Berlin. Atem-Techniken helfen nicht nur bei Stress und Schlafstörungen – sie können einen sogar in einen wahren Rauschzustand versetzen.

Tiiief einatmen – und ausatmen. Tut gut, oder? Atmen ist eine der wenigen unterbewussten Funktionen des Körpers, die man vielfältig für sich ̈nutzen kann. „Gezieltes Atmen kann ein Ausweg aus unserem atemlosen Lebensstil sein und uns dabei helfen, gelassener zu werden“, sagt Jessica Braun, die das Buch „Atmen – Wie die einfachste Sache der Welt unser Leben verändert“ (Kein & Aber) geschrieben hat. Und tatsächlich ist sie mit dieser Meinung nicht allein: In diversen Studien kam heraus, dass Atemtechniken langfristig chronischen Stress mindern, Angststörungen verbessern und Schmerzen erträglicher machen können. Für so ziemlich jede Situation gibt es Übungen, die sich teilweise seit Jahrzehnten bewährt haben.

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Für mehr Energie im Alltag: So atmen Sie den Stress weg

Mund zu für einen guten Schlaf: Bei der Buteyko-Methode wird ausschließlich durch die Nase geatmet. Klingt nicht wirklich herausfordernd? Für viele schon. Mundatmen ist weitverbreitet und lässt einen nachts nicht nur schnarchen, sondern soll langfristig auch das Immunsystem schwächen. Es gibt aber noch mehr Vorteile, erklärt Jessica Braun: „Durch das verlängerte Atmen durch die Nase wird der Parasympathikus aktiviert. Der ist Teil des Nervensystems und für die Regeneration zuständig. Wird er gestärkt, kann sich der Körper besser von Stress erholen.“ Auch gegen Schlaf- und Konzentrationsstörungen soll die von Dr. Konstantin Buteyko in den 1950ern entwickelte Methode helfen.

Boxatmung gegen Stress: Egal ob Ärztinnen, Yogis oder berufstätige Mütter- Alle setzen in angespannten Situationen auf den vierteiligen Atemkreislauf. „Es ist eine kontrollierte, meditative Form der Atmung, die gut geeignet ist, um sich zu fokussieren“, sagt die Autorin. So geht’s: einatmen, halten, ausatmen, halten. Jede Sequenz sollte vier Sekunden dauern. Um zur Ruhe zu kommen, empfehlen Experten, das Ganze fünf Minuten lang zu wiederholen.

Mit der richtigen Atmung kann Stress nachhaltig reduziert werden. Auch bei Schlafstörungen helfen bestimmte Übungen.
Mit der richtigen Atmung kann Stress nachhaltig reduziert werden. Auch bei Schlafstörungen helfen bestimmte Übungen. © Shutterstock | Antonio Guillem

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Die Mehr-Energie-Atmung: Die indische Kapalabhati-Technik, auch Feueratmung genannt, konzentriert sich auf schnelles Ausatmen. Das soll nicht nur wach machen, sondern durch die schnellen Bauchbewegungen auch die Organfunktionen anregen. So entsteht ein warmes Gefühl im Körper, quasi ein inneres Feuer. So funktioniert’s: tief durch die Nase einatmen und wieder durch die Nase stoßweise ausatmen. Dabei besonders auf das Ausatmen konzentrieren. Schon 15 bis 20 Wiederholungen wirken wie ein doppelter Espresso.

Lachkrämpfe und Glücksgefühle? Atemtechniken für natürliche Euphorie

Bei Frust hilft die Löwenatmung: Um schlechte Laune und innere Unruhe zu vertreiben, mit geschlossenen Augen tief und so lange wie möglich einatmen, dabei an alles denken, was man loslassen möchte, Augen weit öffnen, Zunge rausstrecken und mit einem geräuschvollen „Haaaa“ ausatmen. Sieht albern aus, hilft aber. Selbst Logopäden oder professionelle Sänger schwören darauf.

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High ohne Drogen: Wer Lust auf Lachkrämpfe, Glücks- oder Befreiungsgefühle hat, probiert holotropes Atmen. Musik aufdrehen und im Rhythmus tief ein- und ausatmen. Wie schnell, hängt vom Song ab. Sobald das Gehirn eine leichte Sauerstoffübersättigung erreicht hat, kommt das High. Das amerikanisch-tschechische Wissenschaftlerpaar Christina und Stanislav Grof erkannte, dass diese Technik ähnlich wie LSD wirke – nur ohne Nebenwirkungen. Eine Session dauert bis zu drei Stunden. Weil es dabei extrem emotional werden kann, unbedingt von einem Experten anleiten lassen oder gleich einen Kurs besuchen. Termine gibt es unter holo-tropes-atmen.de. Tipp für Fortgeschrittene: Gleichzeitig Beckenbodenübungen machen führt manchmal sogar zum Orgasmus.

Atemcoach gesucht? Für alle, die sich mehr mit Atemtechniken auseinandersetzen wollen: das smarte „Moonbird“-Gerät von Snorflex. Sieht aus wie ein Handschmeichler, ist aber ein Hightech-Gadget, das die Herzfrequenz misst, während einen die dazugehörige App durch die Übungen leitet. Zusätzlich gibt’s Hinweise zum akuten Stresslevel. Dehnt sich das „Moonbird“ aus, muss man einatmen, vibriert es, ausatmen. Hilft übrigens auch beim Einschlafen. 180 Euro fürs Gerät, App für iOS und Android sind kostenlos.

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Dieser Text erschien zuerst in der Zeitschrift „myself“, die wie diese Redaktion zur Funke Mediengruppe gehört.