An Rhein und Ruhr. Die Erntesaison für Spargel und Erdbeeren am Niederrhein startet. Doch wird es - auch wegen des Ukraine-Krieges - genug Erntehelfer geben?

Noch bekommen die Beeren unter der Folie ihre Farbe, bis die Freiland-Erdbeeren geerntet werden, dauert es noch einige Tage. Ob dann auch tatsächlich alle Erdbeeren gepflückt werden können, bleibt abzuwarten. Der Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauern zumindest befürchtet, dass wegen des Ukraine-Krieges weniger Erntehelfer an den Niederrhein und ins Ruhrgebiet kommen könnten, weil sie ihre Familien nicht alleine lassen wollen.

Bauern am Niederrhein haben Ernteteam fast komplett

Ganz zu Beginn der Spargelernte hatte Achim Schippers schon etwas Sorge, dass womöglich genau aus diesem Grund nicht genug Helfer aus dem rumänischen Grenzgebiet zur Ukraine kommen könnten. „Aber sie haben sich umentschieden“, sagt der Spargelbauer vom Hof Schippers in Alpen im Kreis Wesel im Gespräch mit der NRZ. Jetzt ist sein Team komplett, 43 Saisonarbeitskräfte helfen bei der Spargelernte. Doch er weiß: Man muss den Arbeitern etwas bieten. Dazu gehöre Unterbringung in „Pensionsstandard“, wie er sagt.

Auch Stefan Buchmann vom Hof Schulte-Drevenack in Hünxe fährt regelmäßig im Januar nach Rumänien, spricht mit potenziellen Arbeitern und wirbt um sie. Auch sein Erntehelfer-Team ist fast komplett, der überwiegende Teil stammt aus Rumänien, vereinzelt aus Polen. Auch drei Ukrainerinnen packen mit an, drei weitere wollen noch kommen. Was ihn viel mehr umtreibt, ist die Steigerung des Mindestlohns. Momentan liegt er bei 9,82 Euro je Stunde. Zum 1. Juli wird er auf 10,45 Euro und ab Oktober dann auf 12 Euro angehoben. „Können wir das an den Kunden weitergeben?“, fragt Nadine Mertens vom Obsthof Mertens in Meerbusch. Schließlich sei die Konkurrenz groß und im Discounter seien die Erdbeeren aus Marokko günstiger als die heimischen im Hofladen… Die Obstbauern werben dennoch für ihre Produkte aus der Region, die ohne lange Transportwege über mehrere Tage auskommen.

Preise für Erdbeeren ziehen an

Seit einigen Tagen sind in den Gewächshäusern des Rheinlandes die ersten Erdbeeren der neuen Ernte reif, vor einer Woche ist die Saison in Viersen damit eröffnet worden. Auch auf dem Hof Schulte-Drevenack gibt es die ersten roten Früchte – aus dem Folientunnel. Als vor wenigen Wochen ein Sturmtief über die Städte an Rhein und Ruhr fegte, riss es auch bei Stefan Buchmann zwei Erdbeertunnel mit sich. Die Reparatur kam ihn teuer zu stehen: „Die Metallbögen für die Tunnel sind viermal so teuer geworden“, staunte er.

Insgesamt berichtet der Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauern zum Saisonauftakt von kräftig steigenden Kosten. Die Energiepreise belasteten nicht nur den Anbau im beheizten Gewächshaus. „Treibstoff für die notwendigen Arbeiten auf den Feldern, Folien und Vliese zum Schutz gegen niedrige Temperaturen, Düngemittel und Verpackungen sind in den letzten Wochen und Monaten so teuer geworden, wie wir es niemals vermutet hätten“, erklärte Vize-Präsident Georg Boekels und fügte hinzu: „Die Kosten müssen wir an unsere Abnehmer weitergeben“. Stefan Buchmann rechnet mit einem Aufschlag von im Schnitt zehn Prozent. Die 500-Gramm-Schale Erdbeeren verkaufe er derzeit für 5,90 Euro, das Kilo Spargel für rund 19 Euro. Er weiß: Die Nachfrage bei den Kundinnen und Kunden nach Obst und Gemüse ist schon da. Aber man merke auch, dass sich die Menschen aus Sorge oder Angst Geld zur Seite legten, schildert er seine Eindrücke.

Höhere Preise auch für Düngemittel

Auf dem Obsthof Mertens dauert es hingegen noch, bis die Freiland-Erdbeeren pflückreif sind. Dass sich der Preis für Düngemittel extrem verteuert hat, spürt man auch hier. Statt 17 Euro müsse man nun 97 Euro für Dünger kalkulieren. Nadine Mertens allerdings ist froh, dass der Hof dank Photovoltaik ansonsten autark ist.

Rund 55 Saisonarbeiter helfen auf ihrem Hof bei der Ernte. Ein Großteil der rumänischen Arbeiter sei nicht geimpft, sagt sie. Ein Bild, das auch die anderen Landwirte bestätigen. Und das, obwohl Impfangebote durch die Bauern und die jeweiligen Hausärzte vorlägen. Deswegen ist Nadine Mertens froh, dass sich auf ihrem Hof ein Testzentrum befindet, wo sich die Arbeiter regelmäßig testen lassen sollen.