Hünxe/Dinslaken. Seit Corona gehen mehr Menschen in Wäldern spazieren. Das freut den Förster grundsätzlich. Doch Lauf- und Parkverhalten wird teils zum Problem.
„Ich habe das, was ich jetzt erlebe, in den vergangenen Jahren oder vielmehr noch Jahrzehnten nicht erlebt“, sagt Michael Herbrecht. Der hiesige, an der Grenze von Dinslaken und Hünxe ansässige Revierförster beobachtet seit Beginn der Corona-Pandemie ein verändertes Verhalten vieler Besucherinnen und Besucher im Wald. Ein Anlass zur Sorge für ihn.
Das Laufverhalten
Seit Beginn der Corona-Pandemie seien, so schätzt Herbrecht, etwa drei Mal mehr Menschen in den Wäldern unterwegs als zuvor. An sich sei es zwar schön, dass die Leute die Natur zuletzt wieder mehr für sich entdeckt hätten. Aber: Vielen Besucherinnen und Besuchern sei nicht bewusst, wie sie sich im Wald zu verhalten haben. Dabei gelten große Teile der hiesigen Wälder als Naturschutzgebiete. „Das heißt, hier ist fast alles verboten“, erklärt Herbrecht. Im entsprechenden Paragrafen des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege heißt es: „Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten.“
So dürften beispielsweise die Wege nicht verlassen werden. Doch daran wird sich offensichtlich nicht gehalten, wie der Förster beim Treffen mit der NRZ beispielhaft an mehreren Stellen entlang der Bergerstraße aufzeigt: „Seit Corona sind hier viele neue Trampelpfade entstanden, die oft sogar parallel zu den Wanderwegen verlaufen. Das ist ganz klar ein Rückschritt. Und wir wissen das nicht zu beheben“, bedauert er. Dass die Wege nicht verlassen werden dürfen, habe unter anderem den Grund, dass die im Wald lebenden Tiere nicht unnötig aufgeschreckt werden sollen. Das passiere allerdings mittlerweile regelmäßig. „Früher waren es Einzelfälle, jetzt sehen wir jedes Wochenende Tiere auf der Straße“, sagt Herbrecht. „Aber als Hirsch würde ich mein Wochenende aktuell wohl auch eher auf der Straße verbringen. Da ist es sicherer als im Wald.“
Das Parkverhalten
Die meisten Besucherinnen und Besucher kommen nicht zu Fuß in den Wald, sondern nutzen ein Fahrzeug, um hierher zu gelangen. Das ist an sich unproblematisch, allein entlang der Bergerstraße gibt es mehrere große Wanderparkplätze, auf denen Pkw &Co. abgestellt werden können. „Doch die werden kaum noch genutzt. Es scheint so, als hätten die Leute Angst, dass sich die Autos untereinander mit Corona anstecken, wenn sie nebeneinander parken“, sagt er ironisch. Stattdessen würden die Autos im Bereich der Bergerstraße meist am Straßenrand geparkt. Das sei problematisch.
Denn: „Durch dieses ‚Wildparken‘ werden die Wege und Zufahrten für den Rettungsdienst zugestellt und auch zerstört“, erklärt Herbrecht. Dabei müsse er die Rettungszufahrt in den Wald jederzeit garantieren können; jedes Jahr gebe es Noteinsätze im Wald und auch Brände. „Und bei einem Notfall im Wald kann ich das blockierende Fahrzeug ja nicht erst einfach abschleppen lassen, weil das mindestens 30 Minuten Wartezeit bedeutet“, erläutert er. Neben den Rettungsfahrzeugen seien auch Lkw für den Holzabtransport auf eine freie Zufahrt angewiesen.
Auch die Reiterinnen und Reiter behindern die „Wildparker“, beispielsweise an der Einbiegung zum Elchweg: „Da denkt sich wirklich keiner was bei, der sein Auto hier hinstellt, aber: Die Pferde scheuen teilweise, weil sie an den Fahrzeugen nicht vorbeikommen, und werfen dann ihren Reiter ab“, schildert Herbrecht. Den Spuren nach zu urteilen, haben sie sich bereits eine alternative Route hinter dem Schild entlang gesucht, um dort auf alle Fälle noch durchzukommen.
Erste Maßnahmen nicht von Erfolg gekrönt
Der Förster und sein Team haben bereits erste Maßnahmen umgesetzt, um der Wildparkproblematik Herr zu werden. In Höhe der „Mörderschneise“ auf der Bergerstraße haben sie Baumstämme auf dem Seitenstreifen platziert, die als Parkplatzsperre fungieren. „Doch leider missachten die Leute das und räumen die Bäume sogar weg“, ärgert er sich. „Es ist bald so weit, dass wir abschleppen lassen müssen.“
Wenn Herbrecht die Besucherinnen und Besucher im Wald auf ihr Fehlverhalten anspricht, bestehe da meistens „null Unrechtsbewusstsein“. Er weist darauf hin, dass in solchen Fällen „empfindliche Strafen“ drohen – die Untere Naturschutzbehörde erstattet Anzeige.
>> Gründe nicht klar erkennbar
Einen Grund für das veränderte Verhalten im Wald kann Förster Michael Herbrecht nicht klar benennen. Einerseits denkt er, dass die Pandemie und die daraus entstandenen Restriktionen zu mehr Besucherinnen und Besuchern geführt haben. „Und das ist ja auch schön, schließlich möchten wir die Leute gerne im Wald haben.“
Andererseits könnte er sich, gerade, weil zuletzt „auffallend viele Leute nachts im Wald anzutreffen waren“, auch vorstellen, dass so mancher auf der Suche nach dem hiesigen Wolfsrudel sei. „Es ist aber vollkommen naiv, in den Wald zu gehen und meinen: Ich treffe jetzt hier den Wolf und dann mache ich ein Foto“, sagt er und erklärt: „Den Wolf sieht man nicht einfach so. Er hat immer noch Respekt.“