Dinslaken. Open Grid Europe und Thyssengas planen eine neue Wasserstoffleitung. Der beantragte Korridor führt über Dinslakener und Hünxer Gebiet.
Heinrich Dudler ist Inhaber eines Pferdehofs in Oberlohberg und er ist verärgert. In der Nähe seines Hofs soll eine neue Wasserstoffleitung von Open Grid Europe und Thyssengas verlaufen. Die Teil-Trasse DoHa (Dorsten-Hamborn) soll Wasserstoffgas aus dem Emsland ins Ruhrgebiet transportieren. Damit konfrontierte Dudler am Montagabend den Dinslakener Stadtrat. Warum die Bevölkerung nicht im Vorfeld informiert werde, wollte Dudler wissen. Sein Pferdehof etwa habe „sehr sensible“ Kunden.
Das Thema war auch für viele Stadtverordnete gänzlich und für die Stadtverwaltung „relativ neu“, wie Bürgermeisterin Michaela Eislöffel in der Ratssitzung formulierte. Nach Angaben von Open Grid gab es Bürgerinfos in Oberhausen, Dorsten und Duisburg aber eben nicht in Dinslaken, wo ein Großteil des favorisierten Korridors verläuft. Die Stadt Dinslaken im August 2021 über das Vorhaben informiert. Allerdings sei das Verfahren noch „ganz am Anfang“, so Alexandro Hugenberg, Leiter der die Stabsstelle Stadtentwicklung im Rathaus. Die Stadt sei noch nicht ins Verfahren eingestiegen. Die Bürgerbeteiligung sei „im nachfolgenden Schritt vorgesehen“, so Hugenberg, das sei „ganz normal“.
Das ist geplant
Die 42 Kilometer lange Leitung diene der Umstellung der Energieversorgung in Deutschland, so die Stadtverwaltung Dinslaken. Um die Klimaziele des Bundes einzuhalten, soll ein Teil des Erdgases durch Wasserstoffgas ersetzt werden. Die Trasse Dorsten-Hamborn soll ab Ende 2026 die Leitung Nummer 13 in Dorsten, die von Erdgas- auf Wasserstofftransport umgestellt wird, mit der vorhandenen Leitung Nr. 201 Sonsbeck–Hamborn verbinden. Auch eine Anschlussmöglichkeit zum Produktionsstandort von ThyssenKrupp in Duisburg-Hamborn ist vorgesehen. „Die Leitung ist somit ein zentraler Baustein bei der Realisierung einer klimaneutralen Stahlproduktion im Ruhrgebiet,“ so Open Grid Europe.
Das ist der Verlauf
Der 600 Meter breite bevorzugte Antragskorridor, innerhalb dessen die Trasse verlaufen soll, führt von Dorsten über Schermbeck und trifft in etwa am Bruchmühlenweg auf Hünxer Gebiet. Von dort geht es Richtung Munitionsdepot ein Stück entlang des Langer Wegs bis zur Stadtgrenze Dinslaken. Von dort geht es über die Sträterei Richtung Sterkrade-Nord. Unterhalb der Brinkstraße kreuzt der Korridor die A3 und verläuft parallel zur Brinkstraße unterhalb der Hühnerheide weiter Richtung Barmingholten und von dort nach Duisburg.
Die Leitung soll „nicht den kürzesten, sondern den für Anwohner sowie Natur und Landschaft verträglichsten Weg durch die Region“ nehmen, so Open Grid Europe. Es gibt zwei Alternativkorridore, die zu großen Teilen über Dorstener und Oberhausener Gebiet verlaufen, die Führung über Hünxe und Dinslaken wird aber aktuelle als „sinnvollste Verbdungsmöglichkeit“ angesehen.
