Köln. Antisemitismus ist unter Jugendlichen stark verbreitet, zeigt eine neue Studie. Wie eine jüdische Studentin seit dem Krieg massiv beleidigt wird.

Ständig muss sie sich rechtfertigen. Für einen Konflikt, mit dem sie nichts zu tun hat. „Obwohl ich in Deutschland lebe und aufgewachsen bin, projizieren viele den Nahost-Konflikt auf mich“, sagt Ilana. Die 29-Jährige lebt in Köln, ist jüdischen Glaubens und hat Familie und Freunde in Israel – um die sie täglich bangt.

Die am Dienstag vorgestellte erste Studie zu antisemitischen Vorurteilen in NRW seit dem Terrorangriff der Hamas aus Israel im Herbst 2023 hat besorgniserregende Ergebnisse: Bis zu 24 Prozent der Befragten haben judenfeindliche Einstellungen. Besonders verbreitet ist der Antisemitismus demnach unter Jugendlichen. 16- 18-Jährige seien „auffällig israelfeindlich eingestellt“, heißt es. Über Tiktok und andere soziale Medien werde Judenfeindlichkeit schon in die Kinderzimmer transportiert.

Ilana
Studentin Ilana. © jüdischen Studentin Ilana. | Ilana

Lesen Sie hier das Protokoll einer jungen Frau, die sich seit dem Angriff der Hamas auf Israel kaum noch traut, aufs Handy zu schauen:

„Ich wache jeden Morgen mit Angst im Bauch auf. Mein Blick wandert zuerst aufs Handy, obwohl ich mich eigentlich gar nicht so recht traue, drauf zu schauen. Die Lage in Nahost hat sich mit der Bedrohung durch den Iran verschärft. Ein Teil meiner Familie und Freunde wohnt in Israel. Sie leben permanent im Krisenzustand, sitzen sozusagen auf gepackten Koffern, um schnell in einen Bunker gelangen zu können. Sie rechnen jeden Tag mit einer Eskalation.

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Seit dem Angriff der Hamas im Oktober war ich nicht mehr in Israel. Für mich als Deutsche wäre die Lage dort zu heikel. Ich vermisse meine Lieben sehr. Es macht mich traurig, sie vorerst nicht mehr besuchen zu können. Natürlich stehe ich jeden Tag mit ihnen in Kontakt, ihr Schicksal macht mich betroffen.

Jüdin: „Seit Ausbruch des Krieges werde ich oft angefeindet“

Ich bin sehr dankbar, dass ich in Deutschland lebe und hier Sicherheit erfahre. Allerdings werde ich seit Kriegsbeginn auch hier immer häufiger angefeindet. Ständig muss ich mich zum Nahost-Konflikt erklären, obwohl ich nichts damit zu tun habe. Einige Menschen sehen in mir eine Projektionsfläche, als würde ich stellvertretend für die israelische Politik stehen.

Vor allem in den sozialen Medien wurde ich nach dem Ausbruch des Krieges teils massiv beleidigt. Frühere Bekannte haben mir zum Beispiel Nachrichten geschrieben, dass sie mich widerlich finden oder nicht die gleiche Luft atmen möchten wie ich. Das finde ich erschreckend. Aber ich versuche mich nicht darauf einzulassen. Denn ich muss mich für nichts rechtfertigen.“