Essen. Der Schriftsteller erklärt, warum er sich als Gartenarchitekt fühlt, wenn er schreibt. Und warum das spanische Laredo auch im Wilden Westen liegt.

Er hätte seinen jüngsten Roman auch „Der alte König in seinem Exil“ nennen können, hätte Arno Geiger diesen Titel nicht schon 2013 verwendet, als er vom Leben mit seinem dementen Vater erzählte. Nun also ein anderer alter König, genauso real, nur eben aus dem 16. Jahrhundert.

Vor rund 200 Zuhörerinnen und Zuhörern auf Zollverein las Geiger aus „Reise nach Laredo“, in der er Kaiser Karl V. aus dessen selbst gewähltem Exil 200 Kilometer südwestlich von Madrid an die Nordküste Spaniens reisen lässt. Dieser Teil des Königslebens ist fiktiv, vieles andere aber hat Geiger zuvor akribisch recherchiert.

Von Moderatorin Marion Brasch befragt, ob er eher als Architekt seine Romane konzipiere oder als Gärtner eher den Figuren beim Wachsen und Werden zusehe, entgegnete Geiger, er sehe sich als Gartenarchitekt. Er wandte sich dabei insbesondere an eine Oberstufenklasse im Raum. Dass sein Roman „Unter der Drachenwandnun in NRW zum Abitur-Kanon gehöre, freue ihn sehr, so Geiger.

Arno Geiger stellte in Essen sein Buch „Reise nach Laredo“ vor: „Glaube nicht an Zufälle“

Inspiriert werde er unter anderem von Namen. Dass es in Österreich tatsächlich einen Ort names Schwarzindien am Mondsee unter der Drachenwand gab, habe ihn fasziniert. Und bei seinem neuen Roman war es die Stadt Laredo. „Ich dachte immer, die gebe es nur im Wilden Westen.“ Besungen von Johnny Cash, der, wie der einstige Kaiser 500 Jahre zuvor, stets nur schwarz trug.

Im Xantener Stiftsmuseum  gibt es einen Kupferstich von Kaiser Karl V. aus dem Jahre 1531 – gefertigt von Barthel Weham.
Im Xantener Stiftsmuseum gibt es einen Kupferstich von Kaiser Karl V. aus dem Jahre 1531 – gefertigt von Barthel Weham. © Ja | Fischer, Armin (arfi)

„Ich glaube nicht an Zufälle“, sagte er. Er spiele mit solchen Zusammenhängen. Nicht nur, dass des Kaisers unehelicher Sohn im Roman heißt wie der Apachen-Häuptling Geronimo. Nein, Geiger baute dann auch eine Szene in einem Saloon ein. Und nennt diesen bloß Wirtshaus.

Andererseits brauche er ein festes Fundament aus Fakten. „Dann kann ich springen“, so Geiger. Er schreibe dann seine Romane gewissermaßen wie in einem Rausch herunter und wolle danach auch nicht mehr viel ändern. Man müsse immer mit dem vorletzten Pinselstrich aufhören, ein Kunstwerk, das völlig fertig sei, verliere sein Geheimnis, so Geiger. „Was wir vollständig verstehen, können wir nicht lieben.“

Denn die Texte seien ja auch Ausdruck seiner Selbst und der Verfassung, in der er war, als sie entstanden, sagte Geiger. An Kaiser Karl, der Mitte 50 auf sein Weltreich verzichtete und sich in ein klösterliches Exil zurückzog, habe ihn auch die Gleichaltrigkeit angesprochen.

So macht Geiger Karls Innenleben auch sehr gegenwärtig: Die Reise nach Laredo ist für den einstigen Kaiser und König, der schon als Teenager Staatsmann sein musste, der Ausstieg aus dieser Rolle und der Suche nach sich selbst als menschliches Individuum.