Dinslaken. Dinslaken soll zusätzlich zur Kreisumlage von 39,8 Millionen Euro eine halbe Million Euro für die Linie 903 zahlen - und erhebt Klage.

Die Rechnung flatterte in Form der neuen „differenzierten Kreisumlage“ ins Haus: Neben der normalen Kreisumlage von 39,8 Millionen Euro im Jahr 2020 soll Dinslaken auch 500.000 Euro für den Betrieb der Straßenbahn-Linie 903 bezahlen. Die Stadt erhebt dagegen Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.

Das ist der Hintergrund

Seit drei Jahren schon zanken sich der Kreis Wesel und die Stadt Dinslaken um die Übernahme der Kosten. Eine EU-Verordnung zur Vergabe und Finanzierung von im öffentlichen Interesse liegenden Personenverkehrsleistungen hat eine alte Vereinbarung zwischen den Aufgabenträgern Stadt Duisburg und dem Kreis Wesel gekippt, nach der gegenseitige Verrechnungen von Kosten vermieden wurden.

Die 903 fährt von Mannesmann in Duisburg bis zum Bahnhof Dinslaken. Um den drei Kilometer langen Streckenabschnitt zwischen Duisburg-Watereck und Dinslaken-Bahnhof zu erhalten, schlossen der Kreis Wesel und die Stadt Duisburg eine Delegationsvereinbarung. Danach soll sich der Kreis Wesel an der Finanzierung des Streckenabschnitts auf Dinslakener Gebiet beteiligen. Der Kreistag reichte die Kosten in Höhe von 500.000 Euro jährlich allerdings mit Beschluss vom 4. April 2019 an die Stadt Dinslaken weiter.

So argumentiert der Kreis Wesel

Nach Ansicht der Kreisverwaltung – und der politischen Mehrheit im Kreistag – komme die Linie 903 „ausschließlich bzw. in besonders großem Maße“ der Stadt Dinslaken zugute. In einem solchen Fall muss sich der Kreis laut Kreisordnung nicht solidarisch an den Kosten beteiligen. Diese Ansicht stützt der Kreis auf eine Untersuchung des Verkehrsbüros Rödel & Pachan, nach der nur fünf Prozent der Fahrgäste der Linie 903 aus einer anderen kreisangehörigen Kommune kamen oder dorthin fuhren. Es könne nicht angehen, so der Kreis, dass andere kreisangehörige Kommunen, die nicht von der Linie profitieren, diese solidarische finanzieren sollen. Zumal Dinslaken eine der sechs kreisangehörigen Kommunen sei, die sich nicht in der Haushaltssicherung befinde.

Das sagt die Stadt Dinslaken

Die Stadt Dinslaken will mit der Klage gegen die differenzierte Kreisumlage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf nun zunächst Akteneinsicht erlangen, um die Situation „genauer juristisch bewerten und prüfen zu können, wie der Kreis Wesel auf die Höhe seiner Forderung gekommen ist“.

Das Vorgehen des Kreises sei nicht zu akzeptieren: „Die Bedeutung der Straßenbahn ist überregional und geht weit über die Stadtgrenze hinaus, so dass der Kreis Wesel als Träger des öffentlichen Personennahverkehrs in der Pflicht ist“, betont Bürgermeister Michael Heidinger. Auch im Nahverkehrsplan wird die 903 nicht etwa dem Ortsverkehr sondern dem Regionalverkehr zugeordnet.

Die möglichen Folgen

Für den Haushalt der Stadt Dinslaken wäre die differenzierte Kreisumlage eine unzumutbare Belastung, wie Kämmerer Thomas Palotz erläutert: „Anders als bei einer Investition, wie der Sanierung von Schulen oder beispielsweise der Kathrin-Türks-Halle, sind die Kosten für die Straßenbahnlinie konsumtive Ausgaben, die jährlich anfallen und nicht das Vermögen der Stadt vergrößern.“ Zum Vergleich führt Palotz an: „Wenn Dinslaken frei über diese 500.000 Euro verfügen könnte, dann ließe sich damit zum Wohle aller Bürger eine 15-Millionen-Euro-Investition mit einer Abschreibungszeit von 30 Jahren finanzieren.“

Wie die Kosten, die den Haushalt nun „strukturell und dauerhaft“ belasten, kompensiert werden sollen, das „ist im Prozess der Haushaltskonsolidierung zu klären“, so Stadtsprecher Marcel Sturm. Die „konsumtive halbe Million“ bringe die Stadt Dinslaken „der Grenze zur Haushaltssicherung ein ganzes Stück näher“.

Die Linie einzustellen, um so die Kosten zu sparen, sei nicht möglich: „Sie ist im Landesentwicklungsplan vorgegeben. Da hätten wir gar keine Möglichkeit“, so Sturm.

>>Hintergrund


Laut Zählung des Verkehrsbüros kamen von 1248 Fahrgästen der Linie 903 an drei Werktagen nur 63 aus anderen Kommunen des Kreises Wesel – aus Wesel 27, Voerde 25, Hamminkeln 4, Hünxe 3, Xanten 2, Moers 1, Schermbeck 1. 33 kamen aus Duisburg, 71 von anderswo. Es wurde nur bei der Hinfahrt gezählt.