Dinslaken. Restaurants haben uns einen Blick hinter die Kulissen ihrer Küchen erlaubt - dazu gibt‘s ein Lieblingsrezept zum Nachkochen. Heute: Haus Hiesfeld.

Wer an den Feiertagen seine Familie mit einem Festessen beschert, weiß, dass Kochen nicht nur Kunst ist, sondern auch ganz schön stressig sein kann. Alles gleichzeitig, heiß und schön angerichtet auf einen Tisch zu bringen - was in der heimischen Küche Ausnahmezustand ist, ist in Restaurantküchen Alltag. Wir haben Gastronomen aus der Region gebeten, uns einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Wie funktioniert eine Profiküche? In den kommenden Wochen schauen wir in die Töpfe von Restaurantküchen in Dinslaken, Voerde und Hünxe und nehmen nicht nur gute Tipps mit – sondern präsentieren Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, auch das aktuelle Lieblingsrezept des jeweiligen Chefkochs. Los geht‘s mit Haus Hiesfeld.

Haus Hiesfeld ist ein historisches Gemäuer – eine Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert. Deswegen hat das Feinschmecker-Restaurant einen besonderen Charme: Es liegt direkt am Wasser, mit edlem Ambiente und Blick auf Rotbach und Wassermühle. Und es hat wohl deswegen auch einen besonderen Aufbau. Die Küche etwa, sagt Inhaber Adam Adamski, ist relativ klein. Dem 44-jährigen Dinslakener gehört auch das Restaurant ART in Wesel. Das habe zehn Plätze mehr – „aber die Küche ist zehnmal so groß“.

So funktioniert die Restaurantküche in Hiesfeld

In Haus Hiesfeld ist die Küche geformt wie ein U. Auf der einen Seite die Warmküche, in der die Hauptspeisen zubereitet werden. Auf der anderen die Kaltküche – für Vorbereitung, Desserts, Vorspeisen. Dazwischen an diesem Tag: Küchenchef Mohamed El Hamdaoui (57) und Marcel van Dreuten (36). „Jeder hat seine Station“, erklärt Adam Adamski. Wenn die Männer doch einmal im U aneinander vorbeimüssen, wird es kurz eng. Wer in einer Küche arbeitet, muss diszipliniert sein – und stressresistent. „Die Jungs sind echte Vollprofis“, lobt der Chef, arbeiten seit fünf Jahren zusammen. An Weihnachten etwa, wenn an zwei Tagen 400 Gäste kommen, „zaubern die richtig“. Dann stehen vier Köche am Grill, zwei helfen in der kalten Küche. Vorteil: Es gibt keine langen Wege. Insgesamt arbeiten zehn Menschen in Haus Hiesfeld. Die Hierarchien sind flach: Alle können alles.

Marcel van Dreuten kocht leidenschaftlich gern - beruflich wie privat. Hier brät er gerade die Ochsenbäckchen an.
Marcel van Dreuten kocht leidenschaftlich gern - beruflich wie privat. Hier brät er gerade die Ochsenbäckchen an. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Schon die Oma war Köchin

Er koche „aus Leidenschaft, schon von klein an“, erzählt Koch Marcel van Dreuten. Schon seine Großmutter sei Köchin gewesen: „Bei uns ist in jeder Generation ein Koch.“ Auch, wenn man den Beruf schon viele Jahre ausübe, „lernt man immer noch weiter“. Es gebe „immer neue Geschmäcker“ – oder Kollegen, wie Küchenchef El Hamdaoui, der aus seiner Heimat Marokko neue Ideen mitbringe. Dem 36-Jährigen rutschen ein paar Teller aus der Hand. Es klappert gehörig, Gäste drehen sich um. Weder van Dreuten noch seinen Kollegen bringt das aus der Ruhe. Das ist auch besser so, denn Mohamad El Hamdaoui trennt gerade mit einem sehr, sehr scharfen Messer Fett und Sehnen von einem Stück Fleisch. Ochsenbäckchen – das gibt es heute. Mit Portweinsauce, dazu Kartoffelpüree, Brokkoliröschen, Weißweinschaum. Ein Festessen, auch für Heiligabend – das Originalrezept finden Sie anbei.

So sieht das fertige Gericht aus: Ochsenbäckchen mit Portweinsauce, Brokkoli, Kartoffelpüree und Weißweinschaum.
So sieht das fertige Gericht aus: Ochsenbäckchen mit Portweinsauce, Brokkoli, Kartoffelpüree und Weißweinschaum. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Fett ist eigentlich Geschmacksträger, erklärt Marcel van Dreuten. Aber die Sehnen liegen darunter – und mit Sehnen schmeckt das Ochsenbäckchen „als würde man auf einen Reifen beißen“, so der Koch. Also muss beides ab. Der 36-Jährige schneidet schon einmal Porree für den Bratenfond und wäscht ihn dann, damit Sand und Erde überall verschwinden. Sein Tipp: „Gemüse, das geröstet wird, immer in walnussgroße Stücke schneiden.“ Es zischt im Hintergrund und duftet verführerisch: Die Ochsenbacken sind im Bräter gelandet. Später werden sie für mehrere Stunden in einem XXL-Topf geschmort.

