Essen. Tabus brechen, aber mit Niveau: Comedian Maria Clara Groppler steht solo und mit Kollegin Negah Amiri auf den Bühnen.

Zum Glück ist es noch ein guter Monat hin, bis Maria Clara Groppler wieder auf der Bühne stehen muss. Die Comedian verkündete gerade auf ihrem Instagram-Kanal, sie habe sich mit Corona angesteckt. Bis zu ihrem Auftritt mit Kollegin Negah Amiri am 8. Oktober sollte sich die 24-Jährige aber wieder erholt haben. In ihrem Programm „Doppel X“ bringen sie in jede Stadt weitere vier weibliche Comedians mit – um die Frauenpower in der Szene endlich zu pushen. Aber nicht nur das, Groppler stellt Ende Oktober auch ihr neuestes Programm vor. Welchen Titel es trägt und warum die Wahl-Kölnerin nach sieben Jahren immer noch als Neuling wahrgenommen wird, erzählte sie Maxi Strauch im Interview.

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Sie absolvieren gerade die letzten Auftritte Ihres ersten Soloprogramms! Macht Sie das wehmütig?

Ja schon etwas. Viele Künstler können nach zwei bis drei Jahren Tour ihr Programm nicht mehr hören. Mir macht das „Jungfrau“-Programm immer noch sehr Spaß und ich hätte es auch noch etwas länger spielen können, aber irgendwann wird es ja mal Zeit für etwas Neues und ich freue mich auch schon sehr auf mein zweites Programm. Das heißt übrigens „Mehrjungfrau“.

Zeit für ein Resümee: Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Ganz zu Anfang von meiner Tour hat mich Corona überrascht. Das war natürlich eine Erfahrung … Gerade ging es so richtig los mit meiner Karriere und dann hat mir die Pandemie erstmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Einen Monat vor dem Lockdown bin ich dann auch mit meinem Freund zusammengekommen. Dahingehend hab ich dann auch mein Programm etwas abgeändert. Ursprünglich hatte ich auch einige Nummern übers Single-Dasein.

Ihr Humor wird oft als „unerschrocken und ehrlich“ beschrieben. Wie wählen Sie Ihre Themen aus und welche Botschaften möchten Sie vermitteln?

Meistens sind es Themen und Probleme aus meinem Leben, mit denen ich humorvoll umgehe. Natürlich beobachte ich aber auch mein Umfeld und schreibe mir lustige Sachen auf, die ich sehe oder erzählt bekomme. Manchmal setze ich mich aber auch hin und versuche gezielt zu einem Thema zu schreiben. Ich hab’ zum Beispiel mal eine Nummer über die Anti-Baby-Pille geschrieben, weil ich es einfach unfair finde, dass wir Frauen diese Hormonbombe nehmen sollen.

Wie finden Sie die richtige Balance zwischen Humor und (vermeintlichen) Tabuthemen?

Das Publikum spiegelt mir ganz gut, wann ich ihnen zu weit gehe oder wenn ich zu viele Tabuthemen hintereinander behandle. Wenn ich ein großes Tabu breche, dann bekomme ich meistens einen „Hohoho“- Lacher. Nach so einem Gag braucht das Publikum in der Regel eine Verschnaufpause. Generell hab ich den Anspruch, dass alles lustig sein soll, also ich breche keine Tabus einfach nur um Tabus brechen zu wollen. Das Publikum soll lachen und mit einem guten Gefühl nach Hause gehen.

Auf Instagram & Co. gibt’s auch einige Songs von Ihnen. Gesangskarriere als Plan B?

Ich sehe das gar nicht so getrennt voneinander. Die Musik ist auch ein Teil meiner Comedy, aber dadurch kann ich nochmal ganz andere Leute erreichen. Einen Witz kann man vielleicht zwei bis drei Mal hören, aber Songs kann man immer wieder hören. Ich will das mit der Musik auf jeden Fall weiter machen und vielleicht gehe ich irgendwann mal damit auf Tour. Hätte ich auch Lust drauf.

Sie haben Ihre Comedy-Karriere bereits mit 17 Jahren gestartet. Welche Erfahrungen haben Sie in der deutschen Comedy-Szene gemacht, besonders als junge Frau?

Ich hatte schon das Gefühl, nicht so richtig ernst genommen und auch in gewisser Weise ignoriert zu werden. Ich bin zwei bis drei Jahre umsonst aufgetreten, bis zu vier, fünf Mal die Woche und keiner von den Veranstaltern wollte mir eine bezahlte Auftrittsmöglichkeit geben. Die haben die bezahlten Auftritte immer an ihre „Bros“ gegeben. Zu der Zeit hatte ich aber definitiv schon gute Nummern, das hat mir ja dann auch der Erfolg gezeigt, der dann ziemlich schnell kam.

Frauen in der Comedy-Szene sind nach wie vor rar. Was muss sich ändern aus Ihrer Sicht?

Einerseits muss natürlich neuer Nachwuchs nachkommen, aber auch die Veranstalter müssen den Fokus mehr darauflegen. Viele Veranstalter sagen oft, dass die Frauen alle keine Zeit hatten, aber ich glaube, wenn sie sich etwas mehr Mühe geben würden, fänden sie viele Frauen, die Zeit hätten. Ich kenne auf jeden Fall viele sehr gute Frauen, die nicht in Arbeit schwimmen. Es ist oft so, dass gerade eine Comedian total angesagt ist und die wird dann für alle Shows angefragt und natürlich kann sie dann nicht zu jeder Show fahren. Ich denke auch, desto mehr Frauen andere weibliche Künstlerinnen auf der Bühne sehen, desto mehr werden sich auch trauen.

Sie treten bald mit Comedy-Kollegin Negah Amiri auf. Wie kam’s dazu und was darf man erwarten?

Genau, wir machen eine Female Comedy Tour: „Doppel X“, wo wir dem Publikum viele lustige Frauen aus ganz Deutschland zeigen. Negah und ich sind schon sehr lange miteinander befreundet und müssen immer sehr viel zusammen lachen. Uns nervt es einfach, dass wir oft als einzige Frau für Shows gebucht sind und das wollten wir ändern und haben deswegen eine All Female Tour geplant. Das Publikum kann sich auf jeden Fall auf sehr lustige Shows freuen.

Ihr Freund ist ebenfalls erfolgreicher Comedian (Anm. d. Red. Phil Laude). Wie beeinflusst Ihre Beziehung Ihre Arbeit? Unterstützen Sie sich gegenseitig in Ihren Karrieren?

Meine Beziehung ist auf jeden Fall auch Teil meines neuen Programms, also dahingehend beeinflusst er meine Arbeit natürlich sehr, aber wir helfen uns auch gegenseitig. Wir fragen uns, wie wir was finden, geben Verbesserungsvorschläge und hin und wieder drehen wir auch was zusammen. Wir waren zum Beispiel dieses Jahr auf Reisen, haben den Kanal „Almansumdiewelt“ gestartet und dort auch gemeinsame Sketche hochgeladen.

Sie sind sozial sehr engagiert, setzen sich als Veganerin unter anderem für Tierrechte ein. Wie fließen Ihre Aktivitäten in Ihre Comedy ein?

Ich ernähre mich seit acht Jahren vegan und mein Leben hat diese Umstellung sehr bereichert. Auch wenn man bei „vegan“ eher an Mangel denkt, ernähre ich mich jetzt tatsächlich vielseitiger als vorher. Tierrechte und der Erhalt der Umwelt liegen mir sehr am Herzen und ich versuche, dafür meine Reichweite zu nutzen. Oft im lustigen Kontext, aber manchmal rede ich auch etwas ernsthafter über solche Themen.

Auf Ihren Social-Media-Kanälen werden Sie oft mit Hass, negativen und unangebrachten Kommentaren konfrontiert. Wie gehen Sie damit um?

Ich versuche sie weitestgehend zu ignorieren. Wenn Stand-ups von mir hochgeladen werden, schaue ich mittlerweile gar nicht mehr in die Kommentarspalte, weil ich eh schon weiß, was da für Kommentare stehen. Ich versuche mich dann auch eher auf das Positive zu fokussieren: Cool, es ist viral gegangen und es hat so und so vielen Leuten gefallen.

Sie sind als eine von vier „Aufsteigerinnen“ für die Goldene Henne nominiert. Was bedeutet Ihnen die Nominierung?

Ich muss ganz ehrlich sein, ich kannte den Preis bis zur Nominierung gar nicht. Aber als meine Mutter dann meinte, dass das was richtig Großes ist, habe ich mich natürlich schon sehr gefreut.

Andererseits haben Sie bereits 2020 den Deutschen Comedy Preis als „Beste Newcomerin“ erhalten. Ärgert es Sie, dass Sie immer noch als „Neuling“ wahrgenommen werden?

In Deutschland ist gefühlt jeder ein Neuling bzw. Newcomer, der das nicht schon seit 20 Jahren macht. Manchmal finde ich es auch absurd, wer alles als Newcomer bezeichnet wird, aber mich persönlich stört es auch nicht. Es kommt ja immer auf den Vergleich an. Im Vergleich zu Atze Schröder bin ich ein Newcomer, aber in Vergleich zu Comedians, die jetzt gerade erst anfangen, bin ich gefühlt schon ein alter Hase.

Im Oktober starten die Previews zu Ihrem neuen Comedyprogramm, können Sie uns einen kleinen Einblick geben, was Besucher:innen erwarten können?

Wie bei meinem „Jungfrau“-Solo werde ich wieder viele Geschichten aus meinen Leben erzählen, lustige Beobachtungen und ja, es wird auch um Meerjungfrauen gehen. 80-90 Minuten geht das Programm und es kommen viele verschiedene Themen vor, wie z.B. das Tabuthema Periode, Yoga, Schönheits-OPs und ich rede über meinen toten Vater – ja, auch so ein Thema kann witzig sein. Außerdem hab ich in jeder Stadt eine Openerin dabei, also man bekommt quasi noch eine Comedienne on top gratis dazu. (lacht)

>>> Infos:

Maria Clara Groppler: Mehrjungfrauen, 15.11. Düsseldorf (ausverkauft), 28.2.24 Köln (Ateliertheater, 13.12. ausverkauft); mit Negah Amiri: Doppel X, 22.10. Dortmund (Fritz-Henßler-Haus), 7.+8.12. Köln (artheater). Ticket ab ca. 17 Euro.

Neue „Mehrjungfrauen“-Termine 2024: 28.2. Köln (Atelier-Theater), 14.3. Düsseldorf (zakk), 7.5. Essen (Zeche Carl), 24.5. Krefeld (Südbahnhof), 16.6. Dortmund (Junkyard), 1.12. Bochum (Bahnhof Langendreer). Weitere Termine auf mariaclaragroppler.de