Voerde. Als das Wohnhaus in Möllen brannte, hat Familie Göklü ihr Zuhause verloren. Seitdem erlebt sie eine wahre Odyssee. Und fühlt sich alleingelassen.

Es waren dramatische Szenen, die sich am frühen Morgen des 28. Oktober in Möllen abspielten. Als das Wohnhaus an der Ecke von Königsberger Straße und Schlesierstraße in Brand geriet, waren damit auch die Bewohner in Gefahr. Darunter auch Melanie Göklü, ihre sieben Jahre alte Tochter und ihr zehnjähriger Sohn. „Wir wurden durch Schreie von der Straße geweckt“, erinnert sich Melanie Göklü. In der Mietwohnung, in der die Familie seit einem Jahr wohnte, gab es keine Brandmelder.

„Als wir aufwachten war schon alles voller Rauch“, berichtet sie. Im Halbschlaf habe sie die Wohnung mit nassen Handtüchern gegen den Rauch abgedeckt. Sie und ihre beiden Kinder wurden von der Feuerwehr über eine Drehleiter gerettet. „Zum Glück konnten wir einige Dinge aus der Wohnung retten“, sagt sie. Seit dem Brand wohnt sie mit ihren beiden Kindern und ihrem Mann bei ihrer ältesten Tochter in Lohberg. „Die Kinder fühlen sich zwar wohl hier, aber wir können hier nicht monatelang bleiben“, sagt Melanie Göklü.

Brandbetroffene müssen Unterbringung nicht zahlen

Ob der Familie eine andere Wahl bleibt, ist allerdings fraglich. „Die Stadt Voerde hat sich nur darum gekümmert, dass die Menschen untergebracht werden. Für die Bezahlung der Unterkunft ist sie allerdings nicht zuständig“, sagt Melanie Göklü. Das sei ein Schock für einige ihrer früheren Nachbarn gewesen, die nach dem Brand im Hotel Niederrhein untergekommen waren.

Hier kann Voerdes Bürgermeister Dirk Haarmann beruhigen: „Die Hotelrechnung wird direkt von der Stadt beglichen, so dass die Betroffenen nicht herangezogen werden“, erklärt er auf Anfrage der Redaktion. „Die Stadt fordert die Beträge dann vom Vermieter zurück. In der Regel übernimmt dessen Versicherung diese Kosten.“ Es müsse sich also keiner der Betroffenen Sorgen machen, hier zur Kasse gebeten zu werden. Die im Hotel Niederrhein untergekommenen Opfer des Brandes waren übrigens aus dem Hotel ausgezogen, ohne sich noch einmal bei der Verwaltung zu melden. „Insofern gehen wir davon aus, dass sie inzwischen anderweitig unterkommen konnten“, erklärt Dirk Haarmann. Wie der Stadtpressesprecher Thorben Lucht schon am Tag des Brandes erklärt hatte, sei der Vermieter generell für die Unterbringung der Geschädigten verantwortlich.

Das Wohnhaus war nach dem Brand stark beschädigt. Anscheinend funktionieren bis heute weder Heizung noch Stromanschluss.  
Das Wohnhaus war nach dem Brand stark beschädigt. Anscheinend funktionieren bis heute weder Heizung noch Stromanschluss.   © NRZ | Florian Langhoff

Odyssee von einer Stelle zur nächsten

Klingt nach einer einfachen Regelung. Für Familie Göklü ist das allerdings mittlerweile eine einzige Odyssee. „Wir werden von einer Stelle zur nächsten geschickt“, sagt Melanie Göklü. Vermieter, Hausverwalter, Versicherung  – niemand würde sich zuständig fühlen. „Laut der Versicherung ist unsere Wohnung bewohnbar“, sagt die Mutter. „Allerdings gibt es keine Heizung und keinen Strom. Wie soll man denn da wohnen?“, fragt sie. Für sie ist besonders schlimm, dass niemand für die Familie erreichbar ist, dass es eine Unsicherheit gibt, die man nicht überwinden kann. „Wir wissen auch nicht, was mit unserer Wohnung passiert, ob da Arbeiten laufen, ob wir nochmal da rein können“, sagt sie.

„Laut der Versicherung ist unsere Wohnung bewohnbar. Allerdings gibt es keine Heizung und keinen Strom. Wie soll man denn da wohnen?“

Melanie Göklü
Die zweifache Mutter fühlt sich nach dem Brand in Möllen hilflos.

Am liebsten würden sie, ihr Mann und ihre Kinder das Kapitel des Wohnens in dem Haus hinter sich lassen. „Wir haben versucht, aus unserem Mietvertrag rauszukommen“, berichtet sie. Keine Chance. Sie müssten die drei Monate Kündigungsfrist für ihre Wohnung einhalten. Zuerst wollte der Vermieter auch noch die Miete von der Familie haben, obwohl die Wohnung nicht nutzbar ist, berichtet Melanie Göklü. „Wir haben gesagt, wir zahlen keinen Cent“, sagt sie. Von der Forderung sei der Vermieter mittlerweile abgerückt.

Auf der Suche nach einem neuen Zuhause

Stattdessen ist die Familie nun auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Am liebsten natürlich in Möllen. „Wir sind Möllener, wir haben hier unsere Freunde und Familie“, sagt Melanie Göklü. Die Kinder gehen in Möllen und Voerde zur Schule, müssen gerade immer aus Lohberg in die Stadt gefahren werden. „Das ist für uns ein ziemlicher Aufwand“, sagt die Mutter. Unterstützung gebe es durch den Arbeitgeber ihres Mannes. Der habe sogar eine Wohnung angeboten – allerdings in Duisburg. „Das bringt uns leider nichts“, sagt Melanie Göklü. Denn schließlich ist die Familie im Voerder Ortsteil fest verwurzelt.

„Wir wollen einfach wieder ein Zuhause haben.“

Melanie Göklü
Die Bewohnerin des vom Brand in Möllen betroffenen Hauses sucht mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern nach einer neuen Bleibe.

Andere Bewohner des vom Brand betroffenen Hauses geht es ähnlich. Eine weitere Familie, die ebenfalls mit zwei Kindern im Haus wohnte, ist auch auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Einer der Nachbarn hatte wohl mehr Glück und hat eine neue Wohnung in Dinslaken gefunden, berichtet Melanie Göklü. Für eine Familie mit zwei Kindern ist das allerdings keine leichte Aufgabe. Man habe schon bei Vivawest nachgefragt, aber dort kein Glück gehabt. „Wir wollen einfach wieder ein Zuhause haben“, sagt Melanie Göklü.

Momentan fühlt sich die Familie allerdings etwas alleine gelassen. Von der Stadt, vom Vermieter, von Versicherungen. Die Lichtblicke sind die Unterstützung durch den Arbeitgeber des Mannes und durch die muslimische Gemeinde in Möllen. Und durch zahlreiche Freunde und Nachbarn, die ebenfalls Hilfe angeboten haben. Wann die Familie wieder ein eigenes Heim hat, bleibt aber weiter ungewiss.