Düsseldorf. An der Messe soll eine neue Eventfläche entstehen. Jahrelang lagen die umstrittenen Pläne auf Eis. Was D.Live-Chef Michael Brill außerdem plant.

In letzter Zeit ist in Düsseldorf häufiger von Stadttochter D.Live zu hören. Jüngst etwa, dass D.Live den Ratinger Hof und die Rheinterrassen mieten beziehungsweise betreiben werde. Doch wer ist die Stadttochter überhaupt? Was sind ihre Ziele? Wir haben mit D.Live-Chef Michael Brill gesprochen.

D.Live grundsätzlich: Was steckt hinter der Stadttochter?

Was die 146 Mitarbeiter im Einzelnen machen, ist gar nicht so einfach zu sagen. „Wir sind zunächst Betreiber von Veranstaltungsstätten“, so Brill. Damit ist es damit aber nicht getan. D.Live veranstalte auch selbst, fungiere als Produzent oder technischer Dienstleister.

Zur 2018 erfolgten Gründung des Unternehmens sei es aus einem erkannten Mangel gekommen. „Gerade im letzten Jahrzehnt ist offensichtlich geworden, dass wir in Düsseldorf mit den Live-Events bei weitem nicht die Strahlkraft hatten wie andere Großstädte. Wir waren unterspielt, Düsseldorf kann viel mehr.“ D.Live sei also angetreten, ein ruhendes Potenzial zu wecken.

„In Düsseldorf stimmt das Zusammenspiel einfach“

Und Potenzial sei ja da: „In Düsseldorf gibt es einen starken Zusammenhalt und kurze Entscheidungswege.“ Man habe die Gewissheit, dass die Verantwortlichen ein geteiltes Interesse hätten. „Das Zusammenspiel stimmt hier einfach“, so Brill. Hinzu kämen die guten Veranstaltungsstätten, die auch stetig verbessert würden.

Klar ist jedoch: „Auch andere Städte haben tolle Veranstaltungsstätten.“ Aber die Güte der Stätte sei nicht alles: „Wichtig ist auch die Leistungserbringung. Wir haben die fachliche Kompetenz und eine ausreichende Größe, Projekte gut auf die Beine zu stellen. Und dann sind wir auch noch hinreichend agil, auch mal ein Risiko einzugehen.“

D.Live in Düsseldorf: Zwischen „Profitabilität und Daseinsvorsorge“

Die Stadttochter unterscheidet sich von Unternehmen aus der Privatwirtschaft. „Wir haben einerseits Aufgaben, die die eines Wirtschaftsunternehmens sind. Da geht es um Profitabilität. Gleichzeitig haben wir als Stadttochter auch die Aufgabe der Daseinsvorsorge.“ Dieser zweite Punkt macht den Unterschied, so Brill, denn bei Veranstaltungen stehe nicht immer nur der direkte Gewinn im Vordergrund.

„Ich nehme mal das Beispiel der MTV EMAs mit ihrer hohen Strahlkraft in der Stadt. Da sind wir dann auch bereit, so eine Veranstaltung zu verhältnismäßig geringen Deckungsbeiträgen zu produzieren“ - also erstmal kein oder nur wenig Geld zu verdienen. D.Live sei der Ansicht, dass solche Veranstaltungen aber einen wichtigen Beitrag für das Image der Stadt leisten würden.

Michael Brill ist Geschäftsführer von D.Live.
Michael Brill ist Geschäftsführer von D.Live. © Meike Schrömbgens | D.Live

Die Oberhand gewinnen solche Markenbildungs-Veranstaltungen aber augenscheinlich nicht. Finanziell steht D.Live gut da. „Wir haben unseren Umsatz seit 2018 vervierfachen können. Da sind wir jetzt bei 80 Millionen Euro“, berichtet der Geschäftsführer. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen belief sich im abgeschlossenen Geschäftsjahr auf fast 10 Millionen Euro. Dieses „gewaltige Ergebnis“ mache D.Live „nahezu frei von Kapitalzuführungen durch die Stadt“. Ferner sorge die gute finanzielle Lage für Gestaltungsspielraum.

Was Düsseldorf noch fehlt

Woran es Düsseldorf aber nach wie vor mangele, sei eine große Open-Air-Fläche. Doch auch das wird sich schon ab nächstem Jahr ändern, denn dann kommt die Open-Air-Fläche auf dem Messeparkplatz. Hier sollen 80.000 Menschen gemeinsam feiern können. So hohe Zuschauerzahlen kennt man sonst eher vom Wacken Open Air. Für Düsseldorf also echtes Neuland. „Das ist ein wichtiger, nächster Schritt, wenn es um große Veranstaltungen geht.“ Ein wenig geärgert habe man sich ja schon, dass Taylor Swift in Gelsenkirchen und nicht in Düsseldorf gespielt hat. Die große Open-Air-Fläche könnte Düsseldorf da konkurrenzfähiger machen.

