An Rhein und Ruhr. Im Kreis Wesel könnte am Wochenende die Innengastronomie öffnen. Spahn-Berater Dr. Voshaar mahnt, dass in Innenräumen die größte Gefahr droht.

Seit Tagen hält der Abwärtstrend bei den Corona-Neuinfektionen in Nordrhein-Westfalen an. In gut der Hälfte aller kreisfreien Städte und Kreise in NRW konnten am Pfingstwochenende wieder Gäste auf Restaurantterrassen und in Biergärten bewirtet werden. Viele Menschen nutzten das Angebot – trotz mäßigen Wetters. Getrübt wird die positive Entwicklung aber durch die Ausbreitung der indischen Corona-Variante.

Deutlich wird das im Fall der unter Quarantäne gesetzten Bewohner zweier Hochhäuser in Velbert: Bei sieben Familien wurde am Wochenende die indische Variante nachgewiesen. Der Ausbruch zieht auch in Ratingen weitere Tests im Umfeld einer weiteren Familie nach sich, nachdem das Gesundheitsamt ermittelt hatte, dass es zwischen einer dort infizierten Familie und den Betroffenen in Velbert Kontakte gab. Ob auch hier die indische Variante vorliegt, müssen die weiteren Untersuchungen zeigen. Auch am Niederrhein mehren sich die Fälle.

Voshaar: Dürfen uns nicht in die Passivität treiben lassen

Zuletzt meldete der Kreis Wesel am Freitag sieben Fälle, den Kreis Kleve hat die Mutation ebenfalls erreicht. Setzt die indische Corona-Mutation, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „besorgniserregend“ eingestuft wird, den Öffnungen in NRW also ein jähes Ende?

Dr. Thomas Voshaar, Leiter der Lungenklinik am Moerser Krankenhaus Bethanien, hält trotz der Ausbreitung der Virusvariante weitere, vorsichtige Öffnungen, für vertretbar. Es sei nicht sinnvoll, sich von Angst und Sorge in die Passivität treiben lassen. Im Gegenteil sei es wichtig zu beobachten, was passiert, wenn Stück für Stück geöffnet wird. „Wir müssen lernen, was es bedeutet, in Deutschland die indische Corona-Variante zu haben“, sagte Voshaar der NRZ.

Die Hohe Straße in Wesel: Bleibt die Corona-Inzidenz unter dem Wert von 50, dann wären auch im Einzelhandel wieder Lockerungen möglich. (Symbolbild)
Die Hohe Straße in Wesel: Bleibt die Corona-Inzidenz unter dem Wert von 50, dann wären auch im Einzelhandel wieder Lockerungen möglich. (Symbolbild) © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Der Spahn-Berater hält das Risiko weiterer Lockerungen – auch im Angesicht der indischen Corona-Variante – für kalkulierbar. Dennoch rät der Lungenspezialist dazu, wenn möglich alle Aktivitäten nach draußen zu verlagern. „Nirgendwo ist es sicherer.“

Kritisch bewertet Voshaar hingegen Lockerungen in Innenräumen. So könnte im Kreis Wesel, wo die Sieben-Tage-Inzidenz seit vergangenem Donnerstag unter dem 50er-Grenzwert liegt, am kommenden Wochenende der nächste Öffnungsschritt anstehen: bleibt die Inzidenz weiter stabil, dürften ab Freitag auch die Innenbereiche in der Gastronomie für Gäste mit negativem Testergebnis und Abstandsregeln öffnen. Auch private Veranstaltungen wären möglich: im Außenbereich mit maximal 100 Personen, in Innenräumen mit maximal 50 Personen – mit negativem Test.

Spahn-Berater warnt vor Gefahren in Innenräumen

Für den Moerser Lungenspezialisten bergen gerade diese Aktivitäten das größte Risiko. Einige der Corona-Maßnahmen, so Voshaar, sehe er als etwas überstreng und auch nicht wissenschaftlich gesichert an. „Das, was man aber am ehesten noch unterlassen muss, sind Treffen mit vielen fremden Menschen drinnen.“ Dies schließe im Grunde von vornherein aus, in der aktuellen Situation wieder größere Gesellschaften in Innenräumen zu erlauben – unabhängig davon, ob die Teilnehmenden genesen, getestet oder geimpft seien.

Trotz der kritischen Situation habe die Politik nun dem Druck nachgegeben, den Menschen weiter Grundrechte vorzuenthalten. Das sei zwar verantwortbar, dennoch stellt Voshaar klar, dass er sich aktuell nicht in den Innenbereich eines Restaurants setzen würde: „Viele Menschen auf kleinem Raum und lange Aufenthaltsdauer. Das war und ist das größte Risiko in dieser Pandemie.“