An Rhein und Ruhr. Möglichst Gigabit-Anschlüsse überall – das hat man sich in NRW vorgenommen. Wie weit ist der Breitbandausbau am Niederrhein? Ein Überblick.
Homeoffice, Videokonferenzen, Streams – die Corona-Krise hat das Internet noch wichtiger gemacht, als es ohnehin schon war. Und auch gezeigt: In vielen Bereichen hakt es noch in der Leitung. Abbrechende Sprach- und Videoverbindungen oder verzerrt klingende Stimmen von Kollegen bieten einen guten Anhaltspunkt. Dabei hat man den Ausbau des Datennetzes schon mehrfach zur Priorität erklärt. „Wir wollen bis 2025 flächendeckende gigabitfähige Netze in Nordrhein-Westfalen schaffen“, hatte NRW Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart verkündet – und zwar schon 2017. Doch wie sieht es aktuell aus?
Dazu gibt es vom Kompetenzzentrum Gigabit.NRW eine frohe Botschaft. Bereits 52 Prozent der 8,5 Millionen Haushalte in Nordrhein-Westfalen sind mit Gigabit-Bandbreite versorgt, verfügen also über einen Internetanschluss, der 1000 Mbit pro Sekunde transportieren kann – und damit 10 bis 40 Mal so schnell ist, wie gängige VDSL-Anschlüsse. Bei den Schulen verfügt die Hälfte über einen derartigen Anschluss – für weitere 45 Prozent ist er geplant. Und in 74 Prozent der Gewerbegebiete in den Kommunen kann man ebenfalls schon auf Gigabit-Anschlüsse zurückgreifen. Doch wie sieht das konkret am Niederrhein aus?
Die weißen Flecken im Gigabitnetz
Der ganze Niederrhein hat schnelles Internet. Der ganze Niederrhein? Nein. In Kamp-Lintfort scheint man sich, nach den Daten von Gigabit.NRW gegen das schnelle Internet zu sträuben. Null Prozent Gigabit-Leitungen und damit das Schlusslicht in der Region. Auch in Gemeinden wie Rheinberg oder Dinslaken (jeweils ein Prozent) sieht es nicht viel besser aus. Die Kreisstädte Kleve (14 Prozent) und Wesel (21 Prozent) sind ebenfalls nicht gerade Spitzenreiter in Sachen Netzausbau.
Tatsächlich zeigt sich der Niederrhein, wenn es um schnelles Internet geht, als bunter Flickenteppich. Während in vielen Kommunen und Städten die Anzahl der Gigabit-Anschlüsse noch bei unter 30 Prozent dümpelt, sind andere Kommunen schon bei jenseits der 80 Prozent. Düsseldorf liegt mit 92 Prozent Gigabit-Anschlüssen bei den kreisfreien Städten in Spitzenposition. Allerdings ist die Landeshauptstadt damit nur auf dem zweiten Platz zu finden. Mit 94 Prozent Gigabit-Anschlüssen ist Kerken im Kreis Kleve prozentual gesehen der Spitzenreiter beim schnellen Surfen am Niederrhein.
„Auf unserer Karte findet sich immer nur eine Momentaufnahme“, sagt Jürgen Kaack, der beim Kompetenzzentrum Gigabit.NRW um den Regierungsbezirk Düsseldorf kümmert. Viele Förderprojekte und eigenwirtschaftliche Maßnahmen seien derzeit noch im Ausbau. In einigen Kommunen sei man da eben schon weiter, als in anderen. Oft läge es schlicht daran, dass nicht alle besseren Verbindungen förderungsfähig sind. „Sobald ein Anschluss mit 30 Mbit möglich ist, gibt es keine Fördermittel“, sagt Kaack.
