Voerde. In Voerde brannte der Dachstuhl eines Seniorenheims. Die Feuerwehr war mit 2oo Kräften vor Ort. Lob für Einsatzkräfte und Hilfe von Bürgern.
Der Alarm kam um 3.48 Uhr in der Nacht zu Donnerstag und er ist für die Rettungskräfte das „Worst-Case-Szenario“, sagt Dirk Preuten von der Feuerwehr Voerde: Ein Brand in einem Seniorenheim mit zahlreichen, nicht mobilen Menschen, die gerettet werden müssen. Nach der Brandmeldeanlage hat auch ein Anrufer die Feuerwehr alarmiert – und von einem Dachstuhlbrand gesprochen. So konnte die Feuerwehr statt der in diesem Fall üblichen drei Löschzüge gleich noch zwei Drehleitern zum St. Christophorus-Seniorenheim in Friedrichsfeld ordern. Am Ende konnten knapp 200 Feuerwehrleute 79 Menschen unverletzt aus dem Seniorenheim retten. Zum Glück.
Feuer brach im Dach aus
Das Feuer war im Dachgeschoss ausgebrochen. Dort sind technische Anlagen und die Heizung untergebracht, berichtet Wilhelm Krechter, Geschäftsführer der Wohnbau Dinslaken, die das Seniorenheim gebaut hat. Gleichzeitig untersuchten Ermittler der Kriminalpolizei die Brandursache. Das Ergebnis steht noch aus.
Weil die Feuerwehr – im Einsatz waren Einheiten aus Voerde, Möllen, Spellen, Friedrichsfeld, Dinslaken, Wesel und Hünxe-Bruckhausen – das Feuer vor allem aus der Luft von den drei Drehleitern aus bekämpfte, stand am Boden viel Personal zur Verfügung, das die Bewohner aus den zwei Etagen des brennenden Gebäudes holen konnte, so Dirk Preuten.
Bewohner aus dem Haus getragen
Mit Tragen, Tüchern und extra dafür ausgestatteten Matratzen trugen die Retter die alten Leute die Treppen hinab aus dem Heim und von dort zum Marktplatz Friedrichsfeld. Um jeden Bewohner habe sich mindestens ein Helfer gekümmert, sagt Preuten, der die Zusammenarbeit mit Polizei, Stadt und DRK lobt.
Um die Bewohner in der kalten Nacht vorläufig unterzubringen, sperrte das DRK den Marktplatz ab und baute dort „in Windeseile eine ganze Zeltstadt auf“, wie Preuten, beeindruckt von der Arbeit der Katastrophenhelfer, berichtet.
Bäckerei versorgte Senioren
Bis die Zelte standen und beheizt waren, durften die Retter die Senioren im Verkaufsraum der Bäckerei Jöhren unterbringen, die um 4.15 Uhr bereits besetzt war. „Wir haben sofort alles beiseite geräumt, damit die Rollstuhlfahrer bei uns im Warmen warten konnten“, sagt Silka Jöhren. Gemeinsam mit Ehemann und Sohn hat sie kräftig mit angepackt, um die Menschen schnell unterzubringen und mit heißem Kaffee und Brötchen zu versorgen. Eine hundert Jahre alte Frau sei dabei gewesen, berichtet sie voll Mitleid. Die Senioren hätten zum Teil nur Schlafanzüge unter den Decken angehabt. Dass sie da helfe, sei doch selbstverständlich, findet Silka Jöhren, die – ebenso wie Edeka Stepper nebenan – auch den Einsatzkräften eine kleine Stärkung vorbei gebracht hat.
Bettdecken stapelten sich im Laufe des Vormittags auf dem Marktplatz. Mit Bussen und Krankenwagen brachte Pro Homine, der Betreiber des Seniorenheims, die Bewohner des Altenheims vorläufig zum Gymnasium Voerde und brachte sie dort provisorisch unter. Eine ältere Dame hat bei der Abfahrt das Gesicht in den Händen vergraben. Die alten Menschen haben zum Teil noch den Krieg erlebt, Sirenengeheul und Feuer wecken da böse Erinnerungen. In der Schule stellte die Stadt den Geretteten ein Telefon zur Verfügung, um Angehörige benachrichtigen zu können. Eine Frau steht dennoch morgens vor dem geschlossenen Heim. Ihr Mutter lebe dort, sagt sie – und wird ans Gymnasium und die entsprechende Hotline der Stadt verwiesen.
