Köln. Manche sehen sie bald in Stadien spielen, andere vermissen die rotzige Punkattitüde der ersten Tage. Wir haben Fontaines D. C. gesehen.
Fontaines D. C. waren mal eine rotzige Postpunk-Band. Das ist vorbei, jetzt sind sie bekannt und schreiben opulente Rocknummern. Während die Fans sie feiern und die Hallen, in denen das Quintett aus Dublin inzwischen auftritt, immer größer werden, beschwert sich das Feuilleton schon.
2016 von den Studienfreunden Grian Chatten, Carlos O’Connell, Conor Curley, Conor Deegan und Tom Coll in der irischen Hauptstadt gegründet, erleben Fontaines D. C. den meist typischen Start einer Underground-Band. Mit Liveauftritten vor ein paar Leuten und ersten Singleveröffentlichungen spielen sie sich warm, ehe die fünf Kumpels 2019 mit dem ersten Album „Dogrel“ in ihrer Heimat sowie in England gleich in den Charts landen.
Nächstes Mal im Stadion
Fünf Jahre, unzählige Shows und drei Longplayer später gelten sie als der neue heiße Scheiß der Musikwelt. Kulturjournalisten ziehen Vergleiche mit U2 und R.E.M. „Fontaines D. C. spielen bereits jetzt so, als würden sie in Stadien auftreten“, urteilt etwa die Neue Züricher Zeitung. Was soll das heißen?
Am Dienstagabend beweisen Fontaines D. C. im mit 2.000 Zuschauern ausverkauften E-Werk, dass beides passt, teeniehafte Verehrung und zugleich Warnung vor dem Abheben angebracht sind. Fontaines D. C. sind zum dritten Mal in Köln, beim ersten Auftritt im Gebäude 9 in Deutz waren die Insider da, vor zwei Jahren hingegen die Live Music Hall schon voll, mitten im Sommer. Nun sind Fontaines D. C., die vor drei Monaten noch beim kleinen Haldern Pop Festival auf der niederrheinischen Wiese in Rees gespielt haben, auf der nächsten Ebene angekommen - nicht nur bei den Ticketverkäufen, sondern auch bei ihrem Setting.
Ein großes Herz für alle
Fans der ersten Stunde vermissen die ungestüme Energie, mit der Ian-Curtis-Lookalike Grian Chatten früher die Bühne einnahm. Kracher wie „Hurricane Laughter“, „Sha Sha Sha“ oder „Liberty Belle“ spielen Fontaines D. C. leider nicht mehr, zumindest war es jetzt in Köln so, dafür immerhin, wie passend, „Big“ und natürlich den ersten Fast-Hit „Boys in the Better Land“. Dazwischen gibt es große Gefühle, gefällige Sounds und einen Frontmann, der alles hat, was ein Star braucht, aber ein bisschen auf sich aufpassen sollte.
Nach dem akzeptablen Support von Wunderhorse kommt die Band der Stunde um 21 Uhr mit „Romance“, dem Titeltrack des neuen Albums, auf die Bühne, über der ein Riesenherz baumelt. Fontaines D. C. nun vorzuwerfen, sie würden sich jetzt dem Mainstream vor die Füße werfen, grenzt allerdings schon an übler Nachrede.
Ja, ihr etwa 80-minütiges Set wird von Midtempo-Nummern der letzten beiden Veröffentlichungen „Skinty Fia“ und dem aktuellen Album „Romance“ dominiert, aber: Statt Fontaines D. C. vorzuwerfen, sie wären jetzt eine Band, die massentaugliches Zeugs von sich gibt, könnte man aber auch ganz anders urteilen. Zum Beispiel so: Da ist eine Band, die sich jedes Jahr weiterentwickelt, die mit jedem Album einen Schritt vorwärts geht und nicht das Erfolgsrezept von vorher wiederholt.
„Routiniert“, sagt am Ende einer, der Fontaines D. C. schon vor Jahren im kleinen Gebäude 9 gesehen hat. Das kann zweierlei bedeuten: Sie sind langweilig geworden oder schlichtweg professionell. Ich bin für Letzteres - und finde es nicht negativ.