Voerde. Deichgräf Ingo Hülser sieht die Situation am Rhein derzeit gelassen. Aus anderer Sicht freut er sich über den Dauerregen der vergangenen Tage.
Der Regen prasselt gleichmäßig vom grauen Himmel herab, der Wind zerrt an Kleidung und Schirm – bei diesem trüben Wetter jagt man bekanntlich noch nicht einmal einen (See-)Hund vor die Tür. Nicht verwunderlich, dass am Samstagmittag niemand in Götterswickerhamm am Rhein unterwegs ist, um sich den aktuellen Stand des Hochwassers anzusehen oder nach der Robbe Ausschau zu halten, die im Rhein zwischen Duisburg und Wesel geschwommen ist und auch in Götterswickerhamm gesichtet wurde. Ab und an kommen Containerschiffe vorbei – sie sind die einzigen, die auf dem Rhein, der sich in seinem Flussbett schon breit gemacht hat, unterwegs sind. Das Wasser hat bereits die Uferböschung des Treidelpfades erreicht. Zwischen dem Schild mit der Aufschrift „Stadt Voerde“, das an dem Anleger angebracht ist, und der Wasseroberfläche ist aber noch ein wenig Luft.
Für Deichgräf Ingo Hülser vom Deichverband Mehrum noch kein Grund zur Beunruhigung. Er hat den Wetterbericht und den Pegelstand Ruhrort – der für Voerde relevant ist – stets im Blick. Die vierzehntägige Prognose sieht mit der aktuellsten Berechnung vom Freitag den Scheitel der kleinen Hochwasserwelle zwischen dem kommenden Mittwoch und dem Donnerstag.
Deichgräf schaut derzeit einmal in der Woche an den Deichanlagen nach dem Rechten
Am Samstagmittag hatte der Pegel in Ruhrort einen Stand von 6,88 Meter, der in Wesel lag bei etwa 6,50 Meter, wie Ingo Hülser berichtet – die Werte lagen also noch deutlich unter der Hochwassermarke 1, die 9,30 Meter beträgt. Das heißt, Voerde befand sich nicht in einer Warnstufe, die Kontrollen und häufigere Deichbegehungen nötig machen würden. „Die Lage ist im Moment tatsächlich noch entspannt“, sagt Ingo Hülser im Gespräch mit der NRZ.
Der Deichgräf kann auch deshalb so gelassen sein, weil die Prognosen ab Mitte der Woche ruhigeres Wetter vorhersagen. Momentan schaut Ingo Hülser einmal in der Woche an den Deichanlagen nach dem Rechten. Die Robbe hat er dabei noch nicht zu Gesicht bekommen, auch wenn er „interessiert aufs Wasser“ schaut. Selbst wenn sich die Lage ändern würde – etwa durch ein neues Tief, wärmere Luft oder Schneeschmelze in den Alpen – wäre der Deichverband gut vorbereitet, versichert der Deichgräf. Doch nicht nur in dieser Rolle ist Hülser momentan entspannt: Als Landwirt freut er sich über den Regen, denn: „Man weiß nicht, wie der Sommer wird.“
Die Natur habe noch ein deutliches Niederschlagsdefizit, das sie momentan aufhole. In den tieferen Schichten ab 40 Zentimetern seien die Böden noch trocken. Daher sei der Regen im Moment gut und nicht nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch im vergangenen Jahr hätten die Landwirte im Frühjahr und Sommer vom Regen des Winters profitiert, erzählt Ingo Hülser.
Man merke schon, dass sich die Mengen der Niederschläge in den letzten Jahren zwar ähneln, aber ungleichmäßig verteilt seien: Viel Regen im Winter, wenig Regen im Sommer. „Das macht es für die Natur und die Landwirtschaft schwer“, erklärt Ingo Hülser. Sein Wunsch: Gleichmäßiger Regen bis ins Frühjahr hinein – natürlich mit Schönwetter-Phasen.