Hünxe. Bei der HDB Recycling GmbH in Hünxe-Bucholtwelmen entsteht eine Nassaufbereitungsanlage für mineralische Rohstoffe. Produktion ab 2023 geplant.

Kies und Sand gehören zu den am meisten geförderten Rohstoffen in Deutschland und werden vorwiegend in der Bauwirtschaft benötigt. Doch Kiesvorkommen sind nicht unerschöpflich, der Abbau belastet die Umwelt wie auch die so wichtige Ressource Fläche. Im NRZ-Umweltcheck hatten sich 70 Prozent der Befragten gegen die Ausweitung der Auskiesungsflächen in Bruckhausen ausgesprochen, 14 Prozent waren dafür, 16 Prozent ohne Meinung. Das aktuelle Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster zum Sand- und Kiesabbau am Niederrhein (s. Box) hat dem Thema Recycling von Baustoffen zu neuem Schwung verholfen.

Denn es gibt Alternativen zum Kiesabbau: Die HDB Recycling GmbH im Industriepark Hünxe-Bucholtwelmen verwertet in ihrer Boden- und Bauschuttaufbereitungsanlage mineralische Abfälle zu hochwertigem, recyceltem Kies, Sand und Stein. „Mit R-Gestein vom Niederrhein von Anfang an ökologisch sein“ steht auf dem Firmenbanner, das „R“ steht für „Ressourcenschonend“, wie Geschäftsführer Mirco Curic erklärt. Er ist überzeugt: Recycelter Kies könne in den meisten Fällen geförderten Kies ersetzen. Bei bis zu 90 Prozent aller Bauvorhaben soll die Qualität von Beton aus recycelten Gesteinskörnungen ausreichend sein.

Landes- und EU-Mittel

Und um die beste verfügbare Technik in der Aufbereitung einzusetzen, entsteht derzeit an der Lise-Meitner-Straße die laut Mirco Curic „innovativste und größte Nassaufbereitungsanlage für mineralische Rohstoffe in Deutschland und Europa“. Dieses Projekt wird unter dem Förderaufruf der Landesregierung Ressource.NRW mit einer Direktförderung aus Landes- und EU-Mitteln unterstützt. Zum 23. Dezember 2022 ist die Inbetriebnahme vorgesehen. „Alles läuft planmäßig, ab Januar oder Februar 2023 wollen wir produzieren“, so Curic.

Mit der Erweiterung könnten laut Curic „perspektivisch zwei Kieswerke ersetzt werden“, denn mit den dort produzierten Gesteinskörnungen lasse sich Qualitätsbeton für fast alle herkömmlichen Bauvorhaben herstellen. Dabei legt er Wert auf die Feststellung: „Ich bin nicht gegen Kiesabbau oder gar einen Ausstieg, aber für eine Reduzierung.“ Es gebe viele auslaufende Kieswerke am Niederrhein, „das alles können wir nicht kompensieren“. Die neue Anlage auf einer Fläche von 2,2 Hektar sei genehmigt und für 840.000 Tonnen Recyclingmaterial pro Jahr ausgelegt.

Mirco Curic, Geschäftsführer von HDB Recycling, zeigt ein Betonmodel und ein Glas mit Recyclingmaterial.
Mirco Curic, Geschäftsführer von HDB Recycling, zeigt ein Betonmodel und ein Glas mit Recyclingmaterial. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die neue Form der Aufbereitung habe viel Potenzial, „wir wachsen in neue Standards rein“, so Curic. Mineralische Rohstoffe seien komplett zu ersetzen, das hergestellte Primärgestein habe bestimmte neue Qualitätsansprüche – etwa eine höchstwertige Körnung, wie sie im Beton- und Straßenbau eingesetzt werde. Die erzeugten rezyklierten Rohstoffe substituierten natürliche Rohstoffe und verminderten den CO2-Ausstoß gegenüber der Förderung von natürlichen Rohstoffen um bis zu 90 Prozent.

Das zur Betonherstellung benötigte „Niederrhein-Gold“, wie Curic den Kies in der Körnung zwischen zwei und acht Millimetern scherzhaft nennt, könne die Firma HDB Recycling GmbH dann mit Hilfe ihrer Brechanlage in großen Mengen herstellen. „An diesem Punkt haben wir einen entscheidenden Vorteil gegenüber der herkömmlichen Kieswirtschaft, die sich mit der natürlich im Boden vorkommenden, erfahrungsgemäß geringeren Menge an zwei bis acht zufrieden geben muss.“

Knapp 20 Millionen Euro

Knapp 20 Millionen Euro habe man in die neue Nassaufbereitungsanlage hier in Hünxe investiert (ein Kieswerk koste etwa fünf Millionen Euro), in enger Abstimmung mit dem Kreis Wesel, erklärt der HDB-Geschäftsführer. Zu 90 Prozent komme der Wasserverbrauch aus Regenwasser und die Anlage soll mit grünem Strom betrieben werden. Sie könne mit modernster Technik Material waschen, zerteilen, optisch sortieren, röntgen und die gewünschte Körnung herstellen – mit oder ohne farbige Steinchen.

Die Anlage erfülle nicht heutige, sondern kommende Betonstandards, sagt Curic. „Wir wollen überwiegend Böden mit Gestein aufbereiten und keinen Bauschutt oder gar kontaminierte Abfälle. Dabei setzen wir den ersten Meilenstein und hoffen, dass der Markt es akzeptiert und mitmacht.“ Eine erste Bilanz will HDB-Geschäftsführer Mirco Curic nach einem zweijährigen Betrieb ziehen.

Hintergrund

7760 Einsprüche als massiver Widerstand des Kreises Wesel und seiner Kommunen gegen die im Regionalplanentwurf ausgewiesenen Potenzialflächen für den Kiesabbau am Niederrhein waren beim Regionalverband Ruhr (RVR) in Essen eingegangen.

Im OVG-Urteil vom 3. Mai wird die Ausweitung des Versorgungszeitraums für Kies und Sand im Landesentwicklungsplan auf 25 Jahre als unzulässig gewertet und damit auch die Festlegung zusätzlicher Kiesabbaugebiete am Niederrhein im neuen Regionalplan Ruhr verhindert. Das Gericht warf dem Land vor, nicht ausreichend zwischen wirtschaftlichen und regionalen Belangen abgewogen zu haben. Auch legt das OVG umfangreich dar, wie sehr sich Land und Planungsbehörden ausschließlich am vermeintlichen Rohstoffbedarf und der damit einhergehenden Planungssicherheit für die Kiesunternehmen orientiert und sämtliche Bedenken ignoriert haben.