Dinslaken. Der Rat hat mehr Projekte beschlossen, als die Stadt umsetzen kann. Das belastet den Haushalt. Die CDU will auch den GHZ-Umbau neu bewerten.
Die Stadt Dinslaken hat auf Betreiben der CDU einen Kassensturz vorgenommen. Dabei kam heraus, dass die Stadt bis 2025 insgesamt 423 Millionen Euro investieren müsste. Diese Summe ergibt sich aus den Ratsbeschlüssen der vergangenen Jahre. Sie übersteigt die Kapazitäten der Stadtverwaltung allerdings um ein Vielfaches. Im Jahr werden durchschnittlich Investitionen in Höhe von 30 Millionen Euro umgesetzt. Die Investitionen, die eingeplant sind, aber nicht zeitig realisiert werden, belasten allerdings den städtischen Haushalt. Der Stadt Dinslaken droht mittelfristig die Haushaltssicherung. Wie ist mit der Liste umzugehen? Das haben wir die Fraktionen im Stadtrat gefragt.
Das sagt die CDU
Bei den 423 Millionen Euro, so betont Heinz Wansing, Fraktionsvorsitzender der CDU, handele es sich nicht um die tatsächlichen Kosten, sondern um die Kostenschätzungen der Fachämter. Den 70 Millionen Euro, die die Stadt etwa in die Eigenkapitalquote der Stadtwerke steckt, stehen nach dem Schütt-aus-hol-zurück-Prinzip erhöhte Ausschüttungen der Stadtwerke in den konsumtiven Haushalt gegenüber. Die acht Millionen Euro, die für die Sanierung der Zechenwerkstatt in der Liste stehen, sind die geschätzten Gesamtkosten für die Sanierung – Fördermittel sind aber nicht eingerechnet, betont Wansing. Gleichzeitig seien aber auch Projekte „geschönt“ dargestellt, so Wansing: Bei der Sanierung des Gustav-Heinemann-Schulzentrums (GHZ), die mit 24 Millionen Euro aufgeführt ist, geht er von Kosten in Höhe von deutlich über 30 Millionen Euro aus. Bei der Aufstellung des nächsten Haushaltsplans soll die Liste dahingehend bereinigt werden, dass die tatsächlichen Folgekosten für die Stadt aufgeführt werden. Damit ist es aber wohl nicht getan. Die Liste erfordere Konsequenzen, so Wansing. Im Prinzip gebe es drei Möglichkeiten:
1. Die Verwaltung wird in die Lage versetzt, den Investitionsstau abzubauen – es müsste also „massiv Personal erhöht“ werden. Das ist nicht nur wegen der dann entstehenden Personalkosten schwierig – sondern vor allem deswegen, weil Dinslaken, wie viele Kommunen, Probleme hat, gerade für den technischen Bereich überhaupt Personal zu finden. Planungsdezernent und Kämmerer Dr. Thomas Palotz hat die Politik neulich informiert, dass ein halbes Dutzend Ingenieurstellen bei der Stadt unbesetzt sind.
2. Der Stadtrat beschließt keine neuen Projekte mehr. Es würde also so lange nichts geplant, bis die Liste abgearbeitet ist. Nicht machbar, so Wansing, weil sicher „in den kommenden Jahren wichtige Projekte anstehen“. Es würden also „möglicherweise viel wichtigere Projekte, als die, die in der Liste stehen, nicht angegangen.“
3. Also „müssen wir diese Liste neu gewichten und möglicherweise auch selektieren“, so Wansing. Heißt: Die Investitionen sollen nach dem Willen der CDU noch einmal auf „Notwendigkeit, Dringlichkeit und Folgekosten“ geprüft werden. Das könne kleinere Maßnahmen mit geringen Investitions- aber hohen Folgekosten treffen, aber auch große Posten wir die Sanierung des GHZ, findet Wansing. Zwar will er das Projekt nicht generell in Frage stellen. „Aber wir würden uns damit für mehr als ein Jahr sämtliche anderen Investitionen verbauen“, warnt er. Möglicherweise werde der Stadtrat in neuer Zusammensetzung auch diese Maßnahme anders bewerten was Zeitpunkt und den Umfang betrifft. Stadt und Rat müssten „Standards“ im Baubereich festschreiben – also die Spanne zwischen Mindestanforderungen und Maximalinvestitionen definieren.
Das sagt die SPD
Reinhard Wolf, Stadtverbandsvorsitzender der SPD, plädiert dafür, dass „zuerst alle bereits begonnenen Maßnahmen“ und „alle Maßnahmen, für die Förderzusagen mit Fertigstellungsfristen vorliegen, sowie die Schul- und Kitamaßnahmen“ fertiggestellt werden.
Verwaltung und Prozent GmbH sollen zunächst „ermitteln, was sie kapazitätsmäßig pro Jahr umsetzen können, auf dieser Basis einen Prioritäten- und Umsetzungszeitplan entwickeln und der Politik zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen“. Das allerdings könne „natürlich bei vielen Maßnahmen nur auf Grundlage der vorhandenen Zahlen geschehen.“ Weil diese aber „in den meisten Fällen nicht realistisch“ seien, „bleiben auch bei dieser Vorgehensweise einige Planungsrisiken bestehen.“
Das sagt die UBV
„Erschrocken“ war UBV-Fraktionsvorsitzender Heinz Brücker angesichts der Investitionsliste. Er hätte sich gewünscht, dass der Haushalt schon in den Vorjahren bereinigt worden wäre und Investitionen, die absehbar nicht umzusetzen sind, herausgenommen worden wären. Allein für die Sanierung der Bezirkssportanlage Lohberg seien neben drei Millionen Investitionskosten neun Millionen Euro Ermächtigungsübertragungen eingestellt – „dabei wurde damit noch nicht einmal begonnen.“
Insgesamt belaufen sich die Ermächtigungsübertragungen mittlerweile auf 75 Millionen Euro, so Brücker, im vergangenen Haushalt seien es 60 Millionen gewesen. Eine solche Haushaltsführung hält Brücker für „fragwürdig“. Anhand des nächsten – dann bereinigten – Haushaltsplanentwurfs müsse die Politik entscheiden, welche Vorhaben geschoben werden können oder wo Abstriche gemacht werden können.