Mülheim. Sie steht falsch herum und hat auch sonst ihre Eigenheiten: Warum die Kirche St. Theresia trotzdem ein unverzichtbarer Zeitzeuge für Mülheim ist.

Ein Satteldach wie bei einem Wohnhaus, ein freistehender Turm und kreisrunde Fenster. Nein, die Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu in Mülheim Heimaterde sieht wahrlich nicht so aus, wie man sich eine altehrwürdige katholische Kirche klassischerweise vorstellt. Die Denkmalbehörde der Stadt jedoch befand nun, dass das ungewöhnliche Bauwerk „einen hohen Aussagewert für das Leben in der frühen Nachkriegszeit in Mülheim“ hat und stellt das Innere, das Äußere und den Vorplatz der Kirche unter Denkmalschutz. Neben dem Kirchenbau werden drei weitere Gebäude in Mülheim geschützt, allesamt Privathäuser wie etwa ein 1889 errichtetes „Tiny House“ an der Jägerstraße.

Laut Klaus Drews aus dem Kirchenvorstand der zuständigen Pfarrei St. Mariae Geburt ist die Entscheidung zugunsten von St. Theresia in Zeiten von Kirchenschließungen ein Grund zur Freude. „Wenn über Schließungen nachgedacht wird, richtet sich der Blick schnell auf neuere Gebäude. Diese Kirche ist nun geschützt“, sagt Drews. In der Tat ist die Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu ein ungewöhnlich junges Gotteshaus. 1957 wurde sie nach den Entwürfen des Essener Regierungsbaumeisters Emil Jung errichtet, nachdem er bereits in Essen die Gotteshäuser St. Josef, Maria im Maien, St. Stephanus und St. Ignatius gebaut hat, von denen heute längst nicht mehr alle stehen.

Die Mülheimer selbst bereiteten den Boden für den Kirchenbau

Die Kirche in Mülheim gilt laut den Denkmalschützern auch deshalb als schützenswert, um das Werk Emil Jungs zu erschließen und um die städtebauliche Entwicklung der Siedlung Heimaterde nachzuvollziehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren es die Anwohner selbst, die den Boden für den Bau einer Notkirche bereiteten. Dieser schlichte, mehrfach umgebaute Zweckbau dient inzwischen als Pfarrheim und steht nicht unter Schutz.

Die Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu kurz nach ihrer Fertigstellung 1957. Aus Sicht der Denkmalschützer ist sie eine wertvolle Zeitzeugin - architektonisch wie auch kirchengeschichtlich.
Die Kirche St. Theresia vom Kinde Jesu kurz nach ihrer Fertigstellung 1957. Aus Sicht der Denkmalschützer ist sie eine wertvolle Zeitzeugin - architektonisch wie auch kirchengeschichtlich. © Klaus Drews | Unbekannt

Was viele nicht wissen: St. Theresia ist trotz der eher unscheinbaren Optik ein außergewöhnlicher Bau. „Erstmal steht sie falsch herum“, erklärt Klaus Drews vom Kirchenvorstand und lacht. Tatsächlich ist der Altar nicht wie üblich nach Osten ausgerichtet, sondern so, dass die Kirchentüren zum Kreisverkehr und damit zum öffentlichen Leben rausgehen. „Dann ist der Altar nicht zur Wand, sondern zur Gemeinde gerichtet, damit der Pfarrer den Menschen zugewandt steht. Das war damals noch nicht üblich“, sagt Drews. Und drittens sorgen bodentiefe Fenster dafür, dass der Altarraum regelrecht von Licht geflutet wird. „Trotzdem gibt es Leute, die sich fragen, warum diese Hallenkirche unter Denkmalschutz steht“, räumt Klaus Drews offen ein.

Eine einfache „Wohnungskirche“ für die Menschen in Mülheim

Die Denkmalschützer würden wohl argumentieren, dass neben dem architekturhistorischen Aspekt genau jener Reformwille eine Rolle spielt. So heißt es im Gutachten: „Die Vorstellung von Kirche als Haus der versammelten Gemeinde Christi beeinflusst wesentlich die architektonische Gestaltung und führte in Mülheim zu einer einfachen, häuslichen, gastfreundlichen, am menschlichen Maßstab orientierten Wohnungskirche.“

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Bis heute spiegelt sich diese Nähe zum Menschen im Gemeindeleben wider. So finden in St. Theresia vom Kinde Jesu auch Gottesdienste statt, in denen statt der Orgel Gitarre, Flöte und Bass erklingen. Einmal im Monat findet eine Kinderkirche statt, eine große Kolpingfamilie ist in der Gemeinde aktiv. Zudem engagieren sich 40 Kinder- und Jugendliche als Messdiener. Eine Zahl, von der andere Gemeinden nur träumen können.