Voerde. Nach zweimaliger coronabedingter Absage rollte wieder der Tulpensonntagszug durch Voerde – sehr zur Freude der kleinen und großen Narren.
Schon um halb elf Uhr sah man am Sonntagvormittag bunt und fantasievoll kostümierte Jecken durch den Wohnungswald radeln oder laufen. Ihr Ziel: der Tulpensonntagszug in Voerde, der nach zweimaliger coronabedingter Absage in diesem Jahr wieder stattfinden konnte – sehr zur Freude der Narren, die zahlreich die Straßen entlang der Zugstrecke säumten. Plüschige Kostüme wie Pandabär, Krokodil, Schildkröte, Leopard oder Biene wärmten die Jecken und standen neben Bienen, Erdbeeren und farbenfrohen Schmetterlingen. Tierisch gut war auch die Stimmung: Vorfreude und Spannung lagen am Anfang der Zugstrecke entlang der Bahnhofstraße in der Luft.
Hier standen traditionell viele Familien. Darunter Nadine Röder mit ihrem Nachwuchs. Früher war sie als Jugendliche beim Voerder Karnevalszug. „Jetzt ist es mal anders“, meinte sie lachend mit Blick auf ihre zweieinhalbjährigen Kinder, die als Schneemann Olaf aus dem Film „Die Eiskönigin“ verkleidet waren. Nadine Röder freute sich auf den Tulpensonntagszug, der in den vergangenen beiden Jahren schon gefehlt habe.
Das erste Mal beim Zug dabei
Auf der anderen Straßenseite stand Iris Höckelmann mit ihrer Familie. Die Rheinländerin, die jetzt im Ruhrgebiet wohnt, war sonst immer in Köln beim Umzug, dieses Jahr war sie das erste Mal in Voerde dabei, denn gestern wurde auch der Geburtstag ihres Patenkindes gefeiert. Auch Iris Höckelmann, die als Marienkäfer verkleidet war, freute sich, dass es in diesem Jahr wieder einen Karnevalszug gab. Die Vorfreude sei bei den Eltern allerdings größer, meinte sie, schließlich sei es für die Kinder der erste Karnevalszug. Auch ihr fünfjähriger Sohn Oscar war das erste Mal dabei. Sein Tannenbaumkostüm hatte er sich selbst ausgesucht – und auch beim Basteln mitgeholfen. „Das ist ein Diamant“, erzählte er und zeigte stolz auf den roten Schmuck, den er selbst ausgeschnitten hat.
Nicht nur Oscar, auch die anderen Kinder standen aufgeregt und mit Tragetaschen für die Kamelle in den Händen am Straßenrand. „Sie kommen“, rief eine Kinderstimme – und tatsächlich, langsam kam der erste Wagen in Sicht. Davor liefen die Panzerknacker, die „Zugzaster“, also Geld für den Karnevalszug, sammelten. „Helau Voerde!“ schallte es aus den Lautsprechen und als der erste Wagen des Voerder Karnevalvereins an den Jecken vorbeirollte, lugte die Sonne aus ihrem grauen Wolkenkostüm hervor. Petrus schien ein Herz für die Narren zu haben – bis auf ein paar wenige Regentropfen blieb es trocken.
So gut gelaunt und ausgelassen die Stimmung war, so bunt waren auch die Wagen und Kostüme der 43 Teilnehmer. Den Wagen des Voerder Karnevalvereins zierten die Wappen der Stadtteile, das Wasser darunter symbolisierte den Rhein. Die Rasselbande der Möllener Vikings hatte ihren Wagen als Wikingerboot gestaltet, die Voerder Glücksbärchis trugen plüschiges Bärenfell in vielen Farben und hatten ihren Wagen mit bunten Luftballons geschmückt. Beim 1. KV „Jeck in Hünx“ hing unter dem Motto „Musiklegenden sind nicht weg“ Tina Turner im Golddorf und den Wagen der Altstadtjecken der KG Rot-Gold zierte ein Wappen mit Rittertor und der Kirche St. Vincentius.
Vom Wagen des Hiesfelder Carneval Clubs warf das Stadtprinzenpaar Jasmin I. und Ferdi I. ebenso Kamelle wie die jungen Jecken vom DKV Blau-Weiß, deren Wagen der Dinslakener Burg nachempfunden war. „Es ist unsere Zeit, alle Narren sind bereit“, stand vorne auf dem ersten Wagen des DKV – passender könnte man es nicht beschreiben und auch die Verzierung des Wagens der KG „We sind wer dor“ traf die Atmosphäre ziemlich gut: In bunten Buchstaben stand „Bützen“, „Schunkeln“ und „laute Lieder“ darauf geschrieben. Laut war auch die Musik, die aus den Lautsprechern drang und die Narren am Straßenrand zum Tanzen animierte. Sportlich wurde es bei einer Fußgruppe der mit mehreren Wagen und Gruppen vertretenen SV 08/29 Friedrichsfeld, die als Cheerleader unterwegs war.
Neben den hiesigen Karnevals- und Sportvereinen waren einige Spielmannszüge wie das Tambourkorps Voerde oder das Tambourkorps Rheingold Mehrum sowie Organisationen wie die Lebenshilfe (als Schlümpfe verkleidet) oder der Verein Gänseblümchen dabei.
Tulpensonntag
In dem fröhlichen Treiben war am Ende des Zuges aber auch Platz für politische Botschaften: „Der Klimawandel geht voran, wir Pinguine sind arm dran“ war bei den Dinslakener Pinguinen zu lesen, daneben war ein Bild von Pinguinen zu sehen, die mit Sonnenbrillen auf ihrer Eisscholle sitzen. Vor dem Senatorenwagen brach der Esel, ein Symbol für die Kommunen, unter der Last von Corona- und Altschulden zusammen und machte auf die schwierige finanzielle Lage der Kommunen aufmerksam. Das Schlusslicht des närrischen Lindwurms bildete der Wagen von Edeka Stepper. Ananas und anderes Obst flog hier wie Planeten durchs Weltall. Die Mitarbeiter ließen für die Jecken die Kamelle fliegen.
Iris Höckelmann und ihrem Sohn hatte der Tulpensonntagszug gut gefallen. Oscar konnte neben einer Tasche voll Kamelle sogar einen Plüschteddybären fangen. Nicht nur die beiden gingen zufrieden nach Hause – die Teilnehmer des Karnevalszuges hatten den kleinen großen Jecken am Straßenrand ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
>>Laut Polizei feierten rund 30.000 Menschen mit
In Voerde zogen rund 30.000 Menschen durch die Innenstadt. Bis auf wenige Ausnahmen verhielten sie sich friedlich: Ein 83-jähriger Voerder wollte an der Ecke Steinstraße / Grutkamp mit seinem Auto eine Absperrung der Polizei umfahren.Weil sich der Mann trotz intensiver Gespräche uneinsichtig und renitent zeigte, hat die Polizei seinen Führerschein beschlagnahmt. Weiter gab es in Voerde im Verlauf des Umzuges drei Anzeigen wegen Körperverletzung und insgesamt 13 Platzverweise.