Dinslaken/Hünxe/Voerde. Auch Apotheken und Hausärzte in der Region sollen testen. Dafür fehlt aber noch die Infrastruktur, sagen Apotheker und Mediziner aus Dinslaken.

Mit der Testoffensive raus aus dem Lockdown? Wenn es nach der Bundes- und Landesregierung geht, sollen Schnell- und Selbsttests dafür sorgen, dass das öffentliche Leben in Deutschland trotz Corona weitestgehend wieder hergestellt wird.

Apotheken und niedergelassene Hausarztpraxen sollen dabei ab heute (8. März) helfen. Dort dürfen sich die Bürger einmal pro Woche kostenlos testen lassen. Auch den Schnelltest für zuhause soll es bei Pharmazeuten geben. Wie das Ganze genau ablaufen soll, weiß aber noch niemand.

Apotheken noch im Unklaren

„Bislang herrscht noch ein ziemliches Kuddel-Muddel“, sagt Werner Heuking. Der Sprecher der Apotheken Dinslaken, Voerde und Hünxe sieht es prinzipiell positiv, dass nun vermehrt auf Testungen gesetzt wird. Wie das Ganze vonstatten gehen soll, weiß der Apotheker jedoch nicht: „Genaue Verfahrensanweisungen gibt es noch nicht.“

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Für diese Anweisungen ist der Kreis Wesel zuständig, durchgedrungen ist an die Apotheken aber bislang nichts. „Wir hoffen zeitnah, weitere Informationen zu erhalten. Immerhin soll es ja ab zeitnah losgehen mit den Schnelltests in Apotheken“, sagt Heuking.

In der Kreuz-Apotheke auf der Hünxer Straße könnte jedenfalls noch nicht losgelegt werden. „Die Schnelltests sind da. Die räumliche Kapazität haben wir aber nicht. Wir können ja nicht zwischen den Kunden testen“, erklärt Werner Heuking. Daher fühlt sich der Pharmazeut von den Beschlüssen des Bund-Länder-Treffs am 3. März überrumpelt: „Wir werden im Unklaren gelassen. Es wird von Seiten der Regierung weder sichergestellt, dass in den Apotheken das Personal für Tests geschult wird, noch, dass die hygienischen Voraussetzungen geschaffen werden. Apotheken sind ja keine Arztpraxen oder Testzentren.“

Sorge vor Ansturm

Weil in den meisten Apotheken die Räume für Testungen fehlen, hat Werner Heuking große Sorge vor den anstehenden Wochen. Lockerungen sind mit negativen Corona-Tests verbunden, ein Ansturm von testwilligen Bürgern droht daher schon zu Beginn der Woche. Wo Heuking die Getesteten unterbringen soll, weiß er nicht: „Pro Schnell-Test muss man inklusive Ergebnis etwa 15 Minuten einplanen. Aber wo lassen wir die Leute, die auf ihr Testergebnis warten? Draußen bei Wind und Wetter? Separate Schlangen nur für diejenigen die sich testen lassen wollen? Es fehlt ein klarer Plan seitens der Politik.“

Damit sich in seinen Praxen keine Tumulte bilden, hat Doktor Michael Wefelnberg ein Corona-Handy eingeführt. Und dass schon, seitdem Ärzte den PCR-Test bei Patienten durchführen durften. „Über das Handy nehmen wir Termine für Tests entgegen. Damit kollidieren wir nicht mit unserer normalen Sprechstunde“, erklärt der Hünxer Allgemeinmediziner. Auch er darf als Hausarzt ab/seit heute (8. März) Corona-Schnelltests durchführen.

Arzt befürchtet Chaos zu Beginn

Praktisch sieht er sich und seine Mitarbeiter gut für die Testoffensive aufgestellt. „Alleine im letzten Quartal hatten wir über 1000 PCR-Tests. Mein Personal ist daher für Testungen gut geschult“, sagt der Arzt.

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Trotzdem weiß auch Wefelnberg nicht, was ihn in den kommenden Wochen erwarten wird. Zwar seien Schnelltests und Testutensilien in seinen Praxen vorhanden, es fehle aber weiterhin die Ausführungsbestimmungen und die Abrechnungsziffer der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Ohne die Ziffer können die Schnelltests in den Praxen nicht abgerechnet werden. Zumindest für den Anfang befürchtet Michael Wefelnberg daher Chaos: Wir öffnen die Praxen mit einem großen Fragezeichen auf der Stirn. Noch haben wir nichts von der KV erhalten. Im Übrigen auch Apotheken nicht.“

Tests wurden noch nicht geliefert

Während bei Hausärzten nur getestet wird, dürfen Apotheken auch Selbsttests verkaufen. Doch die meisten warten weiterhin auf deren Auslieferung: „Viele Apotheken haben die Selbsttest noch gar nicht bekommen“, verrät Werner Heuking.

Damit sowohl Testzentren, als auch Arztpraxen und Apotheken nicht überlaufen, sollen die Selbsttests für Bürger Abhilfe leisten. Von zuhause aus kann dann jeder Bürger selber Tests durchführen. Dass die Regierung nun vermehrt auf Testverfahren setzt, sieht Heuking positiv: „Es ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, mehr zu testen und mehr Testmöglichkeiten anzubieten.“

Fehlerquote nicht unterschätzen

Dennoch hat Werner Heuking Zweifel an der Durchführbarkeit. Weder wisse jeder Bürger, wie man die Tests richtig durchführt, noch gebe es bislang keine Möglichkeit, die Testergebnisse bürokratisch festzuhalten. „Die Fehlerquote sollte man nicht unterschätzen. Viele wissen ja gar nicht, wie sie sich selbst richtig testen können. Es könnte daher zu vielen falschen Ergebnissen kommen.“

In seinen Apotheken in Dinslaken bekommt daher jeder Kunde, der einen Selbsttest holt, eine kurze Einweisung, wie die Tests richtig angewendet werden, mit auf den Weg. „Wir wollen als Apotheke ja auch aktiv bei der Pandemie-Bekämpfung mitwirken. Wir haben die Aufgabe, den Menschen zu helfen,“ so Heuking.

Eine gute Idee – aber...

Auch Michael Wefelnberg (er hat Praxen in Dinslaken und Hünxe) glaubt, dass es durch Selbsttests verzerrte Ergebnisse geben könnte. Zum einen, weil viele Tests falsch durchgeführt werden könnten. Hinzu kommt, dass es bislang keine Möglichkeit gibt, Testergebnisse nachhaltig zu melden und behördlich festzuhalten.

Bewusst oder unbewusst falsch durchgeführte Tests könnten dann zum Boomerang werden, fürchtet Doktor Wefelnberg: „Falsche Testungen, falsche Testergebnisse, sowohl positiv als auch negativ, könnten dann zu einer Verstopfung des Gesundheitssystems führen.“

Die große Testoffensive des Bundes und der Länder wäre dann gescheitert. Daher müsse an den richtigen Stellschrauben gedreht werden: „Schnell- und Selbsttests sind eine sehr gute Idee, aber wir brauchen eine professionelle Anwendung und eine zuverlässige Auswertung“, fordert Michael Wefelnberg.