Düsseldorf. Auch am Donnerstag kam es am Flughafen wieder zu langen Wartezeiten und Rangeleien unter Passagieren. Verdi-Sekretär Özay Tarim wütend.

Was sich in den vergangenen Tagen am Düsseldorfer Flughafen abspielte, lässt für abfliegende Passagiere Schlimmes erwarten für die Sommer-Reisezeit. Wie immer wieder seit Übernahme der Fluggastkontrolle durch das Unternehmen „Deutscher Schutz- und Wachdienst“ (DSW) im Juni 2020 kommt es zu Stoßzeiten zu chaotischen Zuständen mit extrem langen Wartezeiten vor den Sicherheitskontrollen – zuletzt wieder Mittwochnachmittag und am Donnerstag (12. Mai) seit 16 Uhr. Eine enorme Belastung für Fluggastkontrolleure, Passagiere und Fluggesellschaften.

Grund dafür sind personelle Fehlplanungen von DSW, immer wieder sind zu wenig Fluggastkontrolleure im Einsatz, die trotz Arbeit im Akkord die Menge abfliegender Fluggäste nicht bewältigen können. Seit Donnerstagnachmittag haben alle Flüge Verspätung. Vermutlich bewusst, damit möglichst viele in der Schlange stehenden Passagiere ihre Flüge erreichen. Unter den wartenden Passagieren kam es am Abend zu Auseinandersetzungen, Rangeleien und Rempeleien. Es gab Drängeleien, weil viele Angst hatten, ihre Flugzeuge zu verpassen. Das wiederum ließen sich andere Fluggäste nicht bieten. „Die Stimmung unter den Passagieren ist sehr gereizt“, sagte am Abend ein Mitarbeiter der Sicherheitskontrolle unserer Redaktion.

„Es wird so getan, man hätte alles im Griff“

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Das von der SPD geführte Bundesinnenministerium (BMI) als Dienstherr der Bundespolizei, in deren Auftrag DSW tätig ist, scheint keinen dringenden Handlungsbedarf am Düsseldorfer Flughafen zu sehen. Das geht aus Antworten auf eine Anfrage unserer Redaktion an das BMI hervor. Stattdessen beruft sich ein Ministeriumssprecher darauf, was alles schon getan wurde und dass am Flughafen „alle Prozesspartner um einen reibungslosen Ablauf der luftsicherheitsrelevanten Prozesse bemüht“ seien und eng zusammen arbeiten. Die Gewerkschaft Verdi ärgert diese Aussagen: „Es wird nur schön geredet, das ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten. Es wird so getan, man hätte alles im Griff.“ Gewerkschaftssekretär Özay Tarim wirft dem BMI vor, „die Tatsachen zu ignorieren“.

Entlastung durch frühere Schalter-Öffnung

Donnerstag, 17.45 Uhr am Flughafen Düsseldorf: Wartende Passagiere ,die durch die Sicherheitskontrollen müssen. DSW als verantwortliches Unternehmen schafft es nicht, die Kontrolle gemäß Vertrag durchzuführen.
Donnerstag, 17.45 Uhr am Flughafen Düsseldorf: Wartende Passagiere ,die durch die Sicherheitskontrollen müssen. DSW als verantwortliches Unternehmen schafft es nicht, die Kontrolle gemäß Vertrag durchzuführen. © Unbekannt | verdi

Laut Innenministerium seien vor allem in den Osterferien im April eine Vielzahl von Maßnahmen getroffen worden, um für den Osterreiseverkehr, der keine erheblichen Wartezeitereignisse aufwies, gewappnet zu sein: „Die Bundespolizei hat aktiv mit dem Flughafen und dem Sicherheitsdienstleister Maßnahmen getroffen, die die Passagiere auf die Kontrolle optimal vorbereiten sollte. Kommunikationsteams haben Passagiere angesprochen und Hinweise zur bevorstehenden Kontrolle gegeben.“ Durch gute Medienarbeit seien Fluggäste rechtzeitig am Flughafen und an der Sicherheitskontrolle erschienen. Auch die durch den Flughafen initiierte frühere Öffnung der Check-In-Schalter habe für Entlastung gesorgt.