Rezept: Ochsenbäckchen mit Portweinsauce

Zutaten Ochsenbäckchen: 4 Ochsenbacken, 100 g Tomatenmark, 1 große Möhre, 1/4 Knollensellerie, 1 Stange Porree, 500 ml Portwein, 2 Lorbeerblätter, Salz. Pfeffer.

Zubereitung: Ochsenbacken salzen und in einem Bräter mit Öl bei starker Hitze von beiden Seiten scharf anbraten. Währenddessen das Gemüse putzen und in Walnuss-Große-Stücke schneiden. Die Ochsenbacken aus dem Bräter nehmen und nun das Gemüse dort rösten, bis es schön braun ist. Dann das Tomatenmark dazu geben und mit rösten. Anschließend mit dem Portwein ablöschen und um ⅓ einreduzieren lassen.

Ochsenbacken und Lorbeer dazu geben, mit Wasser aufgießen und bei mittlerer Hitze 2 bis 3 Stunden schmoren. Die Ochsenbacken sind gar, wenn das Fleisch leicht von der Gabel rutscht. Ochsenbacken warm stellen und den Bratenfond durch ein Sieb gießen und zur Seite stellen.

Zutaten Portweinsauce: 3 rote Zwiebeln, 50 g Butter, 250 ml Portwein, Fond von den Ochsenbäckchen, brauner Zucker, Salz, Pfeffer, Kartoffelstärke.

Zubereitung: Die Zwiebeln schälen und in Streifen schneiden. Dann in der Butter glasig anbraten, mit Portwein und dem Bratenfond ablöschen und ein wenig einreduzieren lassen. Mit Salz, Pfeffer und braunem Zucker abschmecken. Anschließend mit Kartoffelstärke binden.

Haus Hiesfeld (Kirchstr. 125, Dinslaken, Tel. 02064/4375041) ist dienstags bis sonntags von 12 bis 23 Uhr geöffnet. Die Speisekarte und wechselnde Wochenkarten sind online auf https://www.haushiesfeld.de/ zu sehen. Das Restaurant ist auch auf Facebook und Instagram. Es wurde in diesem Jahr mit dem Diner’s Choice Award 2024 von OpenTable ausgezeichnet. Im Restaurant kosten die Ochsenbäckchen mit Portweinsauce 26,90 Euro.

Vorbereitung ist „das A und O“

So viel Zeit nehmen sich die beiden Köche nur für die NRZ. Im Alltag ist Vorbereitung „das A und O“, sagt Adamski. Was an Qualität nicht verliert, wird morgens erledigt: Gemüse wird geschnibbelt und in Behältern, der sogenannten Saladette bereitgestellt, Fleisch wird pariert und vakuumiert. Der Brokkoli für die Ochsenbäckchen wird blanchiert und bleibt dadurch lecker grün – und wird dann bei Bedarf in Wasser gewärmt. Bedingt durch die eher kleine Küche wird im Haus Hiesfeld aber einiges per Hand gemacht, was anderswo oftmals automatisiert ist. So gibt es etwa aus Platzgründen kein Sous-Vide-Becken. Vakuumgaren bei Niedrigtemperatur – das macht das Küchenteam in Haus Hiesfeld wie früher. Im Kessel.

Der Porree für den Bratenfond wird walnussgroß geschnitten und geröstet.
Der Porree für den Bratenfond wird walnussgroß geschnitten und geröstet. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

„Sie können hier nicht abends anfangen, Klein-Klein zu schnibbeln, wie man das privat gerne macht“, erklärt Adamski: „Sonst würde man in der Küche für ein Gericht zwei, drei Stunden brauchen, diese Zeit haben die Gäste nicht.“ Im Alltag sollte die Vorspeise in 15 Minuten auf dem Tisch stehen. Die Hauptspeise werde erst danach abgerufen - damit nicht Vor- und Hauptgang gleichzeitig auf dem Tisch stehen. „Wenn die Gäste in mein Wohnzimmer kommen, sollen sie den Abend auch genießen können“, findet Adamski.

Das Fleisch ist gar, wenn es von der Gabel rutscht, sagen die Profiköche.
Das Fleisch ist gar, wenn es von der Gabel rutscht, sagen die Profiköche. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Wenn die Ochsenbäckchen beim Einstechen von der Gabel rutschen, sind sie fertig, erklärt Marcel van Dreuten, während er das fertige Gericht auf einem Teller anrichtet: Ein Bild von einer Mahlzeit, garniert mit Weißweinschaum und dekorativen Erbsensprossen on top. „Die Teller sind alle durchgeplant“, sagt Adam Adamski. Die Gerichte werden von der Küche entworfen, dann essen alle, auch der Service, Probe. Dann wird die Anrichte festgelegt. Warum die so wichtig ist? „Sie bekommen den Teller präsentiert – und die Optik ist das erste, was Sie sehen“, erklärt Adamski. Wenn das Auge „keine Lust darauf“ habe, helfe auch ein perfekter Geschmack nicht.

Mohamed El Hamdaoui salzt das Fleisch.
Mohamed El Hamdaoui salzt das Fleisch. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Beim Anrichten der Gerichte im Restaurant können die Gäste übrigens zusehen – ebenso wie beim Kochen. Die Küche ist offen – das „ist das Schöne“, findet Adam Adamski: „Man kann nichts verbergen.“ Auch das ist eine Besonderheit des alten Wasserschlosses.