Essen. .

Am Donnerstag wird vor dem Essener Dom die Skulptur von Franz Hengsbach enthüllt. Geschaffen hat sie Silke Rehberg.

Es sollte eine ambitionierte künstlerische Lösung sein, da waren sich die Vertrauten und Weggefährten des ersten Bischofs von Essen schnell einig. Eine, die mit den künstlerischen Mitteln der Moderne, ganz ohne platten Realismus und aufdringlichen Heroismus Franz Hengsbach jenes Denkmal setzt; eines das dem immer lächelnden, mitfühlenden und freundlichen Kardinal gebührt. So lautete der Auftrag an Silke Rehberg aus Sendenhorst. Doch einen „Kaiser Wilhelm hoch zu Ross“ wollte man nicht haben, der steht bereits auf dem Burgplatz in Essen, unweit jener Stelle, an der kommenden Donnerstag ihre Hengsbach-Skulptur in einer Feierstunde enthüllt wird – 20 Jahre nach seinem Tod.

Ein Lächeln im Gesicht

1988 erhob ihn Papst Johannes Paul II. in den Kardinalsstand. Drei Jahre später bittet er, gesundheitlich deutlich angegriffen, den Papst, ihn als Bischof aus seinem Amt zu entlassen. Diesen stark gealterten Franz Hengsbach will Bildhauerin Rehberg nicht zeigen, vielmehr den gesunden Ruhrbischof mitten in seiner Blütezeit. „Ich habe mich länger mit dieser Frage beschäftigt, mich dann aber dazu entschieden, ihn so zu porträtieren, wie ihn die Menschen kannten – mit einem Lächeln im Gesicht“, betont Silke Rehberg. Eben als den guten Hirten, der sein Bistum gerne bereiste und der die bischöfliche Akti­on Adveniat aus der Taufe gehoben hat, das deutsche Lateinamerika-Hilfswerk der Katholiken.

Rehberg, die als renommierte Meisterschülerin von Timm Ulrichs an der Kunstakademie Münster zahlreiche berühmte Persönlichkeiten der internati­onalen Kunstszene porträtiert hat – darunter FAZ-Kunstkritiker Eduard Beaucamp, Buchhändler Walther König sowie Ferrari-Formel-Eins-Chef Jean Todt – blieb sich bei der Wahl ihrer Materialien treu: Hartkeramik und Bronze. Eine Tonne Werkstoff, darunter rund 650 Kilo purer Bronze, bilden nun die imposante Kardinalsskulptur. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich ihre Botschaft.

Foto: Kerstin Kokoska
Foto: Kerstin Kokoska © WAZ FotoPool

„Ihr sollt meine Zeugen sein“, der Wahlspruch Franz Hengsbachs, passt gut zum Konterfei des geschätzten und beliebten Bischofs, der in Kardinalsrot bald den Platz vorm Essener Münster schmückt. Denn zu seinen Füßen wacht, spiegelverkehrt, aber dennoch fest mit ihm verbandelt, ein pechschwarzer Bronzewolf, dessen Bauch ein Keramiklamm ziert. „Dann wohnt der Wolf beim Lamm“, die Worte aus der Friedensvision des Propheten Jesaja greifen hier, war er doch ein Experte dafür, unterschiedlichste Menschen und konträre, gesellschaftliche Kräfte zusammenzuführen und zum Interessenausgleich zu führen.

Als 1958 das Bistum Essen, als flächenmäßig kleinste Diözese Deutschlands gegründet wurde, kam Franz Hengsbach als sein erster Bischof an die Ruhr. 1910 in Velmede geboren, wurde er 1937 in Paderborn zum Priester geweiht und promovierte 1944 zum Doktor der Theologie. 1953 wurde er zum Weihbischof in Paderborn ernannt und 1988 in den Kardinalsstand erhoben. Drei Jahre später starb Franz Hengsbach nach einer Operation im Alter von 80 Jahren in Essen.