Die drei Ausbauarten beim Internet am Niederrhein
Ganz so düster, wie es die Übersichtskarte vermuten lässt, sieht es aber nicht aus mit dem schnellen Internet am Niederrhein. Denn es wird immer noch ausgebaut – und das kann auch in Richtung der Gigabit-Leitungen schneller gehen, als man denkt. Wichtig sind hier die Leitungen, die auf der Karte als 400-Mbit-Anschlüsse auftauchen. „In dieser Kategorie stecken zum Beispiel die Leitungen für Kabelanschlüsse“, erklärt Michael Düchting, Leiter der Entwicklungsagentur Wirtschaft (EAW) und Breitbandbeauftragter für den Kreis Wesel.
Diese Anschlüsse könnten durch einen neuen Standard relativ flott auf die Übertragungsgeschwindigkeiten von einem Gigabit pro Sekunde aufgerüstet werden. In einigen der Kommunen, die derzeit noch kaum Gigabit-fähige Anschlüsse haben, machen diese Verbindungen mehr als 80 Prozent der Internetanschlüsse aus.
Die zweite Art des Ausbaus ist die Förderung zur Beseitigung der weißen Flecken. Dazu kommt noch der privatwirtschaftliche Ausbau von Internetanschlüssen, der natürlich immer parallel weiterläuft.
Engagement vor Ort kann helfen
Allerdings kann auch Engagement vor Ort einiges bewegen. In Kerken, heute Vorzeige-Kommune beim Netzausbau, hat eine Bürgerinitiative vor Ort mit dafür gesorgt, dass die Bürger Glasfaserleitungen bis ins Haus gelegt bekommen. „Bürgerschaftliches Engagement und Zusammenhalt können da sehr viel bewirken“, sagt Jürgen Kaack. Denn auch wenn Bund und Land die Förderungen übernehmen, bei Kommunen in der Haushaltssicherung komplett, ansonsten 90 Prozent, „muss die Initiative immer von den Kommunen oder dem Kreis ausgehen“, so Kaack.
Und natürlich ist es auch für die privatwirtschaftlichen Unternehmen interessanter, dort ihre Netze auszubauen, wo viele Bürger entsprechende Verträge für deren Nutzung abschließen möchten. So plant zum Beispiel die Deutsche Glasfaser in den Kreisen Wesel und Kleve mehrere Projekte. Sobald 40 Prozent der Haushalte einen Glasfaseranschluss wollen, wird geplant und gebaut. So entscheiden also auch die Bürger selbst in Teilen mit darüber, wann sie schnelles Internet bekommen.
Am Ende sollte das dann der Glasfaser-Anschluss bis ins Haus sein. „Nur das ist wirklich zukunftssicher“, sagt Michael Düchting. Denn über Glasfaserleitungen können – anders als bei den Kupferleitungen, die beispielsweise für VDSL genutzt werden – auch Terrabit-Geschwindigkeiten übertragen werden. Also Geschwindigkeiten, die 1000 Mal schneller sind, als die Gigabit-Leitungen. Bei der ständig wachsende Menge an Daten, könnten auch diese irgendwann gebraucht werden.
>>>So bauen die Telekommunikationsunternehmen aus
Glasfaser-Leitungen bis zum Haus, die als zukunftsfähige Technologie gelten, liefert vor allem die Deutsche Glasfaser. Das Unternehmen baut in der Region an verschiedenen Stellen aus, betreibt schon Netze oder hat diese in Planung. Standardmäßig gibt es hier Übertragungsraten von 1 Gbit (1000 Mbit / Sekunde). Theoretisch ist die Grenze für die Übertragungsgeschwindigkeit nach oben hin offen.
Vodafone (früher Unitymedia / Kabel Deutschland) setzt auf Koaxialkabel, die früher vor allem bei Kabelanschlüssen fürs Fernsehen verwendet wurden. Auch hier sind 1000 Mbit / Sekunde Standard. Theoretisch möglich wären 10 Gbit.
Die Telekom setzt mit dem so genannten VDSL auf eine Mixtur aus Glasfaserleitungen und einer Kupferleitung bis zum Haus. Hier werden meist Übertragungsraten bis 100 Mbit / Sekunde angeboten. Maximal möglich wären bis zu 400 Mbit.