Düsseldorf. Probleme durch den Fachlehrermangel: Die Gewerkschaft GEW kann da nur den großen Einsatz der Lehrer loben, der aber teilweise zum Burnout führt.

Wenn über Lehrerinnen und Lehrer gelästert wird, ist das einzige Thema inzwischen die lange Ferienzeit. Geht es um die prekäre Situation an den (Düsseldorfer) Schulen wird dagegen meist direkt abgewunken und von Klagen auf hohem Niveau gesprochen. Der hohe Bedarf an Lehrkräften, der noch nicht einmal im Ansatz künftig gedeckt werden kann, sorgt aber besorgniserregend für eine Vielzahl an Problemen, die teilweise bis zum Burnout und Aufgabe des Jobs führen. Aus Sicht der GEW, die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, führt die enorme Belastung im Job dazu, dass weitere Lehrkräfte den gestiegenen Anforderungen nicht mehr gewachsen sind und zum Fachkräftemangel dadurch beitragen, dass sie kündigen, früher in Ruhestand gehen oder in eine andere Stadt wechseln, wo der Druck nicht so groß ist.

Zudem hat eine Entscheidung der Landespolitik weitreichende Folgen. Teilzeitkräfte, die keine kleinen Kinder haben, keinen Angehörigen pflegen müssen oder nicht behindert sind, werden demnächst unter dem Deckmantel des Lehrermangels gezwungen, in Vollzeit zu gehen. Das sei aus Sicht der der GEW mehr als ein Eigentor, weil viele Teilzeitkräfte sich dann einen anderen Job suchen oder ganz aufhören werden.

Lehrer der naturwissenschaftlichen Fächer fehlen an allen Schulen

An Gymnasien ist der Mangel an Kräften besonders im naturwissenschaftlichen Bereich groß. Teilweise wird Physik und Informatik überhaupt nicht, fachfremd oder nur noch von Seiteneinsteigern unterrichtet, weil es keine Fachlehrer in ausreichender Zahl gibt. Problem für diese Aushilfslehrer: sie haben keine planerische Sicherheit mehr, weil sie nur über Zeitverträge verfügen. „Dadurch kommt eine große Unruhe an den Schulen auf, auch weil ein angeblicher Überhang an Deutsch- oder Philosophie-Lehrkräften auch noch an andere Schulen abgeschoben werden“, erklärt Hanna Tuszynski, von der GEW-Fachgruppe Gymnasien, die selbst am Gerresheimer Gymnasium unterrichtet.

Kollegin Patricia Ollesch (Hauptschule Bernburger Straße) berichtet, dass an ihrer Schule nur noch ein ausgebildeter Mathe-Lehrer unterrichtet. Sie spricht von einem schwierigen Schüler-Klientel, für die es dann besonders schwierig ist, wenn keine ausgebildeten Lehrkräfte sondern Vertretungen diese Schülerinnen und Schüler unterrichten.

Teilzeit soll an den Schulen zurückgefahren werden

Bei der Erwachsenen-Bildung und am Berufskolleg besteht eher ein Lehrer-Überhang. Hier sollen die Teilzeit-Möglichkeiten eingeschränkt werden und zudem Lehrkräfte vermehrt an andere Schulformen abgeordnet werden. „Sechs Prozent aller Jugendlichen hat keinen Abschluss und könnte zu uns kommen“, erklärt Ulrike Rubröder, die für den Bereich der Erwachsenenbildung zuständig ist. „Aber die kommen bei uns nicht an, weil niemand für unsere Schulform wirbt.“

In den Förderschulen wachsen bei gleichzeitigem Lehrermangel die Schülerzahlen kontinuierlich an. Außerdem ergibt sich an diesen Bildungseinrichtungen eine immer größere Raumnot, und die Therapeuten haben keinen Ort mehr für eine notwendige Betreuung. Auch hier ist die Arbeit sehr intensiv, und viele Kräfte wollen einfach nicht mehr als eine halbe oder Dreiviertel-Stelle, um dem Druck standhalten zu können. „Wir haben an unserer Schule eine Stellenbesetzung von unter 90 Prozent“, sagt Daniela Drecker, die die Sonderpädagogischen Berufe bei der GEW vertritt und an der Franz-Marc-Schule arbeitet. „Es wäre eigentlich ein Stand von 110 Prozent besetzter Stellen ideal, damit man auch die krankheitsbedingten Ausfälle auffangen kann.“

Lehrer*innen „müssen“ auch die Klassenräume putzen

In den Grundschulen scheint die Situation noch belastender zu sein. Holger Thrien berichtet, dass an seiner Schule, an der Beckbuschstraße in Stockum, aktuell die Kolleginnen und Kollegen die Schule putzen. „Wenn jemand von den Lehrkräften die Fenster putzen möchte, schreite ich aber aus Sicherheitsbedenken ein“, sagt der Rektor der Grundschule, der meint, das letzte Mal seien die Fenster seiner Schule vor fünf oder sechs Jahren regulär gereinigt worden. Doch das ist nur ein kleines Problem, zeigt aber, womit sich die Lehrkräfte außerdem beschäftigen müssen. Auch an seiner Schule müssen sogar Vertretungskräfte und Seiteneinsteiger Klassenleitungen übernehmen, weil nicht genügend ausgebildete Grundschullehrer zur Verfügung stehen oder nicht unbedingt in Düsseldorf arbeiten wollen. Es gibt auch kein Lehramt-Studium an der Uni Düsseldorf mehr, so dass man immer wieder Kräfte aus anderen Unis wie Duisburg, Wuppertal und Köln gewinnen muss.

Dass man dann als Rektor Klassen zusammenlegen muss, kann nicht die Lösung sein. Die Qualität des Unterrichts leidet unter diesen ganzen Problemen. Die Stadt ist der Meinung, dass es in der Düsseldorf noch relativ gut um die Situation der Lehrer bestellt ist. Die Gewerkschaft ist da offensichtlich ganz anderer Meinung.

Das fordert die Gewerkschaft GEW

Der hohe Numerus Clausus – wie in Wuppertal mit 2.0 – ist kontraproduktiv für die Ausbildung als Grundschullehrerinnen und Lehrer. Zudem werden in der Grundschul-Ausbildung mathematische Fähigkeiten erwartet, die in den ersten vier Klassen überhaupt keine Rolle spielen. Die Zuweisung von Lehrern müsste schneller vonstatten gehen. Die Qualifizierungsmaßnahmen für Quereinsteiger müssten deutlich zielgerichteter sein, um einen hohen Standard zu garantieren. Die Aufhebung der voraussetzungslosen Teilzeit sollte gekippt werden, um Teilzeitkräfte nicht aus dem Schulbetrieb herauszuhebeln. Die Digitalisierung darf nicht auf dem Rücken des Lehrerkollegiums vorangetrieben werden. Fachkräfte aus der Informatik müssten da unterstützen.