Dortmund. Die Produktion der „Jungen Oper Dortmund“ im Theater wirbelt historische Fakten durcheinander und überzeugt durch ihre flotte Inszenierung.

Die Französische Revolution steht im Hintergrund der neuesten Produktion der „Jungen Oper Dortmund“. Marc L. Vogler wirbelt allerdings mit seiner anderthalbstündigen Oper „Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“ die historischen Fakten des aufregenden historischen Ereignisses mächtig durcheinander. Mit viel Spielwitz im Spannungsfeld von Monty Python, Comic-Art und dezentem Klamauk, der für ein munteres Theatererlebnis sorgt.

Die musikalische Melange aus Mozart-Zitaten, Pop-, Blues- und Jazzanleihen unterstreicht die Eignung des Werks, auch Neulinge an die Oper heranführen zu können. Die jungen Leute, die etwa die Hälfte des Premierenpublikums ausmachten, reagierten durchweg amüsiert auf die flotte Inszenierung von Lukas Wachernig.

„Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“ in Dortmund: Brillant gespielte Titelrolle

Der Titel nach einem Schauspiel von Peter Jordan spielt auf die Marie-Antoinette angedichtete Behauptung an, wenn die Menschen kein Brot hätten, sollen sie halt Kuchen essen. Am Hof Ludwigs XVI. und seiner illustren Gattin findet sich allerdings nur ein bereits angeschimmeltes Backwerk, dem Revolutionsführer Robespierre und später auch noch Napoleon zum Opfer fallen. Das Königspaar wartet derweil ungeduldig auf seine Hinrichtung, dabei mehr den Verlust des Luxus als den Tod fürchtend. Ludwig hat bereits eine eigene, zunächst klemmende Guillotine gebaut, die dann irrtümlicherweise Madame Dubarry ihren Kopf kostet. Der geistert in dem elegant ausgestatteten Salon herum und sorgt, wie auch die sich allmählich anhäufenden Leichen, für eine Menge Situationskomik. Turbulenter geht’s kaum.

Sieht bedrohlich aus (ist es auch), sorgt aber auch für einige Situationskomik: Wendy Krikken (Marie-Antoinette) und Franz Schilling (Ludwig XVI.) an der Guillotine.
Sieht bedrohlich aus (ist es auch), sorgt aber auch für einige Situationskomik: Wendy Krikken (Marie-Antoinette) und Franz Schilling (Ludwig XVI.) an der Guillotine. © Stage Picture Theater Dortmund | Björn Hickmann

Die Titelrolle, brillant von Wendy Krikken gesungen und dargestellt, ist mit reizvollen Seitenhieben gegen Primadonnen-Klischees angereichert. Franz Schilling stellt den König als etwas reifeverzögerten Naivling dar und Cosima Büsing schlüpft chamäleonhaft in gleich sechs Rollen, vom Dienstmädchen bis zu Napoleon. Das revoltierende Volk tritt erst mit einer Freiheitshymne am Schluss auf, gesungen von Mitgliedern von „We DO Opera!“, der „Dortmunder Bürger*innenOper“ sowie des Ursulinengymnasiums Werl.

Weitere Aufführungen im Oktober und November

Ein etwa zehnköpfiges Instrumentalensemble der Dortmunder Philharmoniker flattert unter der Leitung des Komponisten munter, farbig und abwechslungsreich durch etliche Nischen der Musikgeschichte von Monteverdi bis zum Pop-Song. Insgesamt eine Aufführung, die pralle Bühnenluft verströmt und bei den jungen Besuchern möglicherweise ein wenig Neugier auf das geschichtliche Ereignis und vielleicht sogar auf das Musiktheater generell wecken könnte. Zu gönnen wäre es der ambitionierten Produktion.

Auch interessant

Sommerfest Museum Folkwang
Von Petra Kuiper, Lars von der Gönna, Patrick Friedland, Jennifer Schumacher und Georg Howahl

Aufführungsdauer: 1½ Stunden, keine Pause. Die nächsten Aufführungen im Dortmunder Theater: am 8. Oktober sowie am 8., 9. und 11. November, weitere Vorstellungen im nächsten Jahr. (www.theaterdo.de). Karten kosten ca. 13 Euro.

Wendy Krikken brilliert in der Titelpartie der Oper „Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“.
Wendy Krikken brilliert in der Titelpartie der Oper „Marie-Antoinette oder Kuchen für alle!“. © Stage Picture Theater Dortmund | Björn Hickmann