Mülheim. Der Mülheimer Comedian hat ein neues Programm und ist jetzt auch echter Nationalkicker. Beim Training ist manchmal sogar Kaiser Franz dabei.

René Steinberg meint es ernst mit dem Spaß: Für den September kündigt er „Radikale Spaßmaßnahmen“ an – so der Titel seines neuen Programms, das am 16.9. in Oberhausen Premiere feiert. Der WDR-2-Comedian („Die von der Leyens“, „Sarko de Funes“) findet: „Meckern und schlechte Laune bringt einfach nichts.“ Der Spaß dagegen sei eine dynamische Energie, mit der wir auf Dinge und vor allem auf Menschen zugehen sollten. Stefan Moutty wollte vom 50-jährigen BVB-Fan aus Mülheim wissen, wann ihm trotzdem mal die Laune vergeht und was es mit der Komiker-Nationalmannschaft auf sich hat.

Sie wollen „die Welt ein bisschen besser lachen“. Sind Sie ein geborener Optimist?

Wahrscheinlich hatte ich qua Geburt keine andere Wahl (lacht). Meine Mutter war ein sehr fröhlicher Mensch und meinen Vater zitierte ich im letzten Programm mit seinem Spruch, „Wenn du vom Leben einen Tritt in den Hintern kriegst, guck, dass du den Schwung nach vorne nutzt“. Und vor allem war da immer die Losung: Wenn dir was nicht gefällt, dann ändere es. Trotz dieser guten Disposition würde ich von mir sagen, dass ich ein „rationaler Optimist“ bin. Denn Optimismus ist für mich die einzige rational richtige Haltung im Leben. Mit Optimismus kann man tatsächlich am meisten bewegen und verändern – es ist eine Kraft. Und genau darum geht es in meinem neuen Programm – ich möchte den Spaß stärken.

Ein grauer Novembermontag, kein Highlight auf der Tagesagenda. Wie kann man an so einem Tag dennoch die Laune steigern?

Mit eigenverantwortlichem Spaß. Hintern hoch bekommen und selber Erlebnisse kreieren, auf die man Lust hat. Alle Studien zeigen auf, dass so ein Handeln nachweislich Stimmung, Mindset und sogar die Gesundheit beeinflussen. Also ab in den Wald. Sei ein Frosch und spring in Blätterhaufen, patsch in die Pfützen, schubst euch von Baumstämmen und zuhause gibt’s dann heißen Kakao, Kekse, Kuscheldecke und ein gutes Buch. So wird der Tag ein positives Erlebnis. Ein Urlaub im Kleinen, ohne viel Geld auszugeben. Es geht im Programm übrigens auch darum, „das Kind in einem selber zu wecken“. Eine Haltung, die viel positives Erleben in sich birgt.

Vor dem Kreuz Kaiserberg reißt die Hutschnur

Hand aufs Herz: Rutschen Ihnen beim Stau auf der A 3 oder an der Supermarkt-Kasse nicht auch schon mal die Mundwinkel herunter?

Da haben sie mich erwischt. Als Vielfahrer ist Stau ein Thema, wo mir die Hutschnur schon am Kreuz Kaiserberg gerissen ist. Aber auch da: Meckern bringt gar nichts, außer hohen Blutdruck. Ich lade aber das komplette Verkehrsministerium in meine Show ein, damit sie vielleicht mal darauf kommen, dass mit Spaß und Freude am Wandel die Verkehrswende mal angegangen werden sollte. Dass man mit den richtigen Konzepten Menschen auch mal glücklich machen kann. Grüße gehen raus an Lüdenscheid. (lacht)

Und wie sieht’s im Supermarkt aus?

Das ist dagegen ist ein wirklich positives Beispiel. Ich gehe nämlich wirklich gerne einkaufen. Denn: Da sind ja auch andere Menschen. Und – eine weitere Überschrift von mir -- „Menschen machen Sachen“. Ich gehe einkaufen mit dem Vorsatz, dass ich gleich was Lustiges erleben werde. Und habe meistens Recht damit. Die Geschichten poste ich regelmäßig auf Social Media und erzähle sie auch im Programm. Es kommt halt auf die eigene Vorgestimmtheit an. Wenn ich denke, dass die Welt nur noch von Idioten bevölkert wird, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ich diesen auch begegne. Ich dagegen freue mich auf Menschen und erlebe mit denen wirklich Witziges.

„Grobe Schellen sind nicht so meins“

Sie kündigen „radikale Spaßmaßnahmen“ an. Wie drastisch darf bei Ihnen ein Gag sein, um einen Lacher zu bekommen?

Auch das wird ein Thema: Wie schwarz darf Humor sein? Ich persönlich denke: Solange sich niemand wirklich verletzt fühlt, darf ein Gag auch mal drastisch sein. Aber man sollte sich an die Eckdaten von Kurt Tucholsky halten: Satire tritt immer von unten nach oben und sie ist der Wahrheit verpflichtet. Und lustig sollte es sein. Dann können sich Menschen ja von mir aus entrüsten. Aber guter Humor piekst fein und wirkt nach. Grobe Schellen sind nicht so meins. Viel interessanter finde ich dagegen, mit Lachen und Freude vielleicht mal Perspektiven oder auch Denkweisen zu ändern. Das geht doch viel besser, als wenn man jemanden anschnauzt. Wenn ich mich auf der Bühne laut über etwas aufrege, dann ist das sicherlich lustig, aber es bewirkt, dass das Publikum dabei zustimmt. Spannend wird es, wenn man mit einer gewissen Leichtigkeit und mit Spaß auch mal kontroverse Themen angeht und vielleicht Denkmuster verändert. Es geht bei mir beispielsweise um Sprache und Sprachwandel. Es wird heiß diskutiert zurzeit – ich möchte da mal die Schärfe rausnehmen und mich mit einem gewissen Spaß dem Thema widmen.

Sie sind Kabarettist und Comedian, arbeiten für den WDR. Wieso leben Sie noch in Mülheim und sind nicht nach Köln gezogen wie viele Ihrer Kollegen?

Naja, einer muss ja die Stellung halten (lacht). Im Ernst: Seit vielen Jahren fahre ich gerne nach Köln, kenne die Stadt gut und habe dort Freude und Freunde. Aber: Ich fahre auch sehr, sehr gerne in die Heimat zurück. Hier ist mein Platz, bin ich zuhause, sind meine Wurzeln, meine Leute. Und abseits vom persönlichen Wohlbefinden brauche ich wahrscheinlich auch das Ruhrgebiet mit seinem wunderbaren Mutterwitz als Dünger für meinen Beruf.

„Wir in Mülheim haben einen gewissen arroganten Stolz“

Halten Sie es mit Frank Goosen, der sagt „Woanders is auch scheiße“? Oder ist Mülheim wirklich schön?

Letzteres – ja! Das sage ich, weil sicher viele aus der Heimat mitlesen (grinst). Frank muss ja mit Bochum klarkommen (lacht). Aber wir in Mülheim haben einen gewissen arroganten Stolz: Wir sind die einzige Stadt, wo die Ruhr mitten durch die City fließt – der Wasserbahnhof, Auberg, unser Ruhrtal zwischen Saarn und Mintard. Das muss man woanders erstmal so hinbekommen.

Sie waren mal Gag-Autor für die „Harald Schmidt Show“. Was war Ihr bester Gag für „Dirty Harry“?

Puh, das weiß ich leider nicht mehr. Was ich weiß: Meine Gags handelten vom Bundestrainer Berti Vogts und Kanzler Helmut Kohl. Es hat ein bisschen was von „Oppa erzählt vom Krieg“ – und ich merke, dass ich den Job schon wirklich lang mache.

Sie haben jüngst bei den Dreharbeiten zu einem Film mitgewirkt. Worum geht‘s?

Der Film handelt quasi von Ihnen! Er heißt „Darf ich das so schreiben“, und der Mülheimer Regisseur Alexander Waldhelm setzt dem Lokaljournalismus damit ein filmisches Denkmal. Und weil ich ja auch einst mal quasi Kollege war und für die WAZ geschrieben habe, schrieb ich nun zwei Szenen für den Film und spielte eine kleine Nebenrolle. Einen besserwissenden Nörgler, der Lokalpolitik betreiben möchte. Herrlich, mal jemand ganz anderen zu spielen (lacht).

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„Ligafinale war kein Spaß“

Sie sind BVB-Fan. Was haben Sie am Abend des 27. Mai dieses Jahres gemacht?

(holt tief Luft) Ich ging aus dem Biergarten Rote Erde im Schatten des Westfalenstadions los, um bei einem langen Spaziergang den Kopf frei zu bekommen. Ich war da und zugegeben, das war kein Spaß. Aber immerhin bleibt die Erkenntnis, dass es ein starkes Erleben gibt. Und unterm Strich steht es ja auch dafür, dass in dieser Region Fußball eine Rolle spielt, die man wohl einem süddeutschen Erfolgs-Anhänger nur schwer vermitteln kann. Wir leben es hier „mit alles“ – und zum Leben gehört es halt auch, mit Nackenschlägen klar zu kommen. An dieser Stelle in der Sache vereinte Grüße auch nach Gelsenkirchen!

Gibt‘s zu vergangenen Bundesliga-Saison noch was zu sagen …?

Auf keinen Fall, sondern: Blick nach vorne. Siehe oben: Wenn man einen Tritt in den Hintern bekommt, den Schwung nutzen. Die Vorfreude ist da!

Und wie sah bei Ihnen der 10. April aus? Sie sind 50 geworden …

Beschaulich, gemütlich und vor allem sehr, sehr dankbar.

Hat Ihnen der Wechsel zur großen 5 etwas ausgemacht?

Ach, ich halte es da mit Heinz Erhardt: „Es ist schlimm, wenn man alt wird, das Alter spricht – aber schlimmer ist, man wird es nicht.“ Und die Übung ist ja, auf Augenhöhe mit dem Alter zu bleiben und dennoch das innere Kind lebendig zu halten. Von daher geht es mir sehr gut damit.

Lieblingssatz: „Ich bin Nationalspieler“

Immerhin hält man Sie auch mit 50 noch für fit: Sie sind in die Komiker-Nationalmannschaft aufgenommen worden. Ist das ein Witz oder gibt’s die wirklich?

Die gibt es wirklich. Offiziell vom DFB bestätigt. Und in den letzten Wochen ist es einer meiner liebsten Sätze zu sagen, „Ich bin Nationalspieler“. Und im Gedanken schicke ich jedes Mal einen Gruß an den zwölfjährigen René in seinem Kinderzimmer in der Siedlung in Mülheim-Heißen. Und da hüpft mir das Herzchen. Er würde sich sehr freuen und sehr staunen. Dieses Staunen zu bewahren, das ist auch etwas sehr Wertvolles.

Matze Knop ist Kapitän. Parodiert er für seine Spieleransprachen Franz Beckenbauer?

Hier und da rutscht mal was raus, tatsächlich. Und das macht es beim Training wirklich sehr lustig. Martin Klempnow ist auch oft dabei und er kommentiert das Spielgeschehen mit seiner Figur „Dennis aus Hürth“. Es sind halt Komiker und das macht es zu einer wirklich tollen und saukomischen Truppe. Aber dass wir regelmäßig trainieren, zeigt, dass wir den Fußball auch ernst nehmen.

Welche Position spielen Sie?

Rechtsverteidiger oder rechtes Mittelfeld. Neulich war das erste Benefizturnier und wie ich so auf dem Platz stehe, kommt Darius Wosz mit Ball auf mich zu – und an mir vorbei (lacht), aber innerlich habe ich gedacht: „Das kann doch echt nicht wahr sein, was du hier gerade erlebst“. Und es zeigt: Man sollte mehr dem Spaß folgen.

>>> René Steinberg auf Tour – Termine in der Region:

„Radikale Spaßmaßnahmen“Previews: 25.8.+1.9. Bochum (Zauberkasten), 26.8. Langenfeld (Schaustall), 30.+31.8. Hattingen (Kleine Affäre), 14.9. Rheinberg (Schwarzer Adler), 15.9. Gevelsberg (Filmriss).
Premiere: 16.9. Oberhausen (Ebertbad), 17.9. Dortmund (Ruhrhochdeutsch), 23.9. Siegen (Lyz), 24.9. Düsseldorf (Kommödchen), 29.9. Essen (Stratmanns), 20.10. Voerde (Schulzentrum), 13.1. Rees (Bürgerhaus), 27.1. ­Gelsenkirchen (Kaue), 2.2. Witten (Saalbau), 8.3. Issum (Bürgersaal), 10.3. Schwerte (Rohrmeisterei), 15.3. ­Mülheim (Ringlokschuppen). Karten ab ca. 25 €. Mehr Infos hier.