Dinslaken. Das Mehrgenerationenhaus an der Helenenstraße konnte pandemiebedingt nach zwei Jahren offiziell Eröffnung feiern. Das Konzept hat sich bewährt

Es war für alle Partner etwas Neues – das Mehrgenerationenhaus an der Helenenstraße. Neu, weil das Haus durch eine Idee entstanden ist. Eine Idee, die sich in mehreren Workshops konkretisierte, in der Gründung des Vereins „Gemeinsam partnerschaftlich leben und wohnen in Dinslaken“ (GeparDin) mündete und schließlich mit der Wohnbau Dinslaken umgesetzt wurde.

Zwei Jahre sind vergangen. Am Samstag hielten die Partner inne und blickten zurück – erstmals, denn bislang hatte die Corona-Pandemie eine offizielle Eröffnung des Wohnkomplexes, bestehend aus zwei Wohnhäusern, verhindert. Und sie stellten übereinstimmend fest – es ist ein Erfolgsprojekt, ein Modellprojekt in Dinslaken, das Nachahmer verdient hat, wie Bürgermeisterin Michaela Eislöffel in ihrer Rede betont. Sie wünsche sich mehr derartiger Zukunftsideen fürs Wohnen und Leben in der Stadt. „Wir müssen Lehren aus diesem Projekt ziehen, dass weitere entstehen können“, so die erste Frau der Stadt. „Alle Personen, die vor knapp zwei Jahren eingezogen sind, leben auch heute noch hier, das spricht für eine gelungene Umsetzung der Idee.“

Die Idee, mit der Marianne Lauhoff, Marlies Simon und ihre Mitstreiter an die Wohnbau herangetreten waren, sei auch dort bei einigen sehr kritisch betrachtet worden, erinnert sich Guido Matzken von der Wohnbau. Nicht von allen kam die Zustimmung, doch „wir wollten ja nicht mehr nur reine Mietwohnungen bauen“, sagt Matzken. „Wir waren bereits bei den Seniorenwohnungen neue Wege gegangen, warum nicht auch mal ein Mehrgenerationenhaus wagen, bei dem der damals noch nicht gegründete Verein das Sagen hatte.“

Vision von anderem Zusammenleben

Doch im Laufe der Zeit stellten die Mitarbeiter des Wohnbauunternehmens fest, dass das Projekt ihnen in Fleisch und Blut übergegangen war, dass die Verwirklichung einer besonderen Idee, einer Vision von einem etwas anderen Zusammenleben auch ihnen Spaß machte. „Inzwischen ist das Mehrgenerationenhaus ein Aushängeschild für die Wohnbau“, verrät Matzken.

Zahlreiche Gespräche seien mit dem Verein geführt worden, Pläne für die Gestaltung der Wohneinheiten besprochen, Wünsche diskutiert worden. „Meines Wissens hat keine andere Wohnbaugesellschaft ein derartiges Projekt in der Region auf die Beine gestellt“, ist Matzken stolz. Zwei Häuser, eines mit drei Stockwerken, eines mit zwei Etagen, wurden gebaut, die Wohnungen sind barrierefrei, zumindest im ersten Haus gibt es einen Aufzug, im zweistöckigen Gebäude ist der Schacht angelegt, so dass ein Aufzuge bei Bedarf jederzeit eingebaut werden kann.

Eine Besonderheit stellen auch die Kellerersatzräume dar. Diese befinden sich auf dem Flur gegenüber der eigentlichen Wohnung, verfügen über Fenster, sind hell und licht. Wie auch der gemütlich gestaltete Flur, von dem nicht nur die „Keller“, sondern auch die einzelnen Wohnungen abgehen. Eine Pergola verbindet die beiden Häuser, so dass die Bewohner auch bei Regen trocken von einem Haus zum anderen kommen können.

Wohnung für Zusammenkünfte

Denn in Hausnummer 5 gibt es noch eine Besonderheit – eine Gemeinschaftswohnung, die als Kommunikationszentrum genutzt wird, in der man seine Versammlungen abhält, sofern es coronabedingt möglich war, feierte oder gemeinsam kochte. „Das durchzubekommen, war auch kein einfaches Unterfangen“, betont Michael Leuthäuser von der Wohnbau. Zwölf der insgesamt 18 Wohneinheiten sind öffentlich gefördert, da gab es Regeln zu befolgen und eine Gemeinschaftswohnung als Zusammenkunftsraum gehört nicht dazu.

Doch schließlich sei es gelungen, den Kreis Wesel von der Notwendigkeit zu überzeugen. „Der Raum ist wirklich von immenser Bedeutung“, sagt Marianne Lauhof, Vorsitzende des Vereins und Mieterin einer Wohnung. Hier treffe man sich, hier würden neue Ideen entstehen, Projekte ins Leben gerufen. „Wir haben hier eine alternative Form des Zusammenlebens gefunden, nicht immer konfliktfrei, aber wir wirken hier der Einsamkeit entgegen“, erklärt Marianne Lauhof.

Den Härtetest haben die 25 hier lebenden Menschen von vier bis 72 Jahren Dank der Hilfsbereitschaft untereinander bereits bestanden – die Coronazeit mit allen ihren Lockdowns, persönlichen Beschränkungen und Erkrankungen. „Hier leben wir den Gemeinschaftsgedanken trotz unterschiedlicher Lebensgestaltung, verschiedenem persönlichen Hintergrund, ja sogar Nationalität“, berichtet Marianne Lauhof. „Wir haben bei Krankheitsfällen geholfen, haben für die in Quarantäne stehenden Mitbewohner eingekauft, ihnen geholfen, wo wir konnten“, ergänzt Kordula Völker.

Die Künstlerin hatte übrigens auch in den „einsamsten Coronazeiten“ dafür gesorgt, dass Stimmung im Haus aufkam – mit Gesang vom Balkon aus. Auch bei der Feier am Samstag sorgte sie für die musikalische Untermalung. Gemeinsame Treffen gab es in der Vergangenheit mal in Präsenz, mal per Internet.

Selbstorganisierte Nachbarschaft

Einige Vorhaben konnten noch nicht umgesetzt werden, andere hingegen hatten schneller als gedacht Gestalt angenommen – wie der Garten, das Fahrradhaus, das Abfallbehälterhaus. „Und wir haben noch jede Menge Ideen für die Zukunft“, ergänzt Lissy Füllgraf. Eine selbstorganisierte Nachbarschaft, die auf Gemeinsamkeit ausgerichtet ist, in der jeder jedem nach seinen Möglichkeiten hilft. So profitieren letztendlich alle vom „Gemeinsam partnerschaftlichen Wohnen und Leben“.