Nach den Osterferien wieder Probleme

Tatsächlich lief es in den Osterferien relativ glatt. Doch danach kam es wieder zu den bekannten Problemen, DSW konnte teilweise nur die Hälfte des von der Bundespolizei angeforderten Personals stellen. Passagiere schlängelten sich hintereinander wartend durch die Check-In-Halle. Wartezeiten von 60 Minuten vor den Sicherheitsschleusen sind keine Seltenheit, verbunden mit der Angst, den Flieger zu verpassen.

Mitarbeiter von Flughafen und Polizei stehen oft vor den Menschenschlangen am Flughafen Düsseldorf, wie hier am 29. April, und können letztlich nicht helfen.
Mitarbeiter von Flughafen und Polizei stehen oft vor den Menschenschlangen am Flughafen Düsseldorf, wie hier am 29. April, und können letztlich nicht helfen. © Unbekannt | verdi

Tatsache ist: Sicherheitsdienstleister DSW erfüllt seine vertraglich vereinbarten Leistungen nicht. Ob es Konsequenzen gibt, sagt das BMI nicht: „Über detaillierte Vertragsinhalte, wie z.B. Qualitätsanforderungen oder Sanktionsmöglichkeiten wird keine Stellung genommen, zumal es beim vergangenen Osterreiseverkehr am Flughafen DUS zu keinerlei nennenswerten Wartezeitereignissen kam.“

Wie geht es im Sommer weiter?

Und wie soll’s im Sommer werden? „Das BMI und die Bundespolizei haben in Abstimmung mit dem örtlich beauftragten Sicherheitsdienstleister alle Maßnahmen getroffen, um im eigenen Verantwortungsbereich das bestehende hohe Luftsicherheitsniveau beizubehalten“. Das schließe auch Effizienzaspekte mit ein, die unter anderem Wartezeiten reduzieren können. Welche das sind, wurde nicht gesagt. Und dass „Effizienzaspekte“ nach den Osterferien nicht mehr gegriffen haben und es wieder zu langen Staus vor den Sicherheitskontrollen kam, wird vom BMI nicht thematisiert.

Warum der Einsatz eines zweiten Dienstleisters vom Tisch ist

Vom Tisch ist dagegen der geplante Einsatz eines zweiten Sicherheitsdienstleisters zur Entlastung des überforderten DSW – wegen der guten Erfahrung im April: „Im Lichte des Osterreiseverkehrs, der gut bewältigt werden konnte, wurde von einer vertraglichen Bindung eines zweiten Sicherheitsdienstleisters abgesehen.“

Dass sich auf politischen Druck etwas ändert, ist sehr unwahrscheinlich. Zwar setzt sich die SPD, dafür ein, die Aufgabe der Sicherheitskontrollen weg von Gewinn orientierten Firmen in staatliche Hände zu legen. Aber auf Frage unserer Redaktion, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) das Thema sieht, heißt es: „Der aktuelle Koalitionsvertrag der Regierungsparteien im Rahmen der 20. Legislaturperiode trifft keine Aussage zu einem Reformbedarf oder einer Umgestaltung der Luftsicherheitsstruktur.“

Für Verdi ist das „Flickschusterei“

Für Verdi-Mann Özay Tarim sind die vom BMI angeführten Maßnahmen „Flickschusterei“: „Man hangelt sich von einer Phase zur nächsten, ohne dass es Lösungen gibt. Dass man bereits über eine zweite Sicherheitsfirma nachgedacht hat, macht doch das Problem deutlich.“

Dass es vom Bundesinnenministerium kein Wort zu den Arbeitsbedingungen der Fluggastkontrolleure und die Arbeitsabläufe am Düsseldorfer Flughafen gibt, nervt Özay Tarim: „Uns ärgert, dass die politisch und fachlich verantwortlichen Auftraggeber nicht in der Lage sind, die Situation zu lösen oder mindestens abzumildern.“

Personal wird gesucht fürs Wochenende

Fakt ist: Die Situation wird sich so schnell nicht ändern, auch in den kommenden Wochen wird es lange Warteschlangen und damit chaotische Zustände vor den Sicherheitskontrollen geben. Nach Informationen unserer Redaktion sucht DSW Mitarbeiter, die am Wochenende auf einen freien Tag verzichten und stattdessen zur Arbeit kommen.