Denkmal für Franz Hengsbach

In der Düsseldorfer Kunstgießerei von Kolf Kayser entsteht die Skulptur des ersten Bischofs von Essen, dem späteren Kardinal Franz Hengsbach. Bildhauerin Silke Rehberg...
In der Düsseldorfer Kunstgießerei von Kolf Kayser entsteht die Skulptur des ersten Bischofs von Essen, dem späteren Kardinal Franz Hengsbach. Bildhauerin Silke Rehberg... © Pascal Hesse
und auch den Bischof in Bewegung zu zeigen.
und auch den Bischof in Bewegung zu zeigen. © Pascal Hesse
Zum ersten Bischof Essens ernannte Papst Pius XII. ihn am 18. November 1957. Mit dessen feierlicher Inthronisation am 1. Januar 1958 war das Bistum Essen errichtet. Für seinen Bischofsring wählte Hengsbach ein Stück Steinkohle, um auch auf diese Weise die Verbindung zur Bevölkerung seiner Diözese zum Ausdruck zu bringen.
Zum ersten Bischof Essens ernannte Papst Pius XII. ihn am 18. November 1957. Mit dessen feierlicher Inthronisation am 1. Januar 1958 war das Bistum Essen errichtet. Für seinen Bischofsring wählte Hengsbach ein Stück Steinkohle, um auch auf diese Weise die Verbindung zur Bevölkerung seiner Diözese zum Ausdruck zu bringen. © Martin Engelbrecht
Silke Rehberg greift dieses Symbol in ihrer Skulptur auf und auch...
Silke Rehberg greift dieses Symbol in ihrer Skulptur auf und auch... © Pascal Hesse
...wichtige Details aus seinem Bischofsleben, etwa das Kreuz, das Hengsbach stets um seinen Hals trug.
...wichtige Details aus seinem Bischofsleben, etwa das Kreuz, das Hengsbach stets um seinen Hals trug. © Pascal Hesse
Bevor die Skulptur fertig ist und Silke Rehberg gemeinsam mit Rolf Kayser den Feinschliff vornehmen kann, muss der Mantel aus 500 Kilo Bronze passgerecht zugeschnitten werden.
Bevor die Skulptur fertig ist und Silke Rehberg gemeinsam mit Rolf Kayser den Feinschliff vornehmen kann, muss der Mantel aus 500 Kilo Bronze passgerecht zugeschnitten werden. © Pascal Hesse
Der Bedeutungshorizont dieser Symbolik ist vielfältig: Das Arrangement erinnert an den Namenspatron Hengsbachs, den heiligen Franz von Assisi, der einen Wolf durch seine Predigt bekehrt haben soll. Ihm wurde daher nachgesagt, gute Kontakte zur Tierwelt zu besitzen, konnte Wolf und Lamm zusammenbringen. Hier wird ein zentrales El­ement der Lebensleistung von Franz Hengsbach erfasst, seine Integrationskraft, sein Willen, unterschiedlichste Menschen und gesellschaftliche Kräfte an einen Tisch zu bringen und zum Interessenausgleich beizutragen. Dieses Bild zeigt ihn 1977 vor dem Essener Dom.
Der Bedeutungshorizont dieser Symbolik ist vielfältig: Das Arrangement erinnert an den Namenspatron Hengsbachs, den heiligen Franz von Assisi, der einen Wolf durch seine Predigt bekehrt haben soll. Ihm wurde daher nachgesagt, gute Kontakte zur Tierwelt zu besitzen, konnte Wolf und Lamm zusammenbringen. Hier wird ein zentrales El­ement der Lebensleistung von Franz Hengsbach erfasst, seine Integrationskraft, sein Willen, unterschiedlichste Menschen und gesellschaftliche Kräfte an einen Tisch zu bringen und zum Interessenausgleich beizutragen. Dieses Bild zeigt ihn 1977 vor dem Essener Dom. © Hennes Multhaup
Die Meisterschülerin von Timm Ulrichs, Silke Rehberg, hat Arbeiten für den privaten und öffentlichen Raum geschaffen, in jüngerer Zeit ei­ne Reihe kluger wie einfühlsamer Porträt-Skulpturen berühmter Personen, wie Ferrari-Formel-Eins-Chef Jean Todt, FAZ-Kunstkritiker Eduard Beaucamp und Buchhändler Walther König. Porträts des Schauspielers Karl Markovics, des Philosophen Bazon Brock und von DJ Bob stellt Rehberg zusammen mit einer Hengsbach-Büste und Skizzen aus, die während ihrer Arbeit an der Skulptur entstanden sind.
