Voerde. Für gewöhnlich reisen zum Tulpensonntagszug in Voerde viele mit der Bahn an. Doch die Strecke ist ausgerechnet an dem Tag voll gesperrt.
Die Jecken, die sich für gewöhnlich mit der Bahn auf den Weg zum Karnevalszug in Voerde machen – und das sind nicht wenige – bleiben in diesem Jahr im wahrsten Wortsinn auf der Strecke. Denn: Die Betuwe-Linie zwischen Emmerich und Oberhausen ist just auch am Tulpensonntag voll gesperrt – an dem Tag also, der traditionell Tausende Närrinnen und Narren aus der Stadt und der Umgebung nach Voerde lockt. Grund sind Arbeiten im Rahmen des dreigleisigen Ausbaus der Bahnstrecke. Beim 1. Voerder Karnevalsverein (VKV), Veranstalter des Lindwurms, und dessen Besuchern stößt der Umstand, dass der Zug als öffentliches Verkehrsmittel in diesem Jahr ausgerechnet am Tulpensonntag wegfällt, naturgemäß auf wenig Verständnis. Martin Scholz quittiert dies mit Kopfschütteln: „Das kann man keinem Rheinländer erklären“, meint der Vorsitzende des VKV.
Die Deutsche Bahn (DB) lässt die närrische Sicht der Dinge – wenig überraschend – eher ungerührt. Wo immer möglich, werde im Rahmen der Sperrpausenplanung versucht, „auf regionale Veranstaltungen Rücksicht zu nehmen“, erklärt eine Sprecherin des Verkehrsunternehmens auf NRZ-Anfrage. Doch leider sei das in diesem Fall nicht möglich gewesen. Bei den zahlreichen Modernisierungs- und Ausbauprojekte der Bahn könnten viele der Bauarbeiten „,unter rollendem Rad’ und damit ohne Beeinflussung des Zugverkehrs stattfinden. Um die umfangreichen Baumaßnahmen schnellstmöglich umsetzen zu können, sind jedoch auch immer wieder Sperrungen der jeweiligen Strecken nötig“, führt die Bahnsprecherin weiter aus.
Die Planung der sogenannten Sperrpausen sei dabei sehr komplex und beginne bereits mehrere Jahre vor den eigentlichen Bauarbeiten. Die Fachleute der DB stünden dabei vor der Herausforderung, „die Sperrzeiten für die zahlreichen Projekte in der gesamten Bundesrepublik zu planen und abzustimmen“. Faktoren wie Sperrzeitenlänge, Abstimmungen mit den betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen, Bauarbeiten im benachbarten Ausland sowie der Gesamtzusammenhang aller Sperrzeiten in der Bundesrepublik spielten dabei unter anderem eine wichtige Rolle. Der Umfang der aktuellen Sperrung zwischen Emmerich und Oberhausen stehe bereits seit drei Jahren fest, betont die Bahnsprecherin.
Ihr zufolge bündelt das DB-Projektteam seit dem 10. Februar und noch bis zum 24. Februar für den dreigleisigen Ausbau der Betuwe-Strecke „eine Vielzahl an Bauarbeiten“. Auf dem umfangreichen Bauprogramm stünden diesmal vor allem Kampfmittelsondierungen, Vegetationsarbeiten, Verlegearbeiten sowie Brückenarbeiten. Am kommenden Wochenende fänden im Bereich zwischen Dinslaken und Voerde neben Kampfmittelsondierungen und Rammarbeiten auch wichtige Arbeiten an der Oberleitungsanlage statt. Die Fachleute „führen in Tag- und Nachtschichten Gründungsarbeiten durch“. Im Anschluss werde das sogenannte Kettenwerk auf mehr als 5.000 Metern ausgetauscht.
Die Stadt erklärt, die Problematik der Streckenvollsperrung just am Tag des Tulpensonntagszuges in Voerde „selbstverständlich“ mit der Deutschen Bahn besprochen und auf die Veranstaltung hingewiesen zu haben. „Die bereits auf Jahre festgelegten Vollsperrungen der Bahnlinie sind allerdings das Grundgerüst der baulichen Umsetzung der Maßnahmen und sämtliche Planungen und vor allem Ausführungen sind darauf abgestimmt“, konstatiert Miriam Gruschka, Pressesprecherin der Kommune. Immerhin erfolgten am Tulpensonntag keine Bauarbeiten, die der Nutzung der Steinstraße und der Bahnhofstraße entgegen stünden: „Demzufolge ist es überhaupt möglich, dass der Umzug auch die Steinstraße passieren kann“, sagt Gruschka.
Die Sprecherin der Stadt und die der Bahn verweisen auf den am Tulpensonntag eingerichteten Schienenersatzverkehr. Also im Bus voller Mit-Närrinnen und -narren auf nach Voerde zum Karnevalszug – da dürfte es hier und da, zumal, wenn mit Bollerwagen im Schlepptau, mächtig eng werden… Womöglich machen sich Jecke mit Kindern vermehrt per Pkw auf den Weg. Ob die Stadt angesichts dessen ein Verkehrschaos befürchtet, ob sie Empfehlungen zum Parken hat und ob es Überlegungen gab, unabhängig vom Schienenersatzverkehr zusätzliche Busse fahren zu lassen, dazu war am Mittwoch bis zum frühen Abend keine Antwort aus dem Rathaus zu bekommen.
>>Info: Zeiten und Abfahrtspläne
Unter der Woche, in dieser Woche noch bis Freitagabend, 17. Februar, sowie vom 20. bis 24. Februar, ist die Strecke Emmerich-Oberhausen eingleisig befahrbar. Am Wochenende 10. bis 12. Februar war sie voll gesperrt – das gleiche gilt für das kommende Wochenende (17. bis 19. Februar).
Informationen zum Schienenersatzverkehr finden sich im Internet unter https://www.zuginfo.nrw/?msg=80797. Dort werden auch die Abfahrtspläne zum Herunterladen angeboten: etwa unter https://www.zuginfo.nrw/download/1674733066173_Fahrplan1.pdf.