Dinslaken. Die Dinslakener Lichtburg zeigte den Film „Im Land der Wölfe“: In welchem Fall sich Jos de Bruin bei der Diskussion für eine Entnahme aussprach.
Der Wolf – nicht bei allen Menschen ist er gelitten. Seinetwegen kochen die Emotionen hoch, an ihm scheiden sich die Geister – vor allem, wenn er Nutztiere reißt. Die Lichtburg zeigte den knapp zweistündigen Dokumentationsfilm „Im Land der Wölfe“. Dazu baten Heike Grießer (Kino), Adnan Köse (Dinslakener Regisseur und bekennender Wolfsliebhaber) sowie Jos de Bruin (niederländischer Wolfsexperte) zu einer anschließenden Podiumsdiskussion.
Nicht einfach zu verdauen war der Film, der eindrücklich die Wiederkehr der eigentlich seit 100 Jahren ausgerotteten Wölfe in Deutschland zeigt. Es kommen Wissenschaftler und Wolfskenner sowie Wolfsgegner zu Wort und manch ein politischer Scharfmacher entlarvt sich selber. Dennoch gibt es auch andere Stimmen, Stimmen der Vernunft, die eine Koexistenz zwischen Mensch und Wolf anstreben. Auch und vor allem hauptberufliche Schafszüchter sind es, die durchaus für dieses Nebeneinander sprechen.
Problemwolf: Attacke auf Kind in den Niederlanden
Wer im Anschluss der Filmvorführung eine hitzige Diskussion erwartete, sah sich enttäuscht. Was wohl daran lag, dass hauptsächlich Wolfsbefürworter im Saal waren. Und so stand nicht nur Jos de Bruin – Adnan Köse fungierte als Moderator – sondern auch Peter Malzbender, Nabu Kreis Wesel, Martin Frenk, Nabu Kreis Borken, und Eckhard Schwedhelm, seit Mitte der 70er Jahre Wolfsfreund, auf dem Podium. Sie alle stellten sich den Fragen der Besucher.
Da ging es um die Frage, warum anfangs nur Zäune für den Schutz der Herden bezahlt wurden? Warum erst jetzt Herdenhunde im Gespräch seien? Warum Wölfe gleich mehrere Schafe töteten, ohne sie zu fressen? Auch um menschliches Verhalten in puncto Wolfe ging es. Wie es bei einer Begegnung sei, wie verhalte man sich richtig? Wie es mit der Angst vor dem Wolf stehe. Und letztendlich ging es auch um die Frage, was Problemwölfe seien und wie das mit der Entnahme gelingen soll? Natürlich wurde dabei auch die kürzlich in den Niederlanden vorgefallene „Attacke“ auf ein Kind behandelt.
Letztere Frage konnte Jos de Bruin beantworten, denn „ich kenne diesen Wolf“. Mit zwei weiteren Geschwistern sei dieser Wolf aufgewachsen – und von Fotografen angefüttert worden für schöne Fotos. So hätten diese Welpen die Scheu vor dem Menschen verloren. Jener Wolf nun hätte sein Revier abgesteckt, indem er lebt. „Er hat vor kurzer Zeit auch einen Pudel totgebissen“, berichtet Jos de Bruin. „Nur stand nirgendwo zu lesen, dass der Hundebesitzer seinen Pudel zur Wolfshöhle geführt hat. Und auch die Kinder sind von Erwachsenen dorthin geführt worden. Da wehrt sich ein Wolf natürlich, vor allem einer, der die Scheu vor dem Menschen verloren hat.“
Übrigens, so erzählt er weiter, hätte das Kind lediglich Hautabschürfungen vom Sturz vorgewiesen, Bissspuren seien nicht nachgewiesen. Dennoch stimme auch er zur Entnahme dieses Wolfes zu, der von Menschen zu einem Problemwolf herangezogen worden sei. Doch Vorsicht sei geboten, in Niedersachsen seien sieben „falsche“ Wölfe getötet worden, der Problemwolf liefe immer noch frei herum.
Wie werden Wölfe von Nutztieren ferngehalten?
Gloria beispielsweise, würde sich anders verhalten, sagt er. Sie ginge durchaus den Menschen aus dem Weg, anders als so manche Welpen, die sich spielerisch in die Nähe der Menschen, die übrigens nicht auf dem Speiseplan der Wölfe stünden, aufhielten. Laute Rufe würden sie aber schnell verscheuchen. Überhaupt solle man bei einer der seltenen Begegnungen mit dem scheuen Tier nicht in Panik geraten oder gar wegrennen, sondern aufgerichtet stehen bleiben und gegebenfalls sie anschreien. Er ginge durch manche Ecken der Wälder laut redend – nicht nur wegen der Wölfe sondern vor allem wegen der Wildschweine, die auch nicht immer nett auf menschlichen Besuch reagierten.
Wie aber halte ich Wölfe von Nutztieren fern? Hier sind sich alle Experten einig – da gehe nur durch mit Strom gespeisten Zäunen und mit gut ausgebildeten Herdenhunden. Peter Malzbender verweist auf zwei hauptberufliche Schafhalter, die inzwischen Herdenhunde nicht nur halten sondern sogar züchten. Hier wäre nichts mehr über Schafsrisse bekannt. Doch jetzt würden sich die Menschen in deren Umgebung über das Bellen der Hunde des Nachts beschweren.
Sowohl Martin Frenk als auch Peter Malzbender sehen die Politik gefordert. Diese müsste endlich mehr Geld in die Hand nehmen, um den Sorgen und Nöten der hauptberuflichen Schafzüchter ernst zu nehmen und sie auch für die Mehrarbeit, die durch den Herdenschutz entstehe, zu entschädigen. „Sie stehen finanziell am untersten Ende in der Landwirtschaft“, so Martin Frenk
Nabu-Chef: Die meisten Zäune sind unzureichend
Überhaupt seien nicht sie das Problem sondern die Hobbyhalter. Hier wird Peter Malzbender ein wenig ungehalten: „Wer aus Hobby Tiere hält, sollte sich auch um sie kümmern. Sie haben eine Versorgungspflicht und können ihr Hobby nicht finanziell auf die Allgemeinheit abschieben.“ Noch immer seien die Mehrzahl der Zäune unzureichend, der Schutz der Tiere nicht wirklich gut gegeben. Und sei der Wolf erst einmal innerhalb der Umzäunung, dann reiße er alles was wegläuft. Das sei in der freien Wildbahn anders. Dort reiße er nur Wild zum Verzehr für sich und sein Rudel. Im Übrigen verhielten sich Marder oder Füchse im Hühnerstall nicht anders.
Gloria sei verschwunden, meinte eine Besucherin. Jos de Bruin widersprach. Es sei durchaus üblich, dass manche Wölfe über einen gewissen Zeitraum nicht mehr gesehen werden, dass sich Jungwölfe von ihren Familien verabschiedeten und sich eigene Reviere suchten – doch Gloria sei immer noch hier.