Mega-Shows aber sind nur ein Teil des Aufgabenbereichs. „Events wie Coldplay sind international ausgerichtet“, schließlich kommen auch Gäste aus den Nachbarländern. „Ein DEG-Spiel hingegen ist eher ein lokales Ereignis.“ Bei allen Events aber gilt die Maßgabe, der Standort Düsseldorf solle „eine gesteigerte Lebensqualität erfahren“.

Entsteht in Düsseldorf ein Kulturmonopol?

Das klingt zunächst wunderbar. Angesichts der Berichterstattung über das zunehmende Engagement, etwa im Ratinger Hof, gab es aber auch kritische Stimmen. Es wurde die Sorge geäußert, D.Live könnte eine Gefahr für die freie Szene darstellen, schließlich handelt es sich um ein 80-Millionen-Euro-Unternehmen, das stetig im Zusammenhang mit neuen Projekten auftaucht. Droht hier ein kulturindustrielles Monopol? Wird die freie Szene durch D.Live bedroht?

Das glaubt Brill nicht: „Ich kann die Gefahr nicht erkennen.“ Zwar sei man auf dem Feld der Kultur sehr präsent, „doch wir sind nicht die freie Kunstszene. Und das ist auch fernab unserer Kernkompetenz. Wir sind gut in der Skalierung, sind gut in einer bestimmten wirtschaftlichen Dimension.“

„„Neben Pitcher, Zakk und Stahlwerk gibt es ja fast nichts mehr““

Michael Brill
D.Live-Chef

Und doch sei man auch „Teil der Kulturszene im weitesten Sinne. Und dabei verfolgen wir grundsätzlich zwei Ziele: Erhalt und Wachstum“. Daraus leite sich der Anspruch ab, sich auch „für die Grassroots“ einzusetzen. „Denn wenn die keine Aufmerksamkeit erhalten, bekommen wir auch keine großen Stars in die Stadt.“ D.Live zeichnet von sich das Bild eines Fürsprechers der freien Szene: „Für die Szene können wir als Verstärker dienen. Wir verfechten die gleichen Interessen wie sie.“

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Und aus diesem Anspruch habe sich auch die Entscheidung gespeist, sich des Ratinger Hofs anzunehmen: „Der Hof hat es seit Jahren nicht geschafft, in wirtschaftliche Fahrwasser zu geraten.“ Und jetzt D.Live: „Wir suchen nun einen Betreiber, der als unser Untermieter für ein möglichst diverses Liveprogramm sorgt.“ Noch sei da gar nichts festgelegt. Fest stehe aber, dass die Clubszene in Düsseldorf vor schweren Herausforderungen steht. „Neben Pitcher, Zakk und dem etwas größeren Stahlwerk gibt es ja fast nichts mehr in der Stadt. Uns fehlen gerade die kleinen Läden.“

Ratinger Hof am Scheideweg: Freier Markt oder Kulturstärkung?

Und für den Ratinger Hof gilt: „Entweder wir überlassen das dem Markt. Dann wissen wir, dass es kein Kulturklub werden wird, das hat ja nicht funktioniert. Oder es kommt jetzt eine Gesellschaft wie D.Live ins Spiel, die es als Anspruch sieht, die Kultur zu stärken. Für die Kulturszene ist es eine gute Nachricht. Es ist nicht unser Anspruch, die freie Szene zu bespielen“, so Brill. Im Übrigen könne ein großes Unternehmen das auch gar nicht.

Das Ziel umreißt Brill vielmehr wie folgt: „Wir müssen doch dafür sorgen, dass die Wahrnehmung von Düsseldorf eine andere ist.“ Und dabei braucht es die aktive freie Szene, aus der heraus die Impulse kommen. Sorgen brauche sich niemand zu machen. „Wann immer wir jemanden unterstützen können, sind wir die ersten, die dabei sind.“

Die D.Live-Pläne für 2025

Ohne freie Szene keine große Bühne, so ließe sich der Gedanke umreissen. Was aus dem Ratinger Hof letztendlich wird, steht noch nicht fest. Dagegen ist es aber fix, dass D.Live auch 2025 wieder große Bühnen bespielen wird. Den Auftakt machte jüngst die Ankündigung, dass Kylie Minogue auf ihrer Welttournee im Dome spielt. Ein weiteres Highlight ist die neue Open-Air-Fläche. Außerdem werde der Marathon wieder in der Stadt abgehalten. Und „eine ganze Reihe weiterer großer Namen“ werde auch noch kommen. Allen voran Ed Sheeran, der Anfang September in die Landeshauptstadt kommt.

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