Berlin. 132 Milliarden Euro stecken in offenen Immobilienfonds. Sie gelten als solide, doch eine hohe Rendite werfen sie aktuell nicht ab.

Wer die Bestandslisten der großen Immobilienfonds durchstöbert, findet darin einige prominente Gebäude. Das Chilehaus in der Hamburger Innenstadt etwa, die Neumarkt-Galerie in Köln, Wolkenkratzer in Frankfurt oder auch das größte europäische Einkaufszentrum, das Westfield in London – sie stecken in den Portfolios, die Dekabank, Union Investment und andere Gesellschaften zusammenstellen.

Wie der Geldratgeber Finanztip berichtet, bieten offene Immobilienfonds Anlegern die Möglichkeit, sich mit kleinen Beträgen an solchen Objekten zu beteiligen. Anders als bei den deutlich seltener vertriebenen geschlossenen Immobilienfonds, die sich nur auf je eines oder wenige Projekte konzentrieren, risikoreich und unflexibel sind, verteilt man bei den offenen Fonds also das Anlagerisiko auf eine Vielzahl von Immobilien. Bei den fünf größten offenen Immobilienfonds sind es jeweils zwischen rund 90 und 155 Liegenschaften.

Immobilienfonds: Zinswende sorgt für Bremsspuren

Allerdings sind in den zurückliegenden drei Jahren einige dunkle Wolken am Immobilienhimmel aufgezogen. Zunächst hat die Corona-Pandemie die Büros geleert, die benötigte Fläche schrumpfte für zahlreiche Firmen. Das Angebot stieg also, die Nachfrage sank. Anschließend verteuerte der schnelle und starke Zinsanstieg sowohl Neu- und Umbauten wie auch Kredite für Immobilienkäufe. Innerhalb weniger Monate vervierfachte sich der Kreditzins.

Die Konsequenz lässt sich in etlichen Statistiken ablesen. Die internationale Beratungsfirma Cushman & Wakefield nennt das erste Halbjahr 2023 für deutsche Gewerbeimmobilien das schwächste seit 2012. Und im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei der Markt um 65 Prozent eingebrochen.

Vor allem Bürogebäude stecken in Fonds. Sie machen nach Angaben des Branchenverbands BVI im Durchschnitt mehr als die Hälfte der Objekte aus. Am zweithäufigsten sind Einkaufszentren, Gastronomie und andere Handelsbetriebe, sie stehen für ein gutes Fünftel des Bestands. Hotels und Lagerhallen sowie Wohnhäuser folgen erst mit weiterem Abstand.

Analyse: Die Rendite hinkt hinterher

Für das laufende Jahr rechnet das Analysehaus Scope mit einer durchschnittlichen Rendite der offenen Immobilienfonds zwischen 2 und 2,5 Prozent. Das ist verglichen mit den aktuellen Sparzinsen wenig. Mit einjährigem Festgeld können derzeit über 4 Prozent erzielt werden. Auch gute Tagesgeldkonten mit flexibler Verfügbarkeit bieten eine bessere Wertentwicklung, so Finanztip.

Welchen Wert der Immobilienbestand eines Fonds hat, ergibt sich zu einem großen Teil aus Schätzungen und Gutachten. Diese müssen laut Gesetz vierteljährlich erstellt werden. Das Problem: Da der Markt quasi eingefroren ist, gibt es auch keine vernünftigen Vergleichspreise.

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Nicht mehr aufwärts: Auch der deutsche Markt für Gewerbeimmobilien ist stark zurückgegangen. © iStock | sorbetto

Die offiziellen Rücknahmepreise der Fondsgesellschaften sehen oft aus wie mit dem Lineal gezeichnet. Der Anteilswert steigt fast geradlinig an, mit nur minimalen Schwankungen. Allerdings werden die Fonds auch an der Börse gehandelt – zwar mit sehr viel geringerem Volumen, dennoch stellen die Kurse dort ein Bewertungssignal dar. Auffällig ist, dass die Schere zwischen Rücknahmepreisen und Börsenpreisen seit 2022 stark auseinandergeht und bei einigen großen Fonds 10 Prozent und mehr betragen kann.

Lehren aus der Krise: Eingeschränkte Verkaufsmöglichkeiten

Das spielt deshalb eine Rolle, weil der – höhere – Rücknahmepreis der Fondsgesellschaft nicht allen Anlegern weiterhilft. Es gelten Halte- und Kündigungsfristen: Frühestens zwei Jahre nach Kauf dürfen Immofonds-Anteile an die ausgebende Gesellschaft zurückverkauft werden, dabei muss die Rückgabe ein Jahr vorher verbindlich angekündigt werden.

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Wie hoch der offizielle Fondswert zum Ausführungstermin ist, zwölf Monate später also, bleibt somit vorher offen. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber verhindern, dass ein schneller Abzug von Kundengeldern zu Engpässen und Verlusten für die Anleger führt, wie in der Finanzkrise 2008 geschehen.

Depot-Check: Risikoverteilung beachten

Eine Ausnahme gilt aber für Fondsbesitzer, die ihre Anteile vor dem 21. Juli 2013 erworben haben. Sie dürfen pro Halbjahr einen Freibetrag von 30.000 Euro nutzen und so viel Geld ohne Wartezeit von der Fondsgesellschaft erlösen. An der Börse können Anleger jederzeit ebenfalls ohne Wartefrist verkaufen. Hier fallen die üblichen Ordergebühren des Depotanbieters an. Allerdings schmälert hier der Kursabschlag den Erlös.

Offene Immobilienfonds kommen derzeit mit manchen Fragezeichen daher. Eine Standard-Analyse für alle Anleger gibt es nicht. Wer seinen Fondsbestand auf den Prüfstand stellen möchte, sollte eine ausgewogene Risikoverteilung anstreben – und dabei auch auf die laufenden Kosten achten. So summiert sich beispielsweise eine jährliche Fondsgebühr von 1,5 Prozent über zehn Jahre auf 1.500 Euro pro 10.000 Euro Anlagesumme.

Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Der Geld-Ratgeber für Verbraucher ist Teil der Finanztip-Stiftung.