Düsseldorf. Im Januar ermittelte eine Kommission zwölf belastete Straßennamen in Düsseldorf. Passiert ist nichts. Jetzt machen kamerunische Experten Druck.
Zwölf Düsseldorfer Straßen sollten umbenannt werden. Das schlug Ende Januar die Kommission für Straßennamen vor. Das Gremium hatte knapp zwei Jahre lang zu Straßennamen und den Biografien ihrer Namensgeber geforscht. Umbenannt wurde seitdem jedoch keine Straße. Eine Gruppe kamerunischer Germanisten und der Arbeitskreis „Düsseldorf Postkolonial“ üben nun Druck auf Oberbürgermeister Thomas Geisel aus.
„Bisher ist keine Umbenennung geplant. Das muss der Rat beschließen“, erklärt Benedikt Mauer, Leiter des Düsseldorfer Stadtarchivs. Er hat die Kommission mit Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte geleitet. Es sei möglich, dass die bisherige Untätigkeit des Rates der Corona-Krise geschuldet ist, sagt er.
Die kamerunischen Germanisten Albert Gouaffo, Richard Tsogang Fossi und Omer Tadaha machen in einem offenen Brief derweil Druck auf OB Geisel. Die Aufgabe der heutigen Generationen sei es, die Erblast der Geschichte des Kolonialismus zu entlarven und neue Wege für eine friedlichere Welt vorzuschlagen, schreiben sie. Die drei Wissenschaftler forschen seit 2016 in Düsseldorf zu kolonialen Verbindungen der Landeshauptstadt mit der Stadt Dschang in Kamerun. Das Land war von 1884 bis 1919 eine deutsche Kolonie.
Umbenennung von Straßennamen: Keine Antwort von OB Geisel
Für die Aufarbeitung der Vergangenheit gehöre „die Umbenennung von Straßen, die Kolonialverbrechern huldigen, ohne jeden Zweifel zu den wichtigsten staatlichen Wegen“, heißt es in dem Brief. „Die Aufarbeitung des Kolonialismus als Unrechtssystem kennt aus unserer Sicht weder Staatsangehörigkeit noch Rasse, sondern wird vom Humanitätsideal hergeleitet“, betonen die Autoren.
Bereits im März habe man OB Geisel einen Brief geschrieben, der – ebenso wie eine Intervieweinladung von Albert Gouaffo an den OB in 2016 – unbeantwortet geblieben sei. Im März habe man sich zu Julius von Soden, dem ersten deutschen Gouverneur der Kolonie Kamerun, geäußert. Dessen Name taucht im Kommissionsbericht als „historisch minderbelastet“ auf, womit keine Umbenennung für die Sodenstraße in Urdenbach empfohlen wurde.
Wichtiger Aspekt für den Ruf einer Stadt
Die Wissenschaftler beklagen die völlige Missachtung ihrer Stimmen seitens des OB, als „eines der schlimmsten Vermächtnisse der Kolonialgeschichte in der Gegenwart“. Immer wieder kritisieren afrikanischstämmige Menschen, dass sie in der Debatte um den Kolonialismus außen vor gelassen werden. „Wir könnten den Urdenbacher Bürgern berichten, wie Julius von Soden und Adolf Woermann in Kamerun gesehen werden, wer Rudolf Duala Manga Bell war und wie jährlich in Duala an seine Hinrichtung durch die deutsche Kolonialmacht am 8. August 1914 erinnert wird“, heißt es weiter im Brief.
Hintergrund: Besonders in Urdenbach hatten Anwohner gegen die Umbenennung von Straßen protestiert. „Die Sodenstraße in Limbe an der kamerunischen Küste und die Sodenfelsen wurden im übrigen längst umbenannt“, so die Germanisten. „Die Umbenennung einer Straße ist ein sehr wichtiger Aspekt für den Ruf einer Stadt, die sich als weltoffen bezeichnet“, heißt es weiter.
Fragen an die OB-Kandidaten
Der Arbeitskreis „Düsseldorf Postkolonial“ hat derweil die OB-Kandidaten zum Thema befragt. Gefragt wurde unter anderem, wie sie zur Umbenennung von Straßen stehen, die nach Kolonialisten benannt sind, ob sie Konzepte zur „Dekolonialisierung der Düsseldorfer Museen“ hätten und ob sie sich im Falle ihrer Wahl für koloniales Unrecht entschuldigen würden.
Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD), Stefan Engstfeld (Grüne), und Udo Bonn (Linke) haben darauf ausführlich geantwortet, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat Unterstützung für die Forderungen signalisiert. Keine Reaktion habe es von Stephan Keller (CDU) und Celine Coldewe (Klimaliste) gegeben.