Dinslaken/Voerde/Hünxe. Wir haben gefragt, ob die Schulen schließen sollen. Mehr als 1000 Stimmen wurden abgegeben. Die Ergebnisse - und was Schulleiter dazu sagen.
Die Inzidenz im Kreis Wesel nähert sich mit großen Schritten der Marke von 100. An den ersten Schulen gibt es wieder Quarantäne-Anordnungen. Sollten die Schulen wieder schließen, wie in anderen Kommunen - etwa Duisburg oder Dortmund gefordert wird? Das haben wir unsere Follower auf Instagram und Facebook gefragt. Ergebnis: Von etwas mehr als 1000 Antworten haben sich insgesamt 58,6 Prozent dafür ausgesprochen, die Schulen wieder zu schließen.
Bislang haben sich insgesamt 1003 Menschen an der Umfrage beteiligt. Auf Instagram sprachen sich 447 (58 Prozent) für eine Schließung der Schulen aus, 322 waren dagegen. Auf Facebook sind bislang 141 (60,2 Prozent) für eine Schließung der Schulen, 93 sind dagegen.
Argumente für eine Schließung
Bei seiner Tochter – sie besucht die siebte Klasse des Otto-Hahn-Gymnasiums Dinslaken – funktioniere der Distanzunterricht recht gut, schreibt Wolfgang Klein: „Somit hätte man es aus unserer Sicht und der unserer Tochter auch gerne dabei belassen können. Zumal von der neuen Mutation offensichtlich immer mehr junge Menschen betroffen sind.“ Insgesamt nehme seine Tochter bis zu den Osterferien an drei vollen Präsenztagen teil – und „die sollen bildungstechnisch mehr bringen als zehn Tage Distanzunterricht? Eher nicht,“ so Wolfgang Klein.
Marko Holtwick fragt sich, „wieso man jetzt nicht noch die zwei Wochen bis zu den Ferien die Kids zuhause lässt. Die zwei Wochen hätten den Braten jetzt auch nicht mehr fett gemacht.“
Bei steigenden Infektionszahlen und nur einem wöchentlichen Test an den Schulen seien weder Lehrer noch Schüler ausreichend abgesichert“, findet Schüler Volker Marlow. „Das Homeschooling hat funktioniert! Wichtig wäre es, dies fortzuführen, anstatt einen Ausbruch zu riskieren, bei dem dann wichtige LehrerInnen ausfallen an den weiterführenden Schulen.“ Er selber sei aktuell im Abschlussjahrgang und empfinde mehr Kontakte auch als erhöhte Ansteckungsgefahr: „Daher bitte wieder Homeschooling“ – gerne auch freiwillig in den Osterferien.
Argumente gegen eine Schließung
„Es ist schwer zu vermitteln dass ein Kind nicht in die Schule darf, ein Shoppingtag, Friseurbesuch oder ein Ausflug in den Zoo aber möglich sind“, findet Judith Horstkamp und fragt: „Welche Werte vermitteln wir den Kindern?
„Schulen müssen offen bleiben“, sagt Dr. Lopez Fernandez: „Sie sind eben nicht nur ein Ort des Lernens, sondern ein Ort des sozialen Austausches für die Kinder und Jugendlichen. In der Pandemie ist ihnen kein anderer Ort hierfür verblieben.“
Auf keinen Fall sollen die Schulen schließen, meinen Jörg und Jenny Klump, „das ist doch nicht mehr aufzuholen und Homeschooling ist dauerhaft keine Lösung!“
Die Städte hätten sich eher darum kümmern müssen, „dass unterrichtet werden kann.“ Es habe bereits im vergangenen Jahr entsprechende Vorschläge gegeben, so Michael Lengling: Versetzten Unterrichtsbeginn, Lüftungsanlagen, regelmäßige Tests: „Jetzt schreien alle wieder nach Schließung.“
„Ich kann daher weder dafür noch dagegen stimmen“, findet Norbert Bruckermann. In manchen Schulen bedeute der Wechselunterricht „in Sachen Wissensvermittlung eher einen Rückschritt.“ Auf der anderen Seite gebe es Schulen, „die immer noch keinen geregelten Distanzunterricht auf die Reihe bekommen“. Grundschüler seien für Distanzunterricht zu jung, pubertierende Jugendliche „machen zu Hause sicherlich vieles selbstständig – der Blick ins Englischbuch gehört nicht dazu“.
Das sagen Schulleiter
Klaus Ginter, Leiter der Gesamtschule Hünxe, findet: „Die Pandemieentwicklung ist katastrophal. Aus meiner Sicht hätten die Öffnungsüberlegungen gestoppt werden müssen. Das, was dargestellt worden ist, mit Testungen und Impfabsichten, ist aktuell nicht zu sehen. Wenn von der Absicht, mehrmals in der Woche Tests vorzunehmen, geblieben ist, dass das ein Mal vor den Osterferien geschieht, ist das eine einmalige Momentaufnahme ohne Wert.“
Ursula Reinartz, Leiterin der Comenius-Gesamtschule in Voerde, ist anderer Meinung: „Im Kreis Wesel haben wir eine geringere Inzidenz als in NRW. Ich war von Anfang an Anhängerin des Wechselmodells, und wir kommen damit gut klar. Wir haben höchstens 15 Schüler in einem Raum und können das gut verkraften. Die Schüler haben Aussicht auf Schule in Präsenz, sehen ihre Mitschüler, können Fragen stellen, ihre Aufgaben bearbeiten und weiterführen. Das funktioniert recht gut. Wir haben die Testungen geplant, allerdings sind die Pakete erst heute (19. März) angekommen. Wir werden in der nächsten Woche die eine Hälfte der Schüler testen und nach den Ferien die andere Hälfte. So haben wir eine gewisse Sicherheit und auch schonmal die Erfahrung, wie es abläuft.“
Für die letzte Woche vor den Osterferien sehe ich seitens des Ministeriums keine Bereitschaft, über Schulschließungen nachzudenken“, bedauert Thomas Nett, Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Dinslaken. „Unter der Annahme weiter steigender Infektionszahlen halte ich für die Zeit nach den Osterferien Präsenzunterricht in der jetzigen Form für nicht verantwortbar“, fügt er hinzu. Außerdem sei der „Wechselunterricht, den wir aktuell praktizieren müssen, für den Lernfortschritt eine Katastrophe. Der Distanzunterricht am THG war da deutlich effektiver“, so der Schulleiter.
„Die steigenden Infektionszahlen führen dazu, dass wir die Schulen schließen müssen,“ bedauert Astrid Weidler, Schulleiterin des Otto-Hahn-Gymnasiums Dinslaken. Die „Parallelität von Distanz- und Präsenzunterricht“ führe gleichzeitig „zu weniger Unterrichtsqualität.“ Die Schulen befinden sich „in einem echten Dilemma“, so Astrid Weidler. „Junge Schülerinnen äußern, das ihnen ‘komisch’ ist, weil sie spüren ‘dass die Welt sich verändert’, ‘dass sich Eltern verändern’“. Natürlich werde auch innerhalb der Familien darüber gesprochen, „aber der Austausch über die intensiv erlebte Realität mit Gleichaltrigen ist durch nichts zu ersetzen. Schule ist eben nicht nur ein Ort von Stress und Leistung, sondern auch ein geschützter Ort, ein Ort, an dem man sich andere Meinungen und Perspektiven einholen kann. Insofern tut es mir wirklich weh, Kinder und Jugendliche von diesem Ort Schule abzuschneiden, doch aus Verantwortung für die Gesundheit der Gesamtgesellschaft scheint es notwendig“, so Astrid Weidler.
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