So geht es weiter
Das Raumordnungsverfahren ist gestartet. Die Unterlagen sind bis zum 8. Juli beim RVR einsehbar. Beteiligte Behörden, Verbände, Organisationen, Kommunen und Bürger können sich zum Vorhaben schriftlich äußern. Über die Stellungnahme der Stadt Dinslaken soll der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung entscheiden. Die eingegangenen Stellungnahmen werden bei einem Erörterungstermin mit der Planungsbehörde, dem Vorhabenträger und weiteren Beteiligten diskutiert. Dieser Erörterungstermin soll voraussichtlich im September 2022 stattfinden.
Im Rahmen des Raumordnungsverfahrens sollen „Raumwiderstände“ wie Naturschutzgebiete, Besiedlungen, Hydrologie oder bestehende Netzinfrastruktur bewertet werden. Sollte es am Ende bei der jetzt bevorzugten Trasse bleiben, wird der Verlauf grundstücksscharf definiert und muss dann das Planfeststellungsverfahren durchlaufen, wo die Genehmigungsfähigkeit geprüft wird. Der Planfeststellungsbeschluss sieht die endgültige Trasse vor.
Nach dem Zeitplan von Open Grid wird das Planfeststellungsverfahren bis Oktober 2025 durchgeführt und dann mit dem Bau begonnen.
Wie gefährlich ist eine Wasserstoff-Leitung?
Die Wasserstoff-Pipeline Dorsten-Hamborn (600 Millimeter/70 Bar) soll mindestens einen Meter unter der Erde liegen und von einem acht Meter breiten Schutzstreifen umgeben sein.
Gefährlich sei der Transport von Wasserstoff durch Leitungen nicht, so Open Grid Europe. Es handele sich um eine „erprobte Technologie“, in Deutschland und vielen anderen Ländern bestünden seit Jahrzehnten privatwirtschaftliche Wasserstoffnetze – etwa von Air Liquide im Rheinland und Ruhrgebiet.
„Die Leitung muss nach den einschlägigen Regelwerken (das sind z.B. die Verordnung über Gashochdruckleitungen und das Regelwerk des Deutschen Vereins des Gas uns Wasserfaches e.V.) so geplant und gebaut werden, dass sie allen zu erwartenden Beanspruchungen sicher standhält und dauerhaft dicht bleibt. Das gewährleisten wir durch hohe Anforderungen an Material, Konstruktion, Qualitätssicherung beim Bau und Sicherheitsmaßnahmen im späteren Betrieb“, so Open Grid-Sprecher Andreas Lehmann.
Durch beschädigte Leitungen oder schadhafte Armaturen können theoretisch Leckagen an Wasserstoffleitungen entstehen. Die Mengen an Wasserstoff, die dabei an die Luft entweichen könnten, seien aber „sehr gering“. Wasserstoff sei leichter als Luft, entweiche sofort nach oben und verteile sich viermal schneller in der Luft als Erdgas. Zudem explodiere oder brenne Wasserstoff nicht bei Kontakt mit der Luft: „Dazu bräuchte es eine offene Flamme.“
Die Leitung werde zudem während des Betriebs ständig überwacht. Dabei könne ein durch Leckagen verursachter Druckabfall sofort erkannt werden. „Der betreffende Leitungsabschnitt wird dann umgehend abgeriegelt und druckfrei gemacht, beschädigte Leitungsteile ausgetauscht“, so Open Grid Europe. Wird eine Leitung etwa durch eine Baustelle beschädigt, wird sofort ein Team einberufen, „das im Umgang mit kritischen Situationen geschult ist“ und sofort die nötigen Maßnahmen einleite.
>> Hier gibt es Informationen
Die Unterlagen zum Raumordnungsverfahren sind auf www.rvr.ruhr/themen/staatliche-regionalplanung/raumordnungsverfahren/ einzusehen. Einwendungen bis 8. Juli per E-Mail an regionalplanung@rvr.ruhr oder an postalisch an den Regionalverband Ruhr, Regionalplanungsbehörde Referat 15, Postfach 10 32 64, 45032 Essen.
Open Grid Europe informiert hier über das Projekt