Essen. Apples neues Computer-Betriebssystem „Snow Leopard“ sieht aus wie sein Vorgänger, hat kaum neue Funktionen und ist mit 29 Euro in der Update-Variante spottbillig. Der Schnee-Leopard will die Anwender mit inneren Werten überzeugen.

Um Apple war es zuletzt ruhiger geworden. Spektakuläre neue Produkte wie das iPhone-Handy, den Musikspieler iPod oder einen schicken neuen Mac-Computer hatten die Entwickler aus Kalifornien zuletzt nicht zu bieten. Die Geschäftsstrategie beschränkt sich seit geraumer Zeit vielmehr darauf, bewährte Produkte beständig, aber unauffällig zu verbessern. Dieser eher unorthodoxen Logik in der Computerbranche folgte zuletzt die Neuauflage des iPhones in der Variante „3GS” – und nun auch das neue Betriebssystem OS X in der Version 10.6, die jetzt auf dem Markt ist.

"Snow Leopard" hat kaum neue Funktionen

Das „Snow Leopard“ genannte Programm sieht aus wie sein Vorgänger, hat kaum neue Funktionen und ist mit 29 Euro in der Update-Variante spottbillig. Fällt Apple nichts Neues ein, seit Firmenpatriarch Steve Jobs krankheitsbedingt pausieren musste?

Der Schnee-Leopard will die Anwender mit inneren Werten überzeugen. Apple verzichtet auf spektakuläre Neuerungen, „weniger ist mehr“, lautet die Devise. Schneller, schlanker, kompatibler – das war Richtschnur der Programmierer bei der ersten Neuauflage des Apple-Betriebssystems seit zwei Jahren.

Wer „Snow-Leopard“ zum ersten Mal benutzt, merkt sogleich, dass der Mac schneller hochfährt. Auch die Fenster öffnen sich schneller und der Computer wacht rascher aus dem Schlafmodus auf. Ebenfalls verbessert: Der Zugriff auf Funknetzwerke. Wer ein Notebook aufklappt, wird in Sekundenschnelle mit dem nächsten Drahtlos-Netzwerk (WLAN) verbunden. Als einzig äußerlich augenfällige Neuerung muss wohl die Einbindung von Microsoft-Exchange gelten, was aber nur für Unternehmen interessant ist.

Wenngleich also der Snow-Leopard auf leisen Sohlen daherkommt, ist es Apple offensichtlich wieder gelungen, den Erzrivalen aus Redmond aus dem Feld zu schlagen. Denn seit Monaten redet die Fachwelt über das neue Microsoft „Windows 7“ – die offizielle Produkteinführung des Vista-Nachfolgers aber ist erst für den 22. Oktober avisiert. Der wuchtige Microsoft-Chef Steve Ballmer wird dem asketischen Apple-Guru Steve Jobs so wohl wieder hinterherhinken: Denn das, was Apple jetzt mit der Auffrischung seines Betriebssystems vorgelegt hat, ist auch erklärtes Ziel von Windows 7: Schneller, schlanker, kompatibler.

Platzhirsch Microsoft

Microsoft, mit Windows 20 Jahre lang praktisch unangefochtener Monopolist für Betriebssysteme, gerät seit einiger Zeit von mehreren Seiten unter Druck. Das kostenfreie Linux Ubuntu hat sich neben Apple OSX zu einer brauchbaren Alternative für Privatanwender entwickelt, und im Hinterhalt lauert schon Google, um mit dem Betriebssystem „Chrome“ Microsoft weitere Marktanteile abzujagen.

Gewiss: Windows ist nach wie vor weltweit der Platzhirsch, was die Zahl der Nutzer angeht. Doch zuletzt musste Microsoft zum ersten Mal seit 23 Jahren einen Umsatzrückgang wegstecken, und das vor allem wegen der Windows-Sparte. Insofern richtet der wankende Riese alle Hoffnungen darauf, dass „Windows 7“ so gut bei den Anwendern ankommt, wie es die ersten Testberichte vermuten lassen können.

Steve Jobs aber ficht das kaum an: Wie aus den USA zu hören ist, bastelt der Apple-Gründer derzeit geradezu besessen an seinem nächsten Coup, einem Tablet-PC, den man sich in etwa wie ein überdimensioniertes iPhone vorstellen muss. Mit der vornehmen Zurückhaltung in der Apple-Zentrale wird es deshalb vielleicht noch vor Weihnachten vorbei sein.