Die Meisterschülerin von Timm Ulrichs, Silke Rehberg, hat Arbeiten für den privaten und öffentlichen Raum geschaffen, in jüngerer Zeit ei­ne Reihe kluger wie einfühlsamer Porträt-Skulpturen berühmter Personen, wie Ferrari-Formel-Eins-Chef Jean Todt, FAZ-Kunstkritiker Eduard Beaucamp und Buchhändler Walther König. Porträts des Schauspielers Karl Markovics, des Philosophen Bazon Brock und von DJ Bob stellt Rehberg zusammen mit einer Hengsbach-Büste und Skizzen aus, die während ihrer Arbeit an der Skulptur entstanden sind. © Kerstin Kokoska
Zu sehen sind sie bis Freitag, 14. Oktober, 10 bis 17 Uhr in der Domschatzkammer. Eintritt: vier, ermäßigt zwei Euro.
Zu sehen sind sie bis Freitag, 14. Oktober, 10 bis 17 Uhr in der Domschatzkammer. Eintritt: vier, ermäßigt zwei Euro. © Kerstin Kokoska
Vorab hat Silke Rehberg die Ausstellung in der Essener Domschatzkammer persönlich vorbereitet.
Vorab hat Silke Rehberg die Ausstellung in der Essener Domschatzkammer persönlich vorbereitet. © Kerstin Kokoska
Doch sie hatte Helfer: Helfer Christopher Bern richtet die Büste von Kardinal Hengsbach aus...
Doch sie hatte Helfer: Helfer Christopher Bern richtet die Büste von Kardinal Hengsbach aus... © Kerstin Kokoska
...bis sie gut steht, mit bestem Domblick.
...bis sie gut steht, mit bestem Domblick. © Kerstin Kokoska
Silke Rehberg hat auch den Ausstellungsmacher Henry Meyric Hughes in einer Skulptur verewig, die sie mit Dompropst Otmar Vieth in der Schatzkammer ausrichtet.
Silke Rehberg hat auch den Ausstellungsmacher Henry Meyric Hughes in einer Skulptur verewig, die sie mit Dompropst Otmar Vieth in der Schatzkammer ausrichtet. © Kerstin Kokoska
Und auch eine Wolf-Replik findet ihren Platz in der bischöflichen Schatzkammer.
Und auch eine Wolf-Replik findet ihren Platz in der bischöflichen Schatzkammer. © Kerstin Kokoska
Doch im Mittelpunkt steht der erste Ruhrbischof: Franz Hengsbach.
Doch im Mittelpunkt steht der erste Ruhrbischof: Franz Hengsbach. © Birgit Schweizer
Er reiste viel, vor allem in seiner Zeit als Militärbischof.
Er reiste viel, vor allem in seiner Zeit als Militärbischof. © Michael Jung
Und er traf Staatsmänner
Und er traf Staatsmänner © WAZ Fotopool
Offenherzig und zu Späßen aufgelegt galt Hengsbach als Mann des Volkes.
Offenherzig und zu Späßen aufgelegt galt Hengsbach als Mann des Volkes. © Schweizer
Als Kardinal war er aber auch ein gefragter Interviewpartner.
Als Kardinal war er aber auch ein gefragter Interviewpartner. © Michael Jung
Und mit Alfred Herrhausen (l.) und Rudolf von Bennigsen-Foerder (r.) gründete Franz Hengsbach den bis heute für die Region wichtigen
Und mit Alfred Herrhausen (l.) und Rudolf von Bennigsen-Foerder (r.) gründete Franz Hengsbach den bis heute für die Region wichtigen "Initiativkreis Ruhr". © WAZ Fotopool
Und Mutter Teresa, die er etwa 1980 traf.
Und Mutter Teresa, die er etwa 1980 traf. © Knut Garthe
Dieses Bild zeigt ihn vor seinem Bischofshaus.
Dieses Bild zeigt ihn vor seinem Bischofshaus. © Manfred Nolte
Und dieses in einem Flugzeug-Cockpit.
Und dieses in einem Flugzeug-Cockpit. © Michael Jung
Und auf diesem Bild gibt der erste Ruhrbischof den Takt vor.
Und auf diesem Bild gibt der erste Ruhrbischof den Takt vor. © Knut Garthe
Für die bischöfliche Aktion Adveniat war er häufig in Lateinamerika unterwegs.
Für die bischöfliche Aktion Adveniat war er häufig in Lateinamerika unterwegs. © WAZ Fotopool
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Es ist der gute Hirte, der eifrige Seelsorger, der Vermittler und der Kirchenmann, die gebrannt und gegossen in einer Skulptur aufeinander treffen. Silke Rehberg hat es geschafft, dem spröden Ton einen Klang zu geben – einen, den man im Bistum Essen hört. Einen Klang, den man wahrnimmt, wenn man vor die Skulptur des ersten Bischofs von Essen und ersten Kardinal im Revier tritt. Dabei treten handwerkliches Geschick, Skizzen und ein Jahr Recherche in den Hintergrund: Wer dennoch Einblick in Rehbergs Arbeit bekommen möchte, in das, was Gespräche und Archivsuchen zu Tage gebracht haben, findet bis Freitag eine Werkschau in der Domschatzkammer.