Voerde. Verwaltungschef Haarmann übt Kritik an Plänen für den Polizeistandort Voerde und stellt in einem Schreiben an den Landrat zwei Kernforderungen.
Die Pläne der Kreispolizeibehörde Wesel für die Voerder Wache sind für Bürgermeister Dirk Haarmann vor allem wegen zweier Punkte „schwer zu verdauen“: Der Verwaltungschef hält die Herabstufung des Standortes zu einer Polizeidienststelle für „äußerst kritisch“ und in der Sache – „auch im kreisweiten Vergleich“ – für nicht gerechtfertigt, wie er auf NRZ-Anfrage konstatiert. Zudem stößt er sich an der drastischen Reduzierung der Öffnungszeiten für den Publikumsverkehr.
Im Zuge der „Organisationsoptimierung“, womit die Polizei-Spitze die Umstrukturierung erklärt, werden insgesamt fünf von zehn Polizeiwachen im Kreis zu Dienststellen herabgestuft. Die in Voerde ist eine davon. Dort besteht die Besonderheit, dass in das gerade neu entstehende Gebäude an der Fried-richsfelder Straße Motorradpolizisten und Hundeführer ziehen werden und dort das Verkehrskommissariat 2 angesiedelt sein wird.
Dinslaken, Voerde, Hünxe und Schermbeck sollen künftig den neuen „Wachbereich Ost“ bilden. Der zentrale Standort ist in Dinslaken – mit Voerde und Hünxe/Schermbeck als Streifenbezirke. Die Folge: Auch in Voerde wird es keine Wachleitung mehr geben, sondern eine Bezirksdienstleitung. Diese Funktion übernimmt der Chef der Dinslakener Polizeiwache.
Bürgermeister Haarmann sieht einen klaren Nachteil für die Stadt: „Mit der Aufgabe einer eigenen Wachleitung geht der Verwaltung ein wichtiger Ansprechpartner ,auf dem schnellen Dienstweg’ verloren. Es ist naheliegend, dass dies in der gleichen Intensität nicht von Dinslaken aus wahrgenommen werden kann.“ Haarmann richtet den Blick auf Kamp-Lintfort, das hinsichtlich Einwohnerzahl und Sozialstruktur mit Voerde vergleichbar sei. Die Wache dort bleibt erhalten. Für Haarmann ist die unterschiedliche Regelung nicht nachzuvollziehen.
Die Polizei-Führung hatte bei der Vorstellung der Umstrukturierungspläne auf veränderte Anforderungen an die Polizei durch Phänomene wie etwa einen Anstieg der Internetkriminalität und eine „insgesamt knappe Personalstärke“ hingewiesen, die bisher in die alte Struktur hätten integriert werden müssen. In einigen Bereichen behindere die aktuelle Aufbauorganisation eine optimale Aufgabenbewältigung, hieß es.
Die Anpassungen seien erforderlich, damit auch weiterhin alle Streifenwagen besetzt werden können. Sicherheit werde nicht im Dienstgebäude gemacht, sondern durch die Bezirksdienstbeamten am Ort und die „operativen Kräfte auf der Straße“, sagt die Polizei-Spitze mit Blick auf die massiv eingeschränkten Öffnungszeiten der künftigen Polizeidienststellen in Voerde, Rheinberg, Neukirchen-Vluyn und Xanten.
Verweis auf Sicherheitsempfinden
Haarmann kann da ein Stück weit mitgehen: „Wenn man die Strukturen ,auf der Straße’ sichern und stützen will, ist nachvollziehbar, dass es ohne mehr Personal zu Umschichtungen kommen muss.“ Sofern die bisherigen und auch die zukünftigen Besuchszahlen und die daraus resultierenden Anforderungen dies rechtfertigen, könne er dieses Ansinnen nachvollziehen. Keinesfalls hält der Voerder Verwaltungschef aber „die Schließung ab 16 Uhr und an Wochenenden für sachgerecht und im Hinblick auf das Sicherheitsempfinden der Menschen in Voerde für zuträglich“.
Die mehrfach von der Polizei-Spitze während der Pressekonferenz geäußerte Auffassung, dass sich für die Bürgerinnen und Bürger durch die Aufgabenoptimierung nichts ändere, teilt er so nicht: „Dies ist schon allein dadurch bedingt, dass Berufstätige die Wache nicht mehr aufsuchen können, ohne sich frei zu nehmen“, erklärt Haarmann.
Die Pläne seien ihm vorher nicht bekannt gewesen, sie „kamen überraschend“. Die Bürgermeister waren darüber einen Tag vor der Pressekonferenz informiert worden. Voerdes Bürgermeister ärgert nach eigenen Worten am meisten, dass der Antrag auf Umstrukturierung der Kreispolizeibehörde da bereits beim Innenministerium des Landes NRW lag. Es trifft die Entscheidung zu den Planungen.
Haarmann hat am vergangenen Freitag ein Schreiben an den Chef der Kreispolizeibehörde, Landrat Ingo Brohl, auf den Weg gebracht. Darin stellt er, wie er gegenüber der NRZ konstatiert, „zwei Kernforderungen“: Zum einen bittet er um eine Öffnung des Polizeistandortes bis 22 Uhr – auch weil das „gesellschaftliche Leben nicht um 16 Uhr endet“. Zum anderen appelliert der Verwaltungschef, die Herabstufung der Polizeiwache zu einer Dienststelle zurückzunehmen. Darüber hinaus will auch die Politik kritisch Stellung zu den Planungen beziehen. Haarmann steht mit den Fraktionen im Hinblick auf eine Resolution des Stadtrates im Dialog. Das Thema werde Gegenstand der kommenden Sitzung des Gremiums Anfang Dezember sein.