Kreis Wesel. NRZ-Fragebogen: Für Matthias Moser vertraut die Gesellschaft vertraut noch zu sehr auf herkömmliche Wertvorstellungen.

Matthias Moser tritt bei der Bundestagswahl für die Partei „Die Basis“ an. Bildquelle: Privat
Matthias Moser tritt bei der Bundestagswahl für die Partei „Die Basis“ an. Bildquelle: Privat © Unbekannt | Foto: Privat

Die Wähler sind aufgerufen, am 26. September über die Zusammensetzung des Bundestages zu entscheiden und damit auch Einfluss auf die neue Bundesregierung zu nehmen. Zehn Bewerber gehen im Wahlkreis Wesel I ins Rennen, wollen das Direktmandat erlangen. Wir stellen die Kandidaten vor. Dazu haben wir sie gebeten, unseren Fragebogen zu beantworten. Heute präsentieren wir die Antworten von Matthias Moser (die Basis).

Vorname, Name: Matthias Moser
Geboren am: 2.2.1960 in Konstanz
Wohnt in: Voerde
Familienstand: verheiratet, Kinder: fünf
Ausbildung: Studium Waldorfpädagogik
Beruf: Lehrer
Welche Hobbys haben Sie? Radfahren, Fotografieren, Reisen, Klavierspielen
Welches Buch lesen Sie gerade? Kita, Kindergarten und Schule als Orte gesunder Entwicklung von Michaela Glöckler
Ihr liebstes Urlaubsziel ist? Frankreich, Südtirol
Was macht Ihnen Angst? Eigentlich nur die Angst selbst…
Wann in die Partei eingetreten, warum ist es die Basisdemokratische Partei „die Basis“ geworden? Ich bin erst im Frühjahr 2021 in die Basis eingetreten. Die Basis fand ich herrlich undogmatisch und auf das Menschliche ausgerichtet, so dass die Schubladen zubleiben konnten.
Ihre Stärken sind… Humor, vielleicht kann ich gut zuhören.
Ihre Schwächen sind… das sage ich lieber nicht.
Nennen Sie die drei wichtigsten Themen für ihren Wahlkreis? Schulen/Bildung, Zusammenleben der Generationen und Kulturen/Aufwertung des unmittelbaren Lebensumfeldes, Umwelt

Was haben Sie aus der Corona-Pandemie gelernt
? Dass Freunde das Wichtigste sind.
Stichwort Corona: Der Verschuldung des Bundes ist um rund 450 Milliarden Euro durch die Pandemie gestiegen (Stand Mai). Wie sollen diesen Schulden zurückgezahlt werden – und wann? Ich bin kein Finanzexperte. Aber um diese zusätzlichen enormen Schuldenberge abzutragen, ist es angemessen, sich nach den Gewinnern der Krise umzusehen. Es werden Milliardengewinne gefeiert, die letztlich aus dem Aderlass des Mittelstandes resultieren. Für Big Data und die Plattformökonomie war das letzte Jahr eines der besten der Geschichte! Wenn Amazon Steuern zahlt, können Rentner und Familien aufatmen. Wenn alle Einkommensformen gleich versteuert werden, würde der Schuldenberg abschmelzen wie die Gletscher in den Zillertaler Alpen. Wie kann man erklären, dass die, die wenig haben den Gürtel noch enger schnallen sollen? Belastet man den Mittelstand – sofern es ihn nach der Krise noch gibt – erstickt man den dringend benötigten Aufschwung.

Wie stehen Sie zur Aufnahme von Flüchtlingen bzw. Ortskräften aus Afghanistan? Erstens bin ich neugierig und glaube, dass das verdammt nette Leute sind. Sie kommen aus einem uralten Kulturraum und sind Opfer geopolitischer Machtspiele. Wenn es möglich ist, einem Menschen, der in Not ist, zu helfen, muss man es tun. Andererseits schrecken viele Menschen hier vor zusätzlichen Integrationsaufgaben zurück, weil sie glauben, dass militante junge Islamisten kommen und Angst und Schrecken mit sich bringen. Es steht sich hier gegenüber: Vorurteilslos Menschen in Not zu helfen und das Bewahren eigener Kulturformen. Keine leichte Aufgabe, aber wenn die Bevölkerung mit in die Entscheidungsprozesse einbezogen wird, wird die Akzeptanz steigen.

Der Klimawandel ist... eine Herausforderung an die Entwicklung eines globalen Bewusstseins. Denn die Forschung zeigt, dass alle klimarelevanten Handlungen global wirken. Daher macht es Sinn, einen Baum zu pflanzen. Ich sehe aber die Vergiftung des seelischen Klimas – wie beispielsweise zwischen Arm und Reich als eine sich zuspitzende weitere globale Bedrohung für die menschliche Zivilisation an. Auch die kennt keine Landesgrenzen mehr.

Soziale Gerechtigkeit ist… die Folge von Wertschätzung. Unsere Gesellschaft vertraut noch zu sehr auf herkömmliche Rituale und Wertvorstellungen, die den bisherigen gesellschaftlichen Boden für soziale Gerechtigkeit bildeten, zunehmend aber erodieren: da läuft nicht mehr allzu viel. Durch neue Formen der Anteilnahme und Partizipation kann Empathie gefordert und gefördert werden: der andere ist mir dann nicht mehr egal…. Extreme Ungleichheiten verlieren ihren bedrohlichen Charakter.

Welche Projekte würden Sie fördern, wenn Sie drei Millionen Euro für ihren Wahlkreis frei vergeben könnten
? Durch die vielen Gespräche an unseren Wahlständen haben wir einen kleinen Einblick in die Nöte unserer Mitmenschen bekommen. Eine große Not gibt es bei alleinstehenden Senioren, deren Rente beschämend ist. Zusätzlich erfahren diese Menschen den Egoismus, der in unserer Kultur wütet durch Rücksichtslosigkeit und mangelnde Wertschätzung. Drei Millionen würde ich in ein Lebens- und Begegnungszentrum stecken, wo Alte und Junge sich gegenseitig bereichern.

Was wollen Sie tun, um die Kommunen in ein schuldenfreies Zeitalter zu führen
? Eine Riesen-Aufgabe - platt: Schulden abtragen. Doch die sind oftmals astronomisch, völlig aus dem Ruder gelaufen. Sodass neue Ansätze gefordert sind. Schuldenerlass? Kommunen, die einen hohen Anteil von sozialen Lasten tragen, sind abhängig von steuerstarken Regionen. Es geht also vordergründig um Geld, auf den zweiten Blick um Abhängigkeit und Macht. Das Wort Schuld sagt es ja schon: es ist auch eine moralische Kategorie. Wenn Kommunen es schaffen, selbst etwas zu erwirtschaften, und wenn es noch so gering erscheint, ist dies vielleicht ein Hoffnungsschimmer. Denn was ist besonders schmerzhaft bei Geldmangel: der Verlust der Autonomie, die völlige Abhängigkeit. Warum nicht Fördern von kleinen wirtschaftlichen Zellen- beginnend mit Nachbarschaftshilfe, Pflegearbeiten, oder das Beispiel der Schrebergärten, die zeigen, dass viele gerne Verantwortung übernehmen. Zwar sind Schulden zäh, und sie lassen sich natürlich zahlenmäßig so nicht unmittelbar verringern aber das Selbstwertgefühl steigt schon mal, wenn man etwas selber anpacken und gestalten kann.