Düsseldorf. Die Düsseldorfer Jusos haben zwei neue Vorsitzende: Milena Bergerhausen und Hannah Marie Bitzer. Was die Frauen sich für Ziele gesetzt haben.

Die Düsseldorfer Jugendorganisation der SPD, die Jusos, haben einen neuen Vorstand: Milena Bergerhausen (23) und Hannah Maria Bitzer (20). Seit 10. August ist die Doppelspitze nun im Amt. Die Jusos begreifen sich dabei als eigenständiges, „linkes Korrektiv“ der SPD. Eine Juso-Mitgliedschaft bedeutet damit nicht automatisch eine SPD-Mitgliedschaft, betont Bergerhausen. So war sie zunächst nur bei den Jusos, weil sie sich von deren Werten angesprochen fühlte: „Sozialismus, Feminismus, Internationalismus, Antirassismus und -faschismus sowie Internationalismus.“

Diese Werte will die Doppelspitze nun auch in Düsseldorf nach außen tragen. Bergerhausen weiter: „Während der Pandemie nahm die Präsenz der Querdenker-Szene immer mehr zu. Das war unangenehm. Ihre Positionen erschienen schon als Mainstream. Da war der Moment, etwas zu tun.“

Kampf gegen Rechts als zentrales Anliegen

Der Kampf gegen Rechts ist dabei auch nach der Pandemie kaum weniger wichtig geworden. Auch in Düsseldorf zeige die AfD eine erstaunliche Präsenz. „Das erleben wir viel in den Randstadtteilen. Aber auch an der Schadowstraße“, berichtet Hannah Maria Bitzer. Dort habe sie bereits blaue Infostände der rechten Partei gesehen. Da gelte es, gegenzusteuern. Es sei wichtig, so Bitzer, mit Menschen in den Dialog zu kommen. Etwa über Bildungsarbeit. So veranstalten die Jusos Themenabende, zu denen jeder Interessierte eingeladen ist. Unabhängig vom Parteibuch.

Ein weiteres wichtiges Anliegen der neuen Düsseldorfer Doppelspitze ist die Asylpolitik. Bergerhausen hat die Zustände in Asyl-Unterkünften durch Bekannte, die in Flüchtlingsheimen leben, mitbekommen: „Ich fand es unerträglich.“ Nicht nur deswegen positionieren sich die beiden neuen Jusos-Vorsitzenden und Jura-Studentinnen auch gegen die geplante Schließung der Düsseldorfer Welcome Points. Bergerhausen sei „der festen Überzeugung, dass da an der falschen Stelle gespart wird. Die Welcome Points sind sehr wichtige Anlaufstellen für Geflüchtete, sie zu schließen sei „unverantwortlich“.

„Nancy Faesers Asylpolitik ist ein rotes Tuch“

Bei der Asylpolitik zeigt sich dann auch, inwieweit die Jusos auf Distanz zur Bundesparteispitze gehen. Bitzer hat gemeinsam mit der Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordneten Zanda Martens eine Erklärung für „humane Asylpolitik“ abgegeben. Darin formulieren die beiden Frauen harte Kritik an der geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.

Bitzer spricht sogar von einem „historischen Fehler“, fordert EU-Abgeordnete zum Kampf um eine „humane Asylpolitik auf“. Dabei schont das „linke Korrektiv“ auch die SPD-Parteiprominenz nicht. „Nancy Faesers Asylpolitik ist für uns ein rotes Tuch.“, so Bergerhausen deutlich. Und Bitzer ergänzt: „Das ist keine sozialdemokratische Politik.“

„Politik ist kein Einzelsport“

Die neugewählte Doppelspitze versteht sich als Team, setzt auf Integration und Kommunikation. Die zwei Frauen hätten sich im Vorfeld der Wahl verständigt und waren überzeugt, in der Co-Vorsitzenden jeweils eine kompetente, verlässliche Partnerin zu haben. Und das soll sich auf den Verband übertragen. In ihrer Bewerbung schrieben die Politikerinnen: „Politik ist kein Einzelsport.“ Ziel ist ein neues Gemeinschaftsgefühl im Verband. Aber auch in der Stadt.

Düsseldorf habe – wie jede Großstadt – ein Problem mit hoher Anonymität, so Bergerhausen . Gerade das stark ausgeprägte Vereinsleben aber verschaffe der Stadt Vorteile, glaubt sie. Auch Bitzer sieht das Potenzial, gleichzeitig aber „muss es auch genutzt werden. Die Stadt muss zusammenkommen.“

Klientelpolitik allein helfe dabei nicht. So sei die Arbeit des Oberbürgermeisters Stephan Keller (CDU) vor allem an den Interessen seiner Partei ausgerichtet – dabei aber von mäßigen Erfolg, sagt Bergerhausen. Bitzer ergänzt: „Es ist schade, dass so viele gute Anträge im Rat blockiert werden, nur weil sie von der falschen Partei kommen.“ Dies sei nicht der richtige Weg. Als Verhandlungserfolg der SPD-Ratsfraktion wird hingegen das Zugeständnis des OBs gewertet, im Gegenzug zur Opern-Zustimmung 8000 neue Wohnungen zu bauen.

Diesseits der „Bio-Klippe“

Die bisherige Arbeit mit der Ratsfraktion bewerten die neuen Jusos-Chefinnen als gut. Nicht zuletzt, weil die Vorsitzende der Ratsfraktion, Sabrina Proschmann, selbst Juso-Mitglied ist. Dies sei möglich, weil Proschmann noch diesseits der „Bio-Klippe“ ist, wie es im Juso-Jargon heißt. Die „Bio-Klippe“ ist mit 35 erreicht, nur bis zu diesem Alter ist eine Juso-Mitgliedschaft noch möglich, erklärt Milena Bergerhausen.

Bei der Frage nach einem möglichen SPD-Oberbürgermeisterkandidaten für Düsseldorf sei indes noch nichts entschieden: „Der Prozess ist noch im Gange. Wir sind noch überhaupt nicht an der Stelle, jemanden vorzuschlagen“, betont die 23-Jährige. Der Ex-OB Thomas Geisel (SPD), der sich eine erneute Kandidatur unter Umständen vorstellen könnte (NRZ berichtete), scheint allerdings nicht der Traumkandidat der Jusos zu sein: „Er hat einen guten Job gemacht. Damals.“, sagt Bitzer. Bergerhausen bleibt ähnlich diplomatisch:„Für jüngere Interessen gäbe es auch bessere Kandidaten“. Schließlich sind die Jüngeren immer noch die Kern-Klientel der Jusos.

Der Umgang mit Jugendlichen lasse zu Wünschen übrig

Ein weiteres Anliegen für die neuen Düsseldorfer Juso-Vorsitzenden ist der Umgang mit Jugendlichen und Heranwachsenden in der Stadt. Zwar würden Jugendliche nicht pauschal diskriminiert, so Bitzer, dennoch hätten sie keinen leichten Stand. Milena Bergerhausen hat unterdessen bereits eine stadtpolitische Forderung parat: „Wir brauchen Orte für Jugendliche.“ Kinder hätten Spielplätze, damit sei ab 14 Jahren aber Schluss: „Und dann?“ – Deswegen bedürfe es mehr institutioneller Anlaufstellen, aber auch simpler Freiräume abseits der ewigen Skaterparks.

Bitzer erinnert dabei an die Diskussion um die Störgeräusch-Sender in der Altstadt, so etwas sei aus ihrer Sicht „ein No-Go“. Bergerhausen schlägt in die gleiche Kerbe: „Eine ganze Gruppe wird hier wegen ihres Alters kriminalisiert.“ Die Jusos sehen grundsätzlich „keine Notwendigkeit, Jugendliche aus der Altstadt zu vertreiben“. Überhaupt sei eine Taktik der Vertreibung nicht zielführend. Durch defensive Architektur oder die OSD-Präsenz wie am Worringer Platz würden Problematiken nur ausgelagert, nicht gelöst, teilweise verschärft, glaubt Hannah Marie Bitzer: „Man will die Menschen nur raushaben.“

Die neue Juso-Doppelspitze aber setzt auf Integration statt Segregation. Bei den Düsseldorfer Jusos sei nämlich jeder willkommen.