Gebäudeschaden: mindestens 100.000 Euro
Das Seniorenheim ist derzeit unbewohnbar. Zwar sind die Wohnräume nicht in Mitleidenschaft gezogen – aber die Heizungsanlage ist ein Opfer der Flammen geworden. Während die Feuerwehr gegen 10.15 Uhr begann, die Schläuche einzurollen, begutachtet Wohnbau-Chef Wilhelm Krechter den Schaden, den Flammen und Löschwasser an Dachstuhl und technischen Einrichtungen hinterlassen haben. Mindestens 100.000 Euro wird der Schaden betragen, so die erste, vorsichtige Schätzung.
Von der Straße aus ist ein klaffendes Loch im Giebel des Hauses zu sehen. Vom Hubsteiger aus deutet sich das ganze Ausmaß des Schadens an: Große Teile des Dachs sind abgebrannt. Um weitere Schäden durch Regen zu verhindern, soll nun eine Plane über die klaffenden Löcher gezogen werden, so Krechter.
Die meisten Bewohner kamen in anderen Einrichtungen unter
Für die evakuierten Bewohner des Altenheims St. Christophorus in Friedrichsfeld wurden Plätze in anderen Senioreneinrichtungen in Voerde, Dinslaken, Wesel, Xanten und Hamminkeln gefunden, erklärte Gerd Heiming, Sprecher von „pro homine“. Der Betreiber des nach dem Dachstuhlbrand unbewohnbaren Hauses an der Wilhelmstraße ist dankbar für die große Hilfsbereitschaft der anderen Träger, die Bewohner aus dem Heim St. Christophorus bei sich aufnehmen. Es zeichne sich ab, dass Personal von dort für die Betreuung der Senioren in den Einrichtungen abgestellt wird. Dies sei im Falle der Häuser wahrscheinlich, in denen eine größere Zahl von Senioren untergebracht werden. Die Details müssten noch geklärt werden, sagte „pro-homine“-Sprecher Heiming.
Angehörige wurden auf Corona getestet
Feuer im Seniorenheim
Fast die Hälfte der Bewohner war gestern am späten Mittag vom Gymnasium aus zu den anderen Einrichtungen gebracht worden – wenige Stunden später die übrigen. Zwei der 79 Senioren seien bei Angehörigen untergekommen. Am Gymnasium war zwischenzeitlich ein Abstrichzentrum eingerichtet worden: Wer zu seinen Verwandten in der Schule wollte, musste sich einem Schnelltest auf das Coronavirus unterziehen – es sei denn, ein kürzlich gemachter war noch gültig, sprich war noch nicht länger als 72 Stunden her, wie Heiming erläuterte. Infektionsfälle habe es aktuell in der Senioreneinrichtung St. Christopherus nicht gegeben. Die Bewohner hätten die erste Impfung bekommen. Zu dem Ausmaß des Gebäudeschadens und dazu, wann die Senioren womöglich dorthin zurückkehren können, vermochte der Sprecher von „pro homine“ nichts zu sagen.
Bürgermeister Dirk Haarmann war gestern Früh kurz nach 6 Uhr auf dem Marktplatz in Friedrichsfeld, wo die Bewohner in beheizten Zelten versorgt wurden, bevor sie später zum Gymnasium gebracht wurden. Alles sei professionell organisiert gewesen. „Alle Dinge waren soweit geregelt“, beschrieb Haarmann am Montagmittag im Gespräch mit der NRZ die von ihm vorgefundene Situation.
Bürgermeister dankt den Einsatzkräften
In der Schule sei der komplette Verwaltungstrakt für die zwischenzeitliche Unterbringung der evakuierten Altenheimbewohner genutzt worden. Der Vorteil in Zeiten der Corona-Pandemie: Die Menschen, die durch das Pflegepersonal und die Hilfsdienste versorgt wurden, konnten dort auf mehrere Räume verteilt werden, wie Haarmann weiter erklärte. Das Gymnasium habe darüber hinaus ein Büro mit PC und Telefonanlage zur Verfügung gestellt. Auf zwei Rufnummern der Schule schaltete die Stadt am Mittag eine Hotline für Angehörige frei. „Das ging Hand in Hand“, berichtete der Verwaltungschef. Das Gymnasium als ersten festen Zufluchtsort zu wählen, habe sich angeboten.
Haarmann bedankt sich für das „geistesgegenwärtige“ und „absolut selbstlose“ Handeln der Einsatzkräfte und berichtet von Polizisten, die bei der Evakuierung von Bewohnern halfen. Bereits aus dem Gebäude Gerettete wurden nach Angaben der Feuerwehr kurzzeitig in Polizeifahrzeugen „vor dem nasskalten Wetter geschützt“.