Dinslaken. Seit 2019 arbeiten Dinslakener im EU-Projekt „Active Citizens“ an Formen der Bürgerbeteiligung. Aber plötzlich plant die Stadt etwas Anderes.
Seit vier Jahren engagieren sich Dinslakener Bürger im Auftrag der Stadt und des Stadtrats für das von der EU geförderte URBACT-Projekt „Active Citizens“. Gemeinsam mit sieben weiteren europäischen Städten unter der Federführung der französischen Partnerstadt Agen soll das Dinslakener Team Formen der Bürgerbeteiligung in kleinen und mittleren Städten definieren. Bis 2027 sollen die Bürger über die Möglichkeiten des Mitredens und Mitbestimmens informiert sein, so sieht es die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Dinslaken vor. Nun sieht es so aus, als wolle die Stadt das Programm nicht fortführen.
Neben Dinslaken und Agen sind Bistrita (Rumänien), Cento (Italien), Hradec Kralove (Tschechien), Santa Maria da Feira (Portugal), Saint Quentin (Frankreich) und Tartu (Estland) an den „Active Citizens“ beteiligt. Das Projekt ist eines von 23 Aktionsplanungs-Netzwerken, die im Rahmen des URBACT-Programms von der Europäischen Gemeinschaft gefördert werden. In Dinslaken arbeiten 15 Bürger an dem Projekt, das im Sommer 2022 in der Erstellung eines Integrierten Aktionsplans mündete.
Abschlussbericht wartet seit einem Jahr auf Umsetzung
Dieser Abschlussbericht umfasst zwölf konkrete Maßnahmen zur Entwicklung einer Beteiligungsstruktur für Bürgerinnen und Bürger. In anderen beteiligten Kommunen sei der jeweilige Aktionsplan abgesegnet worden, heißt es aus Kreisen der 15 Dinslakener Active Citizens. In Dinslaken haben die Grünen im September 2022 beantragt, sich der Fortsetzung des Programms anzuschließen. Dazu erklärte die Stadtverwaltung, dass sich die Beteiligten in Dinslaken zwar „sehr arbeitsintensiv“ in das Projekt eingebracht hätten.
Da das Projekt aber „bisher ein großes Maß an Personalkapazitäten innerhalb der Stadtverwaltung gebunden hat, sollte zunächst die Evaluation“ abgewartet werden. Der Antrag wurde in die nächste Sitzungsfolge verschoben – wo er aber nicht auftauchte. Wenige Monate später beantragte die CDU unter dem Titel „Echte Bürgerbeteiligung“ die Einführung von „Bürgerräten“, deren Mitglieder ausgelost werden und die unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen sollen. Auch dieses Thema wurde geschoben.
Was die Verwaltung nun plant
Nun steht der CDU-Antrag auf der Tagesordnung des Ausschusses für Bürger*innenbeteiligung, öffentliche Ordnung und Sicherheit. „Die Verwaltung begrüßt den Vorstoß, ein einheitliches Verfahren für eine verbindliche Bürgerbeteiligung in Dinslaken zu entwickeln und dieses nachhaltig in die Dinslakener Stadtgesellschaft zu implementieren,“ heißt es da. Der Rat habe im Juni 2022 die Erstellung eines sozialpolitischen Leitbildes beschlossen, „welches zu einer gestärkten und verbesserten Kommunikation zwischen den Ebenen von Verwaltung, Politik und Bürgerschaft beitragen soll“. Die Stadt will nun in diesem Rahmen „gemeinsam mit allen tragenden Säulen der Stadtgesellschaft (Bürger*innen, Engagierte,Träger der Wohlfahrtspflege, Politik und Verwaltung) ein Format für eine zukünftige Bürgerbeteiligung“ erarbeiten. So könne eine „Fachgruppe Bürgerbeteiligung“ eingerichtet werden. Und, so heißt es im letzten Satz: „In den Prozess sollen auch die Erkenntnisse des URBAC-Projektes einfließen, in dem das Thema der Bürgerbeteiligung im Fokus stand“.
Grüne und SPD stellen Antrag
Grüne und SPD pochen nun in einem Antrag auf die Umsetzung des Integrierten Aktionsplans der Urbact-Active Citizens. Nach der Vorstellung des Abschlussberichts in den politischen Fachausschüssen sei „nicht mehr viel passiert“, so Niklas Graf, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Die Co-Parteivorsitzende der SPD, Kristina Grafen: „Wir wünschen uns nicht nur eine Information der Politik, sondern auch eine dauerhafte Verankerung innerhalb der Verwaltung.“
Gleichzeitig soll die Stadt Dinslaken dem bundesweiten „Netzwerk Bürgerbeteiligung“ beitreten und sich einer Regionalgruppe des Netzwerks anschließen. Die örtliche Arbeitsgruppe der „Active Citizens“ soll zunächst bis Ende 2025 das Mandat erhalten, angedockt an den Agenda-Rat, die Umsetzung des Integrierten Aktionsplans fachlich zu begleiten.
Eine Stellungnahme der Stadt Dinslaken auch zur Frage, ob im Fall einer Aufgabe des Projekts Fördermittel zurückgezahlt werden müssen, war bis Redaktionsschluss nicht zu bekommen.