Berlin. Angola ist eines der Länder mit den meisten Landminen weltweit. Ihre Entschärfung ist mühsam. Nun sollen Ratten bei der Räumung helfen.

Während sich Hunde schon mehrfach als Helfer in der Not bewährt haben – etwa beim Aufspüren von Verschütteten oder beim Retten von Ertrinkenden – gibt es einen weiteren bemerkenswerten tierischen Helfer, der bisher wenig Beachtung gefunden hat: die Riesenhamsterratte. Das intelligente Nagetier spielt in Angola eine lebensrettende Rolle.

Riesenhamsterratten im Kampf gegen Landminen

In der angolanischen Provinz Kwanza Sul setzt die belgische Organisation Apopo derzeit zwölf Riesenhamsterratten ein, die sie „Heldenratten“ getauft hat. Die Nagetiere tragen diesen Namen zu Recht, denn sie retten mit ihrem Geruchssinn unzählige Leben: Sie spüren Sprengstoff auf – und das in einem der am stärksten von Landminen verseuchten Länder der Welt.

Seit dem Ende des Bürgerkriegs wurden in Angola, einem Land mit 36 Millionen Einwohnern im südlichen Afrika, mehr als 88.000 Verletzungen durch Landminen registriert. Laut dem internationalen „Landmine Monitor“ liegt die tatsächliche Zahl der Opfer vermutlich noch höher.

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Angola: Herausforderungen bei der Minenräumung

Trotz der seit mehr als zwei Jahrzehnten laufenden Entminungsbemühungen sind in Angola immer noch rund 70 Quadratkilometer Land zu entminen, wie aus dem jüngsten Bericht des „Landmine Monitors“ hervorgeht. Im Durchschnitt konnte das Land bisher nur sechs Quadratkilometer pro Jahr entminen.

Dieser langsame Fortschritt bedeute nach wie vor eine große Gefahr für die Bevölkerung, so der Bericht weiter: Im Jahr 2022 wurden 107 Menschen durch Landminen verletzt oder getötet. „Es vergeht kein Monat ohne neue Opfer“, berichtet auch Manuel Agostinho, Projektleiter von Apopo in Angola.

Effiziente Sprengstoffsuche mit Riesenhamsterratten

Mit Riesenhamsterratten als Sprengstoffschnüffler kommt Apopo aber schon gut voran. Gegenüber menschlichen Minensuchern haben die Riesenhamsterratten einen entscheidenden Vorteil: Während ein Minensucher mit einem Metalldetektor zwei Tage brauche, um 200 Quadratmeter abzusuchen, schaffe eine Riesenhamsterratte diese Fläche in einer halben Stunde, erklärt Agostinho. Zudem seien Ratten mit maximal zwei Kilogramm Körpergewicht im Gegensatz zu größeren Tieren wie Hunden viel zu leicht, um eine Explosion auszulösen.

Ihre Fähigkeit, Sprengstoff schnell und sicher aufzuspüren, hat sich deshalb bereits in anderen Ländern Afrikas und Asiens bewährt, unter anderem in Mosambik und Kambodscha.

Riesenratten erhalten vor Minensuche intensive Schulung

Bevor die Riesenhamsterratten in den Minenfeldern zum Einsatz kommen, werden sie sechs bis acht Monate lang intensiv trainiert und regelmäßig getestet. „Der Job der Ratten ist keiner, bei dem man sich Fehler erlauben darf“, betont Hamisi, ein weiterer Projektleiter von Apopo. Fehler könnten tödlich sein.

Bei ihrer Arbeit tragen die Ratten ein kleines Geschirr, das über eine lange Leine mit zwei Tierführern in Schutzausrüstung verbunden ist. Sobald die Ratten einen Sprengkörper entdecken, markieren sie diesen durch Scharren an der entsprechenden Stelle, woraufhin nummerierte Schilder aufgestellt werden, die die Position des Sprengkörpers anzeigen. Das ermöglicht den menschlichen Minenräumern später eine präzise Entschärfung.

Das ehrgeizige Ziel, bis Ende 2025 alle Minen in Angola zu räumen, scheint jedoch unerreichbar. Nach Angaben des UN-Minenräumdienstes „Unmas“ sind weltweit noch rund 110 Millionen Landminen in 70 Ländern vergraben. Würde man sie in einem Abstand von einem Meter aneinanderreihen, könnten sie fast dreimal die Erde umspannen.

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