Berlin. FDP-Mann Kuhle erlebt einen einsamen Abend bei „Lanz“. Er hat die Ansicht exklusiv, dass die FDP den Bruch der Ampel nicht provoziert habe.
Erst die Wahl von Donald Trump, dann das Ende der Ampel-Koalition. Bei „Markus Lanz“ hat das Team kurzerhand die Gästeliste der ZDF-Talkrunde geändert und zwei US-Experten ausgeladen, um auf das politische Beben in Berlin zu reagieren.
Wer zuerst die Notbremse gezogen habe – Kanzler Olaf Scholz (SPD) oder Finanzminister Christian Lindner (FDP) –, wollte Lanz wissen. Von FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle bekam er keine erhellende Antwort. Auf einen anonymisierten Tweet aus der FDP-Fraktion, der das Ende früh prognostizierte, wollte Kuhle nicht eingehen. „Geschwärzte Stellen“ kommentiere er nicht.
Der FDP-Mann hatte in der Talkrunde keinen einfachen Stand. Er hatte im Prinzip alle drei Studiogäste sowie den Moderator gegen sich. Das begann mit der Frage nach dem 18-Seiten-Manifest von Lindner zur Wirtschaftspolitik, das Vorschläge enthielt, von denen jeder genau wusste, dass „die SPD und die Grünen sie nicht mittragen werden“, so Lanz. Das Papier gilt als das auslösende Moment für die Finalphase der Ampel.
„Markus Lanz“: Hofreiter wird richtig heftig
„Es ist keine Provokation, über Wirtschaftspolitik in Deutschland zu sprechen“, entgegnete Kuhle cool. Im Juli habe man sich im Kanzleramt auf 49 Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft geeinigt. Davon sei bis heute keine einzige in ein Gesetz gemündet. Lindners persönliche und fachliche Vorschläge seien wichtig gewesen. Deutschland brauche einen „Agenda-Moment“ – ähnlich wie es Gerhard Schröder geschafft habe –, einen Stimulus für die Wirtschaft. Also alles Dienst am eigenen Land?
Vom zugeschalteten Ex-Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kam heftiger Widerspruch. Er hält es für eine staatspolitische Verantwortungslosigkeit von Lindner, auf der Schuldenbremse zu beharren und mehr Mittel für die Sicherheit zu blockieren: angesichts des Überlebenskampfes der Ukraine und gerade jetzt nach der Trump-Wahl, wo nicht mehr sicher sei, „ob die USA noch an unserer Seite steht“.
Hofreiter schimpfte, „Parteitaktik und Ideologie sind Lindner wichtiger als die Sicherheit in Europa.“ Empört ist das von Kuhle zurückgewiesen worden. Zu versuchen, der FDP das Ukraine-Thema „um den Hals hängen“, sei schäbig. Es sei schließlich der Kanzler gewesen, der die Taurus-Raketen für Kiew verweigert habe, nicht die FDP.
Lanz zur FDP: „Sie sagen, nein, nein, nein“
Weite Strecken in der Sendung ging es dann ums Festhalten an der Schuldenbremse, von der auch der „Stern“-Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sagte, sie sei eigentlich „irrsinnig“. Besonders Lanz selbst steigerte sich ins FDP-Bashing hinein: Andere Staaten wie die USA, Frankreich oder Italien machten massive Schulden – nur Deutschland nicht. Dabei sei die Situation des Landes schwierig wegen der allgemeinen Weltlage, VW-Arbeiter verlören ihr Jobs, Mieter fänden keine Wohnung, weil nichts gebaut werde, hielt er dem FDP-Mann Kuhle vor: „Aber Sie sagen, nein, nein, nein!“
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Seine Kritik flankierte Lanz mit dem Hinweis auf von der FDP weglaufende Wähler. Lanz fragte Kuhle, ob er glaube, dass es der FDP mit dem Bruch der Koalition leichter fallen werde, die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen. Einige Irritationen der FDP-Wähler könnten jetzt beendet sein, antwortete Konstantin Kuhle hoffnungsvoll. Damit meinte er, dass man im Kabinett saß, aber „doch nicht Teil der Regierung“ war.
Scholz selbstgerecht
Vor der Frage, wie es nun weitergeht im Bund, sind die emotionalen Begleitumstände des Abgangs beleuchtet worden, die erfahrene Politikbeobachter so noch nie erlebt hatten. Sehr hart, persönlich und verletzend seien die Statements von Scholz und Lindner gewesen, hieß es allenthalben. Bei Scholz kam noch das Adjektiv „selbstgerecht“ hinzu. „Da ist eine toxische Beziehung offen gelegt worden“, analysierte Schmitz. Am selben Tag in Washington sei es vergleichsweise „ziviler“ zugegangen als in Berlin.
Auf eine simple Tatsache wies die Rheinische-Post-Korrespondentin Kerstin Münstermann hin: Scholz habe am Mittwochabend mit der Ankündigung der Vertrauensfrage und von Neuwahlen – in Kenntnis der Umfragewerte – „seine Regierung und seine Kanzlerschaft abgegeben“. Er werde den Oppositionsführer der CDU ins Kanzleramt zu Gesprächen bitten: „Friedrich Merz wird sein Glück kaum fassen können.“
Eine Lösung der Probleme sieht sie allerdings nicht. Eventuell hat Merz eine Antwort darauf, er wird am Donnerstag um acht Uhr zur Fraktionssitzung bitten. Abends um 22.15 Uhr ist er bei Maybrit Illner im ZDF zu Gast. Vorausgesetzt, die Gästeliste wird nicht in letzter Minute geändert. Vielleicht wegen eines wichtigeren Termins von